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Ich schlief während Folge sieben ein. Als ich am nächsten Morgen vom penetranten Piepen meiner Wecker-App aufwachte, lag mein Bruder schlafend neben mir. Mich hatte er liebevoll zugedeckt. Er selbst hatte sich ein Dekokissen geschnappt und sich dann in meiner Tagesdecke eingerollt. Seine wuscheligen Haare lagen kreuz und quer auf seinem Kopf und sein Gesicht war im Schlaf völlig entspannt.

Ich brachte das nervige Klingeln zum Schweigen und schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Langsam schloss ich die Tür, um kein Geräusch zu verursachen und trabte dann in die Küche. Nach einem leichten Frühstück und einer Tasse Kakao stieg ich in der Hoffnung, dort frische Kleidung zu finden, in den Keller.

Ich durchstöberte die Körbe mit frischer Wäsche und wurde fündig: Badeanzug. Hose. Shirt. Was wollte man mehr! Socken vielleicht. Aber notfalls ging es auch einmal ohne...

Knapp eine halbe Stunde nach dem Aufstehen schwang ich mich auf mein Rad und raste die Straße runter. Nicht weil ich es eilig hatte, sondern einfach, weil ich wollte. Ich liebte es, wenn der Wind mit meinen Haaren spielte und ich den Fahrtwind im Gesicht spüren konnte. Meine Oberschenkelmuskeln brannten vor Anstrengung, aber das war egal, wenn mich diese Euphorie packte, die ich jedes Mal verspürte, wenn ich die leicht abschüssige Straße zum See erreichte und der Tacho am über die 30 km/h kletterte.

Kurz vor den Fahrradständern bremste ich hart ab, Staub wirbelte auf. Atemlos, aber glücklich, stieg ich vom Rad und strich mir ein paar Strähnen aus der Stirn, die mir ins Gesicht hingen, als ich meine Stahl-Kette durch die Speichen fädelte.

Auf dem kurzen Weg zum Wachturm stellte ich bereits fest, dass nicht allzu viel los war. Einzeln, oder in Gruppen um den See verteilt, saßen zz dieser Uhrzeit hauptsächlich Mütter mit kleineren Kindern am See. Letztere topfit, die Mütter wirkten eher übernächtigt.

Mit einem etwas mulmigen Gefühl ging ich die letzten Meter. Inzwischen bereute ich, dass ich Justin nicht angerufen hatte. Dann hätte ich jetzt nicht die Ungewissheit ertragen müssen, wie es aktuell zwischen uns stand. Ich stieg die Leiter zur Plattform hoch. Meine Knie zitterten vor Aufregung.

„Guten Morgen!", begrüßte ich Justin möglichst fröhlich. Hoffentlich hörte er das leichte Flattern in meiner Stimme nicht.

„Guten Morgen, meine Hübsche", flötete er und stand auf, um mich zu umarmen.

Ich trat zwei Schritte zur Seite, stellte meine Leinentasche, in der ich zwei Wasserflaschen hatte, auf den Boden

„Was ist los?", fragte er irritiert von meinem Ausweichmanöver.

„Nichts. Alles super", antwortete ich frostig und rückte meinen Stuhl zurecht, ließ dann meinen Blick zur Orientierung über den See schweifen.

„Dann ist es ja gut." Er grinste und schob seinen Stuhl etwas näher an meinen. Seine Hand legte er auf meinen Oberschenkel. Hitze stieg mir in die Wangen, die nichts mit der Sonne zu tun hatte, als ich seine Finger auf meiner nackten Haut spürte. Es fühlte sich aufregend an, ging mir aber ein bisschen zu schnell und passte in meinen Augen nicht zu der Aufgabe, die wir hier auszufüllen hatten. Zickig wollte ich auch nicht rüberkommen. Mann, das war alles so schwierig. Unsicher sah ich zu ihm und schob seine Hand beiseite.

„Sicher, dass alles gut ist?", erkundigte er sich.

„Du hast gestern nicht angerufen, obwohl du es gesagt hast", antwortete ich kleinlaut, den Blick starr auf den See gerichtet. Eine Mutter gab ihrer Tochter Schwimmunterricht, war aber selber eine äußerst unsichere Schwimmerin. Mein Magen ballte sich zu einer kleinen Kugel zusammen, während ich im Auge behielt, wie die beiden sich vom Ufer entfernten.

„Ich hatte viel um die Ohren und wusste, dass wir uns heute sowieso sehen. Ist doch kein Drama jetzt, oder?"

Ich musterte ihn scharf, verfolgte dann sofort wieder das Geschehen am See, während mein Blick, einem Suchscheinwerfer gleich, über die glatte Wasserfläche nach rechts wanderte und dann wieder zurück. „Nö. Kein Drama. Aber unzuverlässig. Du hättest mir schreiben können, dass du keine Zeit hast. Dann hätte ich nicht warten müssen."

„Du hast echt den ganzen Tag auf meinen Anruf gewartet? Wie süß von dir!" Er belächelte mich und die Röte in meinem Gesicht vertiefte sich deutlich. Verlegen sah ich weiter zum See und erstarrte, als ich die Sperrkette ins Auge fasste.

„Das nächste Mal..."

„Scheiße!" Ich legte meine Hand auf seinen Arm und deutete hinter die Sperrkette, die den aufgeschütteten Nichtschwimmerbereich von dem für geübte Schwimmer abteilte.

„Siehst du die Kleine? Die war vorhin mit ihrer Mum unterwegs. Die sehe ich aber nirgends."

Sofort griff Justin nach dem Fernglas und sein Blick wanderte über den See, während ich bereits aus meinem Shirt schlüpfte.

„Ich seh sie auch nicht. Riley, du bist viel schneller als ich. Schwimm raus und bleib bei der Kleinen, damit ich einen Punkt hab, den ich mit dem Boot anvisieren kann. Ich setze den Notruf ab, ja?"

Finally - Falling for you Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt