Kapitel 37

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Schweigend stand ich vor dem hohen Spiegel an meiner Zimmerwand und begutachtete die schwarzen Ornamente die sich an der linken Seite meiner Taille in meine Haut gefressen hatten. Der fünfzackige Stern, der auf meiner geröteten Hüfte thronte, die Blüten und die Ranken die meinen Brustkorb hinaufkrochen. Irgendwie gefielen sie mir, aber ich fühlte mich nicht danach, sie zu zeigen. 

Es hatte furchtbar geschmerzt, als sie mir eingebrannt worden waren. Azriel dagegen hatte keine Miene verzogen, als der Fluch ihn getroffen und eingenommen hatte. 

Wir waren - nur in Unterwäsche - in einem großen Pentagramm gestanden, dass auf dem Boden aufgezeichnet gewesen war, und hatten uns in die Augen gesehen, als wir unseren Schwur abgelegt hatten. 


Was auch immer passiert, nie werde ich von deiner Seite weichen.

Sollte es mir das Leben kosten, deines zu rächen. 

Ich werde es tun. 


Wir hatten diese Worte ausgesprochen, ohne uns über ihre wahre Bedeutung bewusst zu sein. Erst jetzt dämmerte mir, was das eigentlich hieß. Was ich getan hatte. 

Ich hatte mich mit einem echten Dämon und somit auch gegen das Himmelsreich verbündet, obwohl ich das nie gewollt hatte. 

Ich spürte wie eine salzige Träne meine Wange hinunterlief, doch ich wischte sie eilig weg. Ich wollte nicht schwach aussehen. Nicht einmal vor meinem eigenen Spiegelbild, dass mich aufmunternd anlächelte. 

"Verdammte scheiße..."

Ich kickte meine Stiefel aus dem Weg, die ich achtlos neben mein Bett geworfen hatte, ehe ich mich in die weichen Kissen fallen ließ. Ich hörte, wie im Nebenzimmer die Türen geschmissen wurden, doch ich tat so, als hätte ich es nicht mitbekommen. Wie so oft, wenn ich verzweifelt war, ließ ich die kleinen Flammen in meinen Händen tanzen. 

Einerseits wollte ich dieser Welt nicht angehören, weil ich wusste, dass mir diese emotionslose Art nicht lag. Andererseits aber, genoss ich es, zu tun, was auch immer ich wollte, ohne mich um irgendwelche Gebote sorgen zu müssen. 

So in Gedanken vertieft, wie ich war, bemerkte ich beinahe garnicht, dass das Handy neben mir klingelte. Ohne großartig darüber nachzudenken, hob ich ab. 

"Ja?", fragte ich leise ins Mikrofon. 

"Hey, wie geht's dir?"

Es fühlte sich so erleichternd an, Anas Stimme zu hören, dass ich laut aufseufzte. Es schien nicht, als wolle sie mir eine Predigt halten oder mich ausfragen, wo ich war oder was ich tat. 

"Ganz gut, denke ich."

Sie schwieg einen Moment. 

"Gabriel hat mir alles erzählt."

Die Stille zwischen uns war mir verdammt unangenehm, aber ich konnte sie nicht brechen. 

"Stimmt es, dass du beim Prinzen bist? Seit ihr... ein Paar?"

"Das glaubst du ja wohl selber nicht, oder?"

"Naja...", murmelte sie, was mir einen leichten Stich ins Herzen verpasste. 

"Also bist du nicht dort?", hakte sie nach. 

"Gewissermaßen schon."

"Mhm", kam es durch die Leitung. Ana schein weder überrascht, noch enttäuscht, wobei ich das auf ihr immenses Schauspieltalent schob. 

"Wie ist es so am Hofe?"

"Ich bin nicht am Hofe!", entgegnete ich ihr gekränkt. "Ich bin in einem Hunterquartier, wo sie mich trainieren, aber ich schwöre dir, sobald ich rausbekommen habe, wie man hier wegkommt, dann-"

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