"Also Lucy erzählen Sie mir etwas von sich." Bat Gran Lucy am Tisch. Ich warf ihr einen scharfen Blick zu. Sie hatte nach und nach alle am Tisch mit Fragen gelöchert. Lucy hatte sie sich bis zum Schluss aufgehoben.
Die anderen am Tisch waren froh, dass sie die Inquisition hinter sich hatten und auf meine Bitte hin, es auf sich beruhen zu lassen, hatte ich nur gehört, dass ich ihr ja mehr erzählen könne. Denn dann müsse sie nicht so nachfragen.
Unsicher warf Lucy mir einen Blick zu. Hilflos zuckte ich mit den Schultern. Pippa hatte uns unterbrochen, indem sie durch die Tür gerauscht kam. Schon wieder. Ich hasste ihr Timing.
"Ich bin ziemlich langweilig." Erklärte Lucy und ich verdrehte die Augen. Warum dachten die Frauen in der Davis-Familie das immer? Nun außer Pippa, sie hatte genügend Selbstbewusstsein für sie alle drei.
"Oh das glaube ich keine Sekunde." Sagte Gran und lächelte ihr zu. "Können Sie ruhig." Lucy lachte. "Ich studiere in Phoenix. Aber ich habe eine kurze Pause eingelegt." Erklärte sie und Marylin nickte. "Was studieren Sie? Ich mochte Phoenix immer. Eine Flächenstadt. Sie ist riesig." Schwärmte Gran plötzlich. "Wenn man in die Senke blickt, kann man ewig weit gucken und nur die Stadt sehen." Lucy nickte. "Ja. Es ist wirklich schön. Ich mag die braunen Töne. Alles dort ist so erdig und beruhigend." Erklärte sie und in ihren Augen glitzerte etwas auf. "Phoenix ist die einzige Stadt die ich so oft gemalt habe und noch immer nicht wirklich einfangen konnte." Gran hob eine Braue. "Sie malen also? Aquarell, Öl, Acryl?" Das war ein Thema das die beiden gemeinsam hatten. Gran liebte die Kunst. "Oh meist mit Kohle. Aber ich habe auch ein paar Sachen in Öl gemacht." Erklärte sie und Gran nickte anerkennend. "Ich würde gerne ein paar Werke von Ihnen sehen." Gab sie mit einem Lächeln zu. "Lucy, bitte."
Gran warf mir einen Blick zu und nickte lächelnd. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Sie wusste es. Ich konnte es sehen. Oder bildete ich es mir ein? War es so offensichtlich? Wussten die anderen es auch? Eigentlich hatte ich geglaubt, dass nur Anton es wusste. Und nun ja Lucy.
Doch sie hatte mir noch keine Antwort auf meine Worte gegeben. Ich hatte sie nicht nach einem offiziellen Date fragen können und ich saß nun wie auf heißen Kohlen. Zudem kam, dass ich noch immer nicht mit Maggie über das ganze Baby oder kein Baby-Ding hatte reden können.
Zu viele offene Baustellen für meinen Geschmack.
"Ach die Sachen sind nicht so gut." Spielte Lucy sich wieder mal hinunter. Typisch. "Ich wette sie sind ausgezeichnet und du nur bescheiden, Lucy." Sagte Gran freundlich und ich schnaubte. "Vielleicht möchte sie dir ihre Sachen einfach nicht zeigen. Respektiere das bitte einfach." Sagte ich ihr. Ich konnte Lucy ansehen, wie verlegen sie war. Schockiert hob sie den Blick, als hätte ich sie gerade beleidigt. Doch es war ihre Entscheidung und ich wollte nicht, dass Gran sie zu etwas drängte. Das Leben war zu kurz für Dinge, die man nicht tun wollte. Und auch zu kurz für Höflichkeiten, die jemand nicht verdiente. Ehrlichkeit wehrte am längsten.
"Ach, Schätzchen. Ich möchte deine kleine Freundin und Maggies Schwester nur etwas kennenlernen. Ein Bild sagt viel über den Künstler aus." Erklärte sie und ich nickte. "Was sagt es über den Künstler aus, wenn er seine Werke für sich behalten möchte?" Hakte ich nach und legte mein Besteck weg. Sie wusste es. Noch ein Grund, sie davon abzuhalten neugierig in dem Leben anderer herumzustochern.
"Zeichnen ist eine Form des Nachdenkens auf dem Papier. Und Menschen die viel Nachdenken erkennen ihren eigenen Wert meist erst dann wenn es zu spät ist. Das unterscheidet gute Künstler von überragenden Künstlern." Sagte Gran hochtrabend und zwinkerte Lucy zu. Verlegen lächelte sie. Maggie kicherte leise und ich starrte sie nur böse an.
Genervt wandte ich mich wieder meinem Essen zu, doch ich ignorierte die weiteren Gespräche. Gran verwickelte alle anderen in ein Gespräch über die laufende Saison. Aber ich hatte keine Lust mich einzumischen.
Ich liebte meine Gran, doch manchmal erlaubte sie sich zu viel. Immerhin war sie hier zu Besuch und gleich die Leute auszuquetschen war einfach nicht die feine englische Art. Zudem es Lucy sichtbar unangenehm gewesen war. Sie wollte nicht über ihre Kunst reden. Sie wollte ihr nicht ihre Bilder zeigen und Gran wusste mal wieder nicht wann es genug war.
Nach ein paar Minuten, in denen ich nur auf meinen Teller gestarrt hatte, spürte ich wie jemand mir gegen den Fuß stieß. Ich blickte auf. Lucy, die mir gegenübersaß blickte mich fragend an. Verwirrt blickte ich zurück. Sie lächelte sanft. Dann streckte sie die Zunge raus. Perplex starrte ich sie an, konnte mir ein Grinsen aber nicht verkneifen. Die anderen am Tisch waren noch immer so in das Gespräch vertieft, dass sie unser Geplänkel nicht mitbekamen.
Gespielt missbilligend schüttelte ich den Kopf, doch sie lächelte nur und senkte ihren Kopf auf ihren Teller. Aß grinsend weiter. Und auch ich konnte mir mein Lächeln nicht mehr verkneifen.
Sie hatte meine Laune innerhalb von drei Sekunden wieder deutlich gehoben und ich fragte mich echt, ob es immer so sein würde. Ich wollte ihre Antwort hören. Was dachte sie? Würde sie mir mir ausgehen? Ich hoffte es sehr.
Ich war mir sicher das sie auf mich reagierte. Ich hatte Tagelang über den Kuss nachgegrübelt, wie sie ihn erwidert hatte. Wie sie auf mich reagiert hatte. Ich hatte meinen Zug gemacht. Ich hatte alle Karten auf den Tisch gelegt. Nun war sie dran. Ich konnte kaum noch etwas tun. Jetzt musste Lucy reagieren. Und ich hoffte sie würde es tun. Ich hoffte sie würde mir sagen, dass sie mit mir ausging. Es mit mir versuchte. Mir eine Chance geben. Und doch saß ich hier am Tisch und konnte sie nicht fragen. Nicht während ihre ganze Familie am Tisch saß. Nicht während meine ganze Familie am Tisch saß. Dabei wollte ich schreien. Wie schwer konnte das denn bitte sein?
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Ein Cavalier hin und weg
RomanceDer zweite Teil der Cavalier- Reihe. (Teil 1: Ein Cavalier zum Frühstück) "Ich sollte gehen. Tut mir leid." Erklärte sie mit gesenktem Blick und steuerte die Tür an. Sie sollte nicht gehen. Nicht so. Ruckartig griff ich nach ihrem Arm. Ich hatte n...