Ich schaffte es gerade noch so von mir zu lösen, bevor das ganze Team in die Kabine gestürmt kam. Doch es dauerte noch einen weiteren Moment, bevor ich meinen Blick von ihren geröteten Wangen, ihren verschleierten Augen und ihren leicht geschwollenen Lippen. lösen konnte. Sie hatte noch nie schöner ausgesehen und das war meine Schuld.
Außer Atem stand sie vor mir, hob langsam den Blick. Fuhr mit ihren Fingern zu ihren Lippen und sah mich ungläubig an. Am liebsten hätte ich ihr gesagt, dass ich keine Idee hatte, warum sich das so dermaßen gut anfühlte, doch ich schwieg. Aber ihr Ausdruck veränderte sich. Irgendwie sah sie nicht mehr überrascht aus. Sie sah schockiert aus. Fassungslos und... Traurig?
Ich wollte sie Fragen, was los war, was in ihrem Kopf vorging, doch nicht hier. Nicht vor all den anderen Menschen. Ich wollte mit ihr alleine sprechen. Wollte ihr erkläre, warum ich sie geküsst hatte.
Doch als Ross mir einen Schlag auf die Schulter gab, mich fragte wohin ich nach dem Spiel verschwunden war und nur eine Sekunde den Blick von ihr löste, war sie davongestürmt. Hatte die Kabine verlassen und war außerhalb meiner Reichweite.
Etwas benommen wandte ich mich Ross zu, der noch immer auf meine Antwort wartete. "Ist heute nicht mein Tag. Denke ich." Brachte ich perplex raus.
Warum hatte sie so schockiert ausgesehen? Warum hatte sie nicht gelächelt? Warum sah sie so unglaublich traurig aus? Ich wusste das dieser Kuss gut gewesen war. Mehr als das. Er war Atemberaubend. Aber warum hatte sie so unglücklich ausgesehen?
Hatte ich wirklich alle ihre Signale falsch verstanden? Wollte sie mich nicht küssen? Aber sie hatte den Kuss doch erwidert. Sie war mit ihren Fingern durch meine Haare gefahren. Hatte sich regelrecht an mir festgekrallt. Oder war sie einfach damit überfordert? Das ich sie geküsst hatte? Das der beste Freund ihrer Schwester sie geküsst hatte? Sie so geküsst hatte?
Ich drehte mich von Ross weg und ließ mich wieder vor meinem Spind auf die Bank nieder. Warum ging es mir jetzt noch schlimmer? Hätte ich nicht froh sein sollen? Dieser Kuss war unglaublich gewesen. Warum also war ich nicht froh, dass sie mich zurück geküsst hatte?
Noch immer hatte ich ihren Blick hinter meinen Lidern. Sie konnte nicht glauben, dass ich sie geküsst hatte und das es sich so angefühlt hatte.
"Alter..." Sagte Anton und ließ sich geräuschvoll neben mir auf die Bank fallen. Dort wo Lucy eben noch gesessen hatte. "Irgendwas vorgefallen?" Wollte er von mir wissen. Ich sah ihn nur an. Blickte auf die Tür, durch die Lucy vor keinen fünf Minuten verschwunden war und dann wieder zu Anton, der meinen Blicken verwirrt folgte. Dann nickte ich.
Er wusste doch eh schon was los war. Und ich musste mit jemandem reden. Mit irgendjemandem. Und die Person, zu der ich sonst gehen würde war Maggie. Ich konnte nicht mit Maggie darüber reden, wie hart ich geworden war, als ich ihre kleine Schwester geküsst hatte. Das ging definitiv zu weit. Außerdem würde Maggie das nicht verstehen. Anton aber schon. Was hatten die Davis-Frauen nur an sich?
Anton hob interessiert die Brauen und blickte wieder zur Tür. "Lucy?" Fragte er und ich nickte. Noch immer etwas neben der Spur. Ich verstand einfach nicht, was gerade passiert war. Konnte kaum glauben, das ich sie einfach geküsst hatte. Das war nicht mein Plan gewesen. Sie zu überfahren. Aber ich bereute es nichts. Keine Berührung. Keinen Kuss. Nicht eine Sekunde. "Nicht hier." Sagte ich aber zu Anton. Denn ich wollte nicht, dass es die Runde machte. Ich wollte nicht das jeder wusste, das ich in die Tochter vom Chef verknallt war. Denn egal was passierte, dieses Team bestand aus einem Haufen von Waschweibern. Und in ein paar Tagen hatte ich sie nicht nur geküsst, sondern hatte schon drei Kinder mit ihr. Ich kannte die Truppe. Das waren alle Idioten. Nicht das ich mich für etwas besseres hielt. Doch diese Leidenschaft für Tratsch konnte ich beim besten Willen nicht verstehen.
"Lass uns ein Bier trinken gehen. Ich kenne da ne Bar. Muss nur Maggie bescheid sagen." Ich nickte ihm zu und er schlug mir wieder auf den Rücken. Ungläubig grinste er und schüttelte den Kopf.
"Man du bist echt im Arsch." Er lachte, wandte er sich ab und ging mit einem Handtuch in den Waschraum. Er hatte sowas von recht. Ich war absolut im Arsch. Aber jetzt gerade war ich mir nicht ganz sicher warum.
Ich holte tief Luft, stand auf, schnappte mir mein Handtuch und folgte ihm in den Waschraum, um mich zu duschen. Doch ich bekam einfach nicht diesen geschockten Ausdruck aus dem Kopf. Warum hatte es sie so schockiert? Als sie mich geküsst hatte, hätte ich am liebsten Freudensprünge gemacht. Also warum erwiderte sie meinen Kuss, aber freute sich nicht? Für mich ergab das keinen Sinn.
Ich musste dringend mit Anton reden. Er hielt sich doch für einen Frauenversteher, also konnte er mich aufklären. Ich hoffte es auf alle Fälle. Vor Maggie war er doch mit ach so vielen Frauen im Bett gewesen. Jedenfalls hatte er nach einer Woche schon alle Nummern des Cheer-Teams. Ich kannte nach drei Jahren nicht mal all ihre Namen. Und dabei bin ich mir ziemlich sicher, dass ich alle Namen definitiv schon gehört hatte. Ich war mir auch ziemlich sicher, dass ich mit einigen von ihnen auch geschlafen hatte. Zu meiner Verteidigung: Ich war nicht gut mit Namen.
Und wenn er auch keine Erklärung hatte? Nun dann hatte ich jedenfalls nichts verloren. Ich konnte nur gewinnen. Und ich wollte noch nie mehr etwas gewinnen als das. Ich wollte noch nie jemanden mehr gewinnen als Lucy.
Wenn all das nicht helfen würden, dann wussten sicher meine anderen Freunde Jack Daniels und Jim Beam was los war. Das wäre jedenfalls nicht meine schlechteste Idee des heutigen Tages und würde diese Scheißwoche echt perfekt abrunden.
Verdammt, ich wollte echt gewinnen. Dieser kleine Vorgeschmack hatte es mir nur deutlich gezeigt. Ich wollte Lucy. Mehr als ich alles andere wollte.
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Ein Cavalier hin und weg
RomanceDer zweite Teil der Cavalier- Reihe. (Teil 1: Ein Cavalier zum Frühstück) "Ich sollte gehen. Tut mir leid." Erklärte sie mit gesenktem Blick und steuerte die Tür an. Sie sollte nicht gehen. Nicht so. Ruckartig griff ich nach ihrem Arm. Ich hatte n...