Wir saßen uns gegenüber und auf ihrem Gesicht lag dieses zufriedene Lächeln. "Woran denkst du gerade?" Fragte ich sie und sie grinste nur breit. "Eigentlich an nichts." Gab sie zu und ich runzelte die Stirn. Doch ich konnte nicht danach fragen als, Dorothea, die Bedienung uns unterbrach.
"Was kann ich euch zwei Schätzchen bringen?" Fragte sie freundlich und sah zwischen uns hin und her. Abwartend sah ich Lucy an. Kurz überlegte sie. "Ich hätte gerne die Pancakes." Erklärte sie Dorothea, dann sahen beide mich an. "Ich nehme Rührei und einen von euren Bageln." Sagte ich schlicht. "Und Kaffee. Ich brauche eine Menge Kaffee." Fügte ich grinsend hinzu. Dorothea erwiderte das Lächeln, dann nickte sie und ging.
"Also, wo waren wir stehengeblieben?" Fragte ich und blickte Lucy wieder an, die mich mit einem schiefen Lächeln. Ich runzelte die Stirn. Dann wurde ihr Gesicht weich und ihr schiefes Lächeln wurde zu einem warmen Lächeln, bevor es ganz verschwand.
"Weißt du ich mag dich." Sagte sie und ich wollte schon etwas erwidern, doch sie hob die Hand und signalisierte mir, dass sie noch nicht fertig war. "Aber..." Begann sie und ich holte tief Luft. Ein Aber war nie eine wirklich gute Sache. Niemand hat je etwas mit aber gesagt und durchweg Gutes gemeint. "Aber ich will, dass du weißt, das ich es versuche und das ich es langsam angehen will. Doch das hier wird nicht für immer sein."
Die Luft entwich meinen Lippen und ich erstarrte. Blickte sie nur ausdruckslos an. "Ich möchte nur, dass das klar ist." Verbittert schnaubte ich.
"Warum bist du so?" Wollte ich wissen. Noch vor dreißig Sekunden konnte ich ihr ansehen, wie gut sie drauf war. Wie glücklich sie war. Als würde sie jedes Mal wenn sie sich selbst dabei erwischte, wie sie glücklich war, gegensteuern wollte.
"Wie bin ich denn?" Fragte Lucy, senkte aber den Kopf. "Auf deiner Liste stand, du willst einen Tag einfach mal nur das sagen, was du wirklich denkst. Warum fängst du damit nicht heute an?" Fragte ich, konnte nichts dagegen tun, genervt zu klingen.
"Ich habe dir die Karten offen auf den Tisch gelegt." Führte ich weiter aus. "Als du gestern vor meiner Tür standst, wusstest du davon." Sie nickte, hob aber noch immer nicht den Blick. "Und heute sagst du mir das wir ein Ablaufdatum haben. Dabei haben wir nicht mal ein Starttermin." Lucy reagierte nicht. Sie starrte nur ihre Finger an. "Warum also gibst du dir solche Mühe dich hinter irgendwelchen Dingen zu verstecken?" Ich klang verbittert.
"Weil..." Begann sie, brach allerdings ab. Ich hob eine Braue. "Weil?" Hakte ich nach. Ich wollte doch einfach nur ihre Meinung. Ihre einfache, ehrliche Meinung. Und ihr Herz. Ihr Herz wollte ich auch.
"Weil du mir Angst machst." Erklärte sie und hob den Blick. "Weil ich dir Angst mache?" Widerholte ich perplex und sie nickte. "Mein halbes Leben war ich in dich verliebt." Begann sie leise und ich lächelte leicht. "Und du hast dich wie ein Arsch benommen." Erklärte sie weiter. "Alles kein Problem. Da bin ich drüber weg." Ihre Stimme zitterte. "Ich hab mein Leben so dahingelebt. Ohne Pläne, ohne ein Ziel. Dann kam diese Diagnose und ich hab mir die Frage gestellt, ob ich überhaupt die Zeit für Ziele habe." Ich schluckte. "Aber nichts davon hat mir solche Angst gemacht wie du. Als du mich in der Umkleide geküsst hast." Gab sie zu und als unsere Augen sich trafen, erkannte ich die Wahrheit darin. "Denn all das von früher ist wieder hochgekommen. Da waren diese Teenagerhormone..." Sie kicherte leise. "Ich hab das verdrängt, aber du siehst mich an und du weißt genau was du sagen musst." Führte sie aus. "Es war einfach das als alberne Schwärmerei abzuhaken, aber das du mich lesen kannst, mich nur berühren brauchst... Das macht mir Angst." Lange sah ich sie an. "Ich würde nie etwas tun, dass dir schadet." Erklärte ich ihr und reichte ihr meine Hand, wollte sie berühren, ihre Wärme spüren. Doch sie blickte nur auf meine Hand, starrte sie lange an, bevor sie mit Tränen in den Augen wieder in mein Gesicht sah.
"Du siehst mich an und ich kann es in deinem Gesicht sehen." Erklärte sie hob ihre Hand und strich hauchzart über meine Fingerspitzen. "Jedes Wort das du sagst meinst du ernst." Ich nickte. Das stimmte. Ich wusste wer sie war und sie wusste auch wer ich war. Und ich würde sie nicht anlügen. "Also was passiert, wenn nicht du mir das Herz brichst, sondern ich dir?"
Ich erstarrte. Die Verzweiflung, Trauer und Furcht in ihren Worten lähmte mich. Doch ich verstand ihre Worte nicht. Glaubte sie sie würde mir das Herz brechen? Warum glaubte sie das? Wenn sie mich auch wollte, wie konnte sie mir das Herz brechen? Verwirrt sah ich sie an, als seien ihren Worte absolut unlogisch.
"Weißt du meine Mom hatte ihre Diagnose mit siebenundzwanzig." Wechselte sie plötzlich das Thema. Wieder senkte sie den Blick. Ich bemerkte kaum, wie Dorothea uns zwei Tassen vor die Nase stellte. Doch Lucy hob den Blick und bedankte sich freundlich.
"Was?" Brachte ich nur geistreich raus und starrte sie an. Ich verstand nicht worauf sie hinauswollte, dabei lag es direkt vor mir.
"Dad und sie hatten gerade geheiratet." Es war als würde sie sich mit jedem Wort weiter von mir entfernen. "Sie war schon schwanger mit Pippa." Ich konnte nichts tun, außer ihren Worten lauschen. "Sie hat sich für Pippa und gegen eine Behandlung entschieden." Erklärte Lucy und wischte sich über die Augen. "Die erste Therapie hatte sie erst ein Jahr später. Und in den nächsten zehn Jahren immer wieder. Das wusste ich nicht. Ich hab das nicht mitbekommen. Aber Dad hat mir das erzählt, als ich im Krankenhaus war." Ich nickte mechanisch. Dann hob sie wieder den Blick und lächelte. "Wenn er an sie denkt, sieht er immer ihr Ende. Wie das Leben bestimmt wurde von einer Krankheit gegen die er nichts tun konnte." Ihre Augen tief und traurig. Ich wünschte ich hätte ihr diese Trauer nehmen können. Doch wie hätte ich das tun sollen. Doch mit jedem Wort war ich der Lösung näher und obwohl ich es noch nicht fassen konnte, brach es mir das Herz. Es brach mir das Herz für sie. Denn hier ging es nicht darum, dass sie mich nicht mochte. Sondern darum mich von sich zu stoßen, um mich vor sich zu schützen.
"Ich werde nicht dabei zusehen, wie ich dich zu einem gebrochenen Mann mache." Flüsterte sie leise und wischte sich wieder eine Träne vom Gesicht.
Mein Herz pumpte so schnell. Meine Lunge brannte. Meine Lippen waren fest zusammengepresst. Und ich spürte die Trauer, den Schmerz und die Sehnsucht. Doch am meisten spürte ich die Wut. Die Wut darauf, dass sie etwas für mich entscheiden wollte, das nicht ihre Entscheidung war. Eine Entscheidung die ich ohne zu zögern immer wieder auf die gleiche Art treffen würde. Also holte ich tief Luft und sah sie direkt an. Blickte ihr tief in die Augen und wollte, dass sie jedes meiner folgenden Worte verstand. Wirklich verstand.
"Du wirst das nicht entscheiden. Du triffst keine Entscheidung für mich. Wir treffen Entscheidungen zusammen. Es ist mir egal, aus welchen edlen Motiven du glaubst zu handeln. Wenn ich zehn Jahre habe, werde ich diese zehn Jahre mit dir verbringen. Du wirst mir nicht eine Zukunft rauben, weil du denkst das etwas passiert. Sieht so aus, als hättest du das ganze langsam angehen gerade ziemlich beschleunigt." Ich griff nach ihrer Hand. "Sieht so aus als hättest du dir gerade einen festen Freund angelacht, Luce."
DU LIEST GERADE
Ein Cavalier hin und weg
Storie d'amoreDer zweite Teil der Cavalier- Reihe. (Teil 1: Ein Cavalier zum Frühstück) "Ich sollte gehen. Tut mir leid." Erklärte sie mit gesenktem Blick und steuerte die Tür an. Sie sollte nicht gehen. Nicht so. Ruckartig griff ich nach ihrem Arm. Ich hatte n...