Ich packte geraden den letzten Karton, den ich nach LA schicken wollte und holte tief Luft. Meine Wohnung wirkte kahl und verlassen. Ich hatte eine ganze Weile hin und her überlegt, doch dann das Angebot der Lakers angenommen. Ich würde nicht nur als Coach des Nachwuchsförderprogramms arbeiten, sondern hatte auch die Möglichkeit Kinder zu scouten. Die ganze Stadt war voll mit talentierten Kids und doch schaffte es nur ein Bruchteil je so weit in die Liga. Doch selbst wenn, holte es die Kinder von der Straße und gab ihnen ein Ziel. Eins das vielleicht erreicht wurde, eins das vielleicht zu einem wichtigen Teil ihres Leben wurde. Vielleicht aber auch nicht .Vielleicht war es nur eine Etappe in ihrem Leben und sie fanden heraus, was sie lieber machen wollte. Es war egal, denn sie hatten alle Chancen. Chancen die ihnen vielleicht verwehrt blieben, wenn sie auf die schiefe Bahn gerieten.
Zu meinem Entzücken ließ sich tatsächlich sowohl der Vorstand der Cavaliers, als auch der Lakers auf einen frühzeitigen Wechsel ein. Somit wechselte ich noch vor der Saison und hatte zehn Tage Zeit meinen Umzug zu organisieren.
Zehn Tage an denen ich so viel zu tun hatte, dass ich nur jede zweite Sekunde an Lucy denken konnte. Ich hatte einige Male versucht sie zu erreichen, doch Maggie hatte mir erzählt, dass sie nach Hause gekommen war und sofort ihre Sachen gepackt hatte.
Ihre Behandlung setzte sie nun in Phoenix fort. Ebenso wie ihr Studium. Es fühlte sich wie ein Ende an auch wenn es nicht beendet war. Doch sie hatte auf keine meiner Nachrichten reagiert und ich hatte den Hinweis verstanden. Es war kein Nein. Das musste ich zugeben. Doch es war noch immer nicht die Antwort, auf die ich gehofft hatte. Und genau das war mein Problem. Trotz dieser ganzen bescheuerten Ghosting-Sache, hoffte ich noch immer. Irgendwie.
Jedes Mal wenn es klingelte, glaubte ich es wäre Lucy. Oder glaubte, dass sie es sein könnte. Auch wenn sie es nie war. Vielleicht waren neun Tage auch etwas ambitioniert, um über jemanden hinweg zu kommen. Morgen ging mein Flieger. Ich hatte darum gebeten, dass ich das erste Spiel der Saison der Jungs noch in der Halle erleben durfte. Sie hatten gemischt reagiert, doch freuten sich beinahe alle für mich. Nur Anton wusste nicht, wie er mit der Davis-Familie umgehen sollte, wenn ich weg war. Aber ich musste da auch durch und er würde das auch packen.
"Bist du fertig?" Fragte mich Maggie und lächelte freundlich. Seit dieser ganzen Sache, war sie überaus freundlich und versuchte ja nicht über Lucy zu sprechen. Sie redete auch nicht mehr über Dinge, die mich an sie erinnern könnten. Nun dadurch, dass Maggie ihre Schwester war, war das Thema gegessen.
Aber ich hegte keinen Groll gegen Maggie. Oder gegen Lucy. Ich war naiv gewesen, weil ich immer geglaubt hatte, dass es sowas wie wahre Liebe und Seelenverwandtschaft gab. Auch wenn ich das niemals zugegeben hätte. Ich war ein verkappter Romantiker und das war okay. Denn die Liebe funktionierte so. Ohne Leid, keine Freud.
"Lass uns gehen." Sagte ich, schloss den Karton und grinste Maggie an. Es wäre untertrieben, wenn ich sagen würde, dass ich aufgeregt war. Ich hatte in den letzten zehn Jahren in Cleveland gelebt. Ich war immer mit meiner besten Freundin zusammen gewesen und würde nun alles, was ich, mein erwachsenen leben, kannte, zurücklassen.
"Das Spiel beginnt ins zwei Stunden. Dachte du willst nochmal mit den Jungs reden?" Da hatte sie richtig gedacht. Denn ich war die letzten sechs Jahre der Captain der Cleveland Cavaliers gewesen und in meinem Herzen würde ich es immer sein. Auch das war meine Familie. Die Jungs die immer alles für mich und für das Team gegeben hatten.
"Wie fühlst du dich?" Fragte Maggie, als wir das Gebäude verließen und auf ihren Wagen zugingen. Ich lächelte wehmütig. "Ich werde den ganzen Wahnsinn hier echt vermissen." Gestand ich mit einem Lächeln und Maggie lachte. "Also in den nächsten Monaten komme ich dich besuchen. Danach musst du deinen Arsch hierher schwingen." Sie lachte und strich sich über den Bauch. "Außerdem ist das dritte Spiel der Saison Cavaliers gegen Lakers." Sie zuckte mit den Schultern. "Wir werden euch zwar vernichtend schlagen. Aber das ist ja nichts Neues." Diesmal lachte ich auf. "Wir werden sehen." Sagte ich nur und Maggie grinste breit. "Ich mache mir eher Sorgen für die Zukunft. Denn euer neuer Nachwuchstrainer soll echt ein harter Brocken sein."
Oh ja! Ich liebte Maggie Davis wirklich. Wenn es etwas wie Seelenverwandtschaft gab, dann war Maggie meine Seelenverwandte. Denn sie schaffte es immer mir wieder ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.
"Ich werde dich echt vermissen. Ich hasse Abschiede. Das weißt du." Sie nickte, stieg ein und startete den Motor. "Weshalb ich nicht das ganze Spiel bleiben werde." Eröffnete ich ihr. ruckartig hob sie den Blick. "Das kannst du nicht machen." Rief sie und ich lächelte. "Ich bin noch nicht bereit." Flüsterte sie und ich sah die ersten Tränen in ihren Augen, die sie wütend wegwischte. "Scheiß Hormone." Flüsterte sie, sah mich dann aber wieder vorwurfsvoll an. "Bitte, dass ist unser letztes Spiel. Ich habe uns Plätze am Rand organisiert. Wir schauen nicht mal aus der Loge zu." Begann sie zu betteln und ich lächelte. Wieder lief eine Träne über ihr Gesicht.
Es waren genau diese Tränen, die mich fertig machten. Sie erledigten mich und meine Standfestigkeit. Genervt nickte ich. Doch eigentlich wollte ich auch nicht früher gehen. Ich war auch noch nicht bereit diesen Teil meines Lebens wirklich abzuhaken. Doch irgendwann war alles zu Ende. Egal wie sehr man sich wünschte, es noch weiter in die Länge zu ziehen.
Und auf jedes Ende folgte eben auch ein neuer Anfang. Ein neues Leben und ich freute mich darauf, es zu entdecken. Der Neuanfang stand schon in den Startlöchern. Wartete darauf losgelassen zu werden. Aber erstmal kam das Ende. Und das Ende dieses Teils, kam eben jetzt.
DU LIEST GERADE
Ein Cavalier hin und weg
RomanceDer zweite Teil der Cavalier- Reihe. (Teil 1: Ein Cavalier zum Frühstück) "Ich sollte gehen. Tut mir leid." Erklärte sie mit gesenktem Blick und steuerte die Tür an. Sie sollte nicht gehen. Nicht so. Ruckartig griff ich nach ihrem Arm. Ich hatte n...