Der Nachhall meiner Macht pulsierte noch immer mit dem Blut in meinen Adern. Ich lag auf etwas weichem, wagte es aber nicht, die Augen zu öffnen. Kurz nach der Explosion in der Hölle war ich ohnmächtig geworden und kam gerade wohl erstmals wieder zu Bewusstsein.
Meine Rippen schmerzten bei jedem zittrigen Atemzug, als wären sie gebrochen.
Eine großgewachsene Gestalt tigerte durch den düsteren Raum, indem ich mich befand. Sie raufte sich die Haare, warf einen Blick zu mir herüber und fluchte leise, als ich mich nicht bewegte.
Wahrscheinlich sah sie nichtmal, dass ich wach war.
-Jael-
Es trieb mich in den Wahnsinn, nicht zu wissen, wie es Rose ging. Andererseits konnte ich mich nicht überwinden, nachzuschauen. Sie anzufassen. Wenn sie herausfinden würde, dass ich sie bis hier getragen hatte, würden wahrscheinlich schon Köpfe rollen. Von ihrem Kleid ganz zu schweigen. Aber verschnürt wie ein Bündel Reisig konnte ich sie hier nicht liegen lassen.
Ein weiterer Blick auf das Mädchen ließ mich aufatmen. Ihre Lippen zuckten, als wollte sie mir ein herausforderndes Grinsen widmen, doch mehr als eine geschwächte Grimasse kam davon nicht durch.
"Um Himmels Willen."
Sie lachte heiser. Ihre Haut leuchtete noch als Überbleibsel ihrer Macht. Sie sah gesünder aus, als sie war. Ihr Haar fiel in schokobraunen Locken über ihre schmalen Schultern und malte feine Muster auf die grauen Laken des Himmelbettes auf dem sie lag. Ihre Wangen leuchteten zart rosa, als hätte sie Fieber.
"So einfach kriegt man mich nicht klein", schnurrte sie, als sie ächzend versuchte sich aufzusetzen. "Da gehört schon ein bisschen mehr dazu, als eine Gruppe beschissener Engel..."
Sie zupfte an ihrem Kleid und fügte leise hinzu: "... und Dämonen-Arschlöcher."
"Das glaube ich dir gern."
Ich räusperte mich, wappnete mich gegen das, was gleich folgen würde.
"Ich wusste nicht, dass du über eine solche Macht verfügst. Warum hast du mir nie davon erzählt?"
-Rose-
Warum ich ihm nie davon erzählt hatte? Als wäre es nicht schon ohnehin schlimm genug gewesen, was alleine meine Abstammung mit meinem Leben angerichtet hatte. Ich wollte garnicht wissen, was passiert wäre, hätten sie es früher gewusst.
"Ich wusste es selbst nicht", log ich.
"Du brauchst es nicht versuchen, Celeste. Ich merke wenn du mich anlügst."
"Wie-"
"Deine Hand."
Mein Blick glitt tiefer, hinunter zu meinen Fingern, die sich in die schweren Kissen bohrten, so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Shit.
"Was weiß denn ich..."
"Du hattest befürchtet, dass sie dich nicht gehen lassen würden oder?"
Wie konnte es sein? Woher wusste Jael davon, dass sie mich im Schloss festgehalten hatten, bis ich gesprungen war? Woher wusste er, dass ich genau das gedacht hatte? Dämonische Züge hätten es unmöglich gemacht, mich irgendwo hinzulassen. Egal was ich war, oder wer ich war.
"Mag sein."
Er lachte leise, doch Zorn loderte in seinen Augen. Er war wütend - vielleicht enttäuscht, doch in erster Linie stinksauer.
Und ich brauchte nicht nachdenken, weshalb.
"Was tut das schon zur Sache..."
Seine geballte Faust sauste hinab, direkt an die dunkel gestrichene Wand, so fest, dass der Putz bröckelte und in kleinen Bröseln zu Boden rieselte. Ich zuckte zusammen und sah ihn entgeistert an.
Sein Blick brannte auf meiner Haut und ich konnte seine Zähne bis hier knirschen hören, so fest presste er sie zusammen. Er musste wegsehen. Vielleicht hätte er mich sonst in der Luft zerrissen.
"Was das zur Sache tut? Du hättest draufgehen können! Verdammt Rose du hättest sterben können!"
"Du auch", blaffte ich zurück, wohl bedacht was ich damit sagte.
"Scheiß auf mich, Celeste. Wenn ich gestorben wäre, hätte mein Vater Luftsprünge gemacht und einen Ball veranstaltet."
"Bei mir wäre das nicht anders gewesen."
Ich konnte die Muskeln seines Rückens unter seinem durchgebrannten Hemd spielen sehen, als er sich verkrampfte. Mit einer langsamen, geschmeidigen Bewegung drehte er den Kopf und sah mich an.
"Du bist die verdammte Prinzessin des Himmels."
Seine Worte gingen durch Mark und Bein. Sie durchfluteten meine Glieder wie Strom, als wäre es dieser Titel gewesen, der den Kreislauf schloss.
Die verdammte Prinzessin des Himmels.
Verdammt war ich, daran zögerte ich keine Sekunde.
Es wurde mir klar. Mir wurde klar, weshalb sie mich trainiert hatten, aber dennoch gegen ihren König. Warum sie mich fern von den königlichen Mauern hatten leben lassen, fern von ihm.
"Ihr wollt ein Bündnis", stellte ich beeindruckt fest. "Du willst ein Bündnis."
Er nickte langsam und lehnte sich mit dem Rücken an den kalten Stein, der sich unter der schillernden Tapete befand.
"Dein Vater", begann ich.
"Mein Vater will dich sterben sehen."
Ich musste schlucken.
"Ihr wollt ihn töten."
"Genau das will ich tun."
Er kam einen kleinen Schritt auf mich zu, die Arme vor der Brust verschränkt. Sein dunkles Haar fiel in gewellten Strähnen unter seiner Krone hervor, die schief auf seinem Scheitel saß.
Die verdammte Prinzessin des Himmels.
Er wollte seinen Vater töten und ein Bündnis mit dem Himmel hervorbringen, um den ewigen Krieg zu beenden. Dafür hatte er mich gebraucht. Ein Bündnis.
Die verdammte Prinzessin des Himmels.
"Es war alles nur gespielt oder?" Ich musterte ihn forschend und verbarg meine zitternden Hände hinter meinem Rücken. "Das Training, die Tänze..."
Er schluckte, als wüsste er, was ich sagen wollte.
"Der Kuss", beendete er meinen Satz, bevor ich ihm zuvorkommen konnte.
"Der Kuss", widerholte ich. Wie eine Feststellung. Nicht wie die Frage, die sie einst gewesen war.
"Ja."
Es dauerte, bis ich verstand.
Ja.
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Vielen Dank für über 600 Reads *-* Ihr seid genial!
Wir nähern uns dem Finale Leute... Seid gespannt...
XOXO Tony
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Holy
FantasyZwei Welten, denen ein Krieg droht. Ein Schicksal, das ein großes Opfer verlangt. Und eine Liebe, die alles verändert. Ein Kind aus verbotener Ehe. Das zweite seiner Art. Gefangen zwischen zwei Welten, vereint im eigenen Körper. Unfähig zu vertrauen...