Eine Woche verging viel zu schnell. Gefühlt war ein Tag vergangen, seitdem die Einladungen im Quartier eingetroffen waren, doch es würde schon heute Abend so weit sein.
Die letzten Nächte war ich oft wach gelegen und hatte nachgedacht. Über das, was passiert war und über das Telefonat mit den Engeln. War wirklich etwas an ihren Verschwörungstheorien dran? Wenn ja, würde sich mir heute Abend die perfekte Gelegenheit bieten, herauszufinden, was sie vorhatten. Ich war mir nicht sicher, ob ich Gabriel informieren sollte. Es erschien mir nicht richtig, die Dämonen zu verraten, für etwas, dass vielleicht garnicht stimmte.
Ich wälzte mich grunzend unter meinen Kissen herum und wäre beinahe auf der anderen Seite meines Bettes herausgefallen. Im Vergleich zu meinem Eigenen, was sich noch immer auf der Erde befinden musste, war es viel schmaler und deutlich unbequemer.
Wahrscheinlich hätte ich mich einfach fallen gelassen, läge nicht ein kleines dunkles Päckchen vor mir. Verwirrt zogen sich meine Brauen zusammen, als ich die Bettdecke beiseite strampelte und mich auf die Beine schwang. Dort unten zu meinen Füßen lag eine längliche Schachtel, eingepackt in dunkelgraues Papier, das von seltsamen Ornamenten überzogen war. Ein dünnes Band hielt sie geschlossen, auch als ich die aufhob und genauer begutachtete.
Sie war angenehm schwer und ich wusste nicht, ob mich das beunruhigen sollte. Ich war mir sicher, dass sie gestern Abend noch nicht da gelegen hatte! Wie war sie dahin gekommen? Und vor allem, wer hatte sie dorthin befördert? War das womöglich en schlechter Streich von Ethan und Azriel und mir würde eine Gummischlange entgegenspringen, wenn ich das Päckchen öffnete?
Ich zuckte die Achseln. Wenn ich es nicht öffnete, würde ich wohl nie dahinter kommen...
Vorsichtig löste ich das Band und hob den schimmernden Deckel an.
Mir stockte der Atem.
Vor mir lag definitiv keine bunte Gummischlange, die mich anspringen wollte, sondern ein silberner Dolch. Seine Spitze war mit Lederbändern umflochten, die einen Klingenschutz bildeten, zum Schutz vor ungewollten Schnitten. Der detaillierte Griff war mit feinen Ornamenten verziert, die in Form eines Gebisses mit langen Fangzähnen zur Klinge übergingen. An seinem Ende waren funkelnde Steine eingearbeitet, ich tippte auf schwarze Diamanten.
Ich kannte keinen anderen Stein, der so dunkel war und gleichzeitig so hell schimmerte.
Und ich hatte wohl gemerkt viele Jahre lang Edelsteinkunde gehabt.
Daher wusste ich, dass Diamanten für Unbezwingbarkeit, Kraft und Schönheit standen. Sie sollten ihre Eigenschaften auf ihren Träger übertragen und ihn mit Willenskraft, Charakterstärke und Selbstbewusstsein tüchtigen. Doch sie standen auch für Unvergänglichkeit einen unnatürlichen Drang nach Freiheit.
Wow. Hatte das eine Bedeutung?
Ich spürte wie eine wohlige Gänsehaut über meine Arme kroch, als ich die Waffe zwischen den Fingern drehte. Sie gab mir ein wahnsinniges Gefühl von Macht, dass sich in meinem hilflos pochenden Herzen ausbreitete.
Meine Tür flog krachend auf und ich konnte nicht schnell genug handeln, als das Ruby dieses Ding nicht gesehen hätte. Überrascht blieb sie stehen und es schien beinahe so, als würden ihr jede Sekunde die schweren Kleidersäcke aus ihren Händen fallen, die sie mitgebracht hatte.
"Woah", entwich es ihr.
Sie legte ihre Mitbringsel neben mir auf die Matratze und begutachtete das Geschenk - oder was es auch immer war.
"Wo kommt das Ding jetzt her?"
"Ich hab keinen blassen Schimmer", antwortete ich ehrlich. Denn ich hatte keinerlei Ahnung, wo dieses Ding herkommen konnte. Die Vorstellung, dass jemand bei Nacht in meinem Zimmer gewesen war, machte es nicht gerade besser.
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Holy
FantasyZwei Welten, denen ein Krieg droht. Ein Schicksal, das ein großes Opfer verlangt. Und eine Liebe, die alles verändert. Ein Kind aus verbotener Ehe. Das zweite seiner Art. Gefangen zwischen zwei Welten, vereint im eigenen Körper. Unfähig zu vertrauen...