Kapitel 14

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"Wie kommst du hier rein?" 

"Schätzchen, glaubst du wirklich, dass du hier die einzige bist, die Geheimnisse hat?"

"Was bist du?" 

Meine Stimme war stählern, ich wollte, dass sie eiskalt klang. Doch das Zittern in ihr verriet mich. 

"Du fürchtest dich", stellte er ungerührt fest. 

"Du heißt nicht Alexander, oder? Das war eine Lüge, oder? Eine falsche Identität, die ich dir abkaufen sollte? Glaubst du wirklich, dass ich so leichtgläubig bin?" 

"Nein. Du bist skeptisch. Und hinterlistig. Das ist interessant."

"Ich bin skeptisch, weil du hier sicher nicht stehen solltest und so kurz davor bin-" ich legte meinen Daumen und Zeigefinger beinahe aufeinander - "dir eine überzuziehen." 

Er schmunzelte amüsiert. 

"Das tust du nicht. Das tun Engel nicht." 

"Woher willst du das wissen?"

"Ihr seid nicht das, was ihr der Welt zeigt. Ihr möchtet besser sein, als die anderen, also verstellt ihr euch. Ihr seid nichts als verlogene Schänder, die sich nicht eingestehen wollen, was sie wirklich sind. Das ihr garnicht so anders seid, wie sie."

Mir stockte der Atem. Seine Worte hatten mir jegliche Gedanken aus dem Hirn gefegt, die ich ihm hätte entgegenschleudern können. Alles war leer. Bis auf die eine Frage, die vor meinem inneren Auge aufkam.

Hatte er recht?

Ich kam nicht dazu, meine Gedanken zu vertiefen, da ich spürte, wie sich starke Hände an meiner Hüfte platzierten. Sie lagen dort nicht nur, sie vergruben sich förmlich im Stoff meines Kleides und meiner Haut, darunter. Ich zog scharf die Luft ein, als ich den Schmerz spürte, der durch meine Nerven schoss. 

Was sollte das? 

Ich hörte, wie der Fremde mir ins Ohr zischte: Seine Stimme klang noch tiefer und rauer als je zuvor. Noch gefährlicher.

"Du wirst mit mir kommen. Und du wirst keine Wort sagen, keine Nachricht an deine Freunde, garnichts. Schon garnicht an den Erzengel, der kann dir vermutlich nicht helfen. Wenn sie dich anrufen, klickst du sie weg."

"Wieso sollte ich das tun?", hauchte ich zurück. 

Ein metallenes Geräusch, Stoff raschelte. Ich spürte wie er eine seiner Hände von mir löste, dafür packte die andere noch fester zu. Als ich die Klinge eines Messers an meinem Hals spürte, wagte ich es nicht mehr, auch nur zu atmen. 

"Ich weiß nicht, entscheide selbst. Ich bin mir sicher es gäbe genug Gründe dafür, am Leben zu bleiben." 

Drecks Sadist. 

Ich packte sein Handgelenk und versuchte, es von meinem Hals zu entfernen. Obwohl ich genau spüren konnte, dass er stärker war als ich - um einiges stärker sogar - ließ er es zu und senkte das Messer. 

"Haben wir einen Deal?"

"Was hast du mit mir vor?"

Eines war sicher, ich war keine gute Schauspielerin. Definitiv nicht. 

"Das erkläre ich dir, wenn wir die Zeit dazu haben."

"Dreckskerl."

"Was hast du gesagt? Seit wann fluchen Engel?"

"Ich dachte dass ist alles nur Schein und wir tun nur so?", konterte ich stur. 

"Stimmt ja auch." 

Mit einem Mal richtete er sich auf, ließ von mir ab und wich einen Schritt zurück. Er strich sich seine Kleidung glatt und ließ den Dolch - wie ich gerade erkannte - in seinem Gürtel verschwinden. Er hielt mir feierlich seine Hand entgegen, als würde er erwarten, dass ich sie nahm. 

"Das ist nicht dein Ernst, oder?"

"Ich bestehe darauf."

Er setzte wieder das falsche Lächeln auf, ich tat es ihm gleich, als ich meine Hand in seine legte. Er hielt sie weiterhin erhoben,  als ich zu ihm aufschloss und meine schwarz lackierten Nägel so tief in seinem Fleisch vergrub, dass ich hoffte, es würde zu bluten beginnen.

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