Die schweren Ketten an meinen Köcheln rasselten bei jeder meiner Bewegungen und erinnerten mich an einen Gruselfilm aus den Achtzigern. Die Zelle in der ich mich befand roch nach Moos und Schimmel, alle paar Minuten musste ich husten. Der Boden auf dem ich lag war hart und feucht, es war einfach nur widerlich.
Tief in mir hatte ich noch immer Hoffnung, dass Prinz Jael gleich um die Ecke kommen würde um mich zu befreien und mir zu sagen, dass das alles zu seinem Plan gehört hatte, um keine Ahnung was damit zu bezwecken.
Ich fühlte mich schwach, wahrscheinlich hatten sie mir etwas in den Wein gemischt...
Neben mir waren noch weitere Zellen, das begriff ich, als ich den schweren Atem einer weiteren Person wahrnahm, nicht weit entfernt von meinem Eigenen. So gerne ich auch herausgefunden hätte, wo er herkam, ich wollte mich gerade nicht regen. Meine Handgelenke taten weh, die Seile waren so festgezurrt, dass sie mir ins Fleisch schnitten.
Als man mich gefesselt hatte, hatte ich aufgeschnappt, dass sie mit heiligem Wasser getränkt waren, denn die Wachen hatten Handschuhe getragen, um sie nicht berühren zu müssen.
Ich hatte extra laut geschrien, denn das schienen sie zu erwarten. Höllenqualen durch heiliges Wasser. Vielleicht sollte ich mir das merken, auch wenn es mir gerade schlichtweg egal war.
"Rose?", krächzte eine leise Stimme.
Ich konnte sie nicht zuordnen, aber sie kam mir vertraut vor.
"Hm?"
"Um Himmels Willen", kam es zurück. "Sie haben dich am Leben gelassen."
"Mhm."
"Rose? Geht's dir gut?"
"Nope", keuchte ich leise.
"Shit."
"Jap."
"Dein Humor ist jedenfalls nicht beschädigt. Immerhin etwas."
"Wer ist da?"
Jetzt wollte ich es doch wissen. Ich stand gerade schlichtweg auf dem Schlauch und konnte kein Gesicht zu der ruhigen Stimme finden, die durch meinen Kopf hallte. Doch niemand antwortete.
"Was willst du?", hakte ich nach. Das ich dabei leicht genervt klang, war mir egal.
"Ich darf doch wohl nach meinem Schützling sehen, oder nicht?"
Mir dämmerte es. Ich wusste nicht, wo ich meine Kraft hernahm, als ich mich in dieser Sekunde aufrichtete. Meine Beine protestierten und meine Knie drohten wieder einzusacken, doch ich ignorierte es.
"Gabriel", hauchte ich. Meine Stimme brach vor Schock und Überforderung in sich zusammen.
"Wie er leibt und lebt", schnurrte der Erzengel und breitete die Arme aus. Seine schneeweißen Flügel waren verschmutzt und einige Federn fehlten, allerdings schien das gerade seine mindeste Sorge zu sein. Er stand leicht gebückt und hielt sich mit einer Hand die Brust, als litt er unter unerträglichem Schmerz.
"Was haben sie dir angetan?"
"Garnichts. Das ist der Fluch der Hölle. Ein unsagbarer Schmerz, den jeder Engel ertragen muss, der es wagt, das Reich des Bösen zu betreten..."
"Oh mein Gott."
"Das kannst du laut sagen", nuschelte er in mein Haar, als er mich in eine enge Umarmung zog, die mir meine Atemluft kostete. Sein weißes Hemd roch nach Kerzenwachs und Orangen und ich fragte mich ob es im Himmel schon Winter geworden war. Sein Duft hüllte mich ein und schenkte mir Geborgenheit, denn genau das brauchte ich gerade.
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Holy
FantasyZwei Welten, denen ein Krieg droht. Ein Schicksal, das ein großes Opfer verlangt. Und eine Liebe, die alles verändert. Ein Kind aus verbotener Ehe. Das zweite seiner Art. Gefangen zwischen zwei Welten, vereint im eigenen Körper. Unfähig zu vertrauen...