Es dauerte einen Moment, doch ich folgte Maggie ins Haus. Schon als ich die Haustür hinter mir schloss konnte ich Anton und Pippa lachen hören. Und als ich die Küche betrat, sah ich Mike den Tisch decken.
Er lächelte mir zu und stellte den letzten Teller auf den Tisch. Dann gab er mir die Hand. "Ach ne, wen haben wir denn da?" Fragte Mike väterlich. Er schaffte es immer mir ein Gefühl von Heimat zu geben. Auch ihn zählte ich mittlerweile zu meiner Familie.
Pippa lächelte mir ebenfalls zu, drückte Anton einen Brotkorb in die Hand und scheuchte ihn zum Tisch. Grinsend stellte er ihn ab und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Maggie schüttelte den Kopf, während sie eine Flasche Wein öffnete und dann ebenfalls zum Tisch kam.
Als ich zum Herd blickte und Lucy sah, wie sie, äußerst beschäftigt mit einem Kochlöffel zu sein schien, stoppte mein Herz beinahe. Obwohl ich nur ihren schmalen Rücken, ihre langen roten Haare, hochgebunden in einen unordentlichen Dutt, sah, war es als wäre die ganze Luft aus dem Raum verschwunden.
So stellte ich es mir vor. Sie bei alltäglichen Dingen zu sehen. Zu ihr zu gehen, sie zu umarmen und zu fragen, ob ich ihr helfen konnte. Ich wollte sie jeden Tag sehen. In meinem Haus. In unserem Haus.
Nur musste ich dazu erstmal herausfinden, warum sie vor mir davongelaufen war. Doch das würde ich nicht bei einem Familienessen machen. Ich würde ihr klar machen, dass ich mehr von ihr wollte, als das was ich bisher bekommen hatte. Aber ich würde sie nicht in Verlegenheit bringen.
"Setz dich, Dean." Bat Pippa mich und zeigte auf einen Platz, den sie noch schnell für mich eingedeckt hatte. Langsam ließ ich mich auf dem Stuhl nieder.
"Dean, wie geht es dir? Ich habe das Gefühl es ist ewig her, seit wir uns getroffen haben." Begann Mike und ich sah ihn an. Wir hatten uns zwar beim Grillfest gesehen, doch wirklich miteinander sprechen können, schaffte wir da nicht. Immerhin waren da eine Menge Leute da.
Außerdem hab ich da Lucy gesehen und an nichts anderes denken können, außer an sie und das Geständnis, dass sie in mich verliebt gewesen war. Damals. Mit Vierzehn.
"Ja. Im Moment bin ich etwas neben der Spur." Erklärte ich und blickte unauffällig zu Lucy, die über ihre Schulter zu uns herübersah, doch sofort den Kopf drehte, als sie meinen Blick bemerkte. "Saisonstart?" Fragte er mit einem Stirnrunzeln und ich lachte auf. "Nein. Im Team läuft für die Verhältnisse alles super." Versuchte ich ihn zu beruhigen. "Coach Davis ist ein super Coach und auch Derek und Stan, sind ziemlich klasse. Auch wenn sie ein wenig zu viel auf Zusatztraining setzen." Erklärte ich mit einem Lachen und Anton nickte. "Da sagst du was." Murmelte nur.
"Das freut mich wirklich zu hören. Ich bin froh, dass ihr gut miteinander auskommt." Obwohl er ruhig und ernst klang, hörte ich diesen sanften Unterton. Maggie hatte mir von dem Streit erzählt, den er und Dan hatte, seit... Nun eigentlich schon immer. Aber nie wusste jemand den Grund.
Mike hatte ihn Maggie aber unbeabsichtigter Weise verraten. Und nun konnte ich mir denken, dass sie zerstritten waren, wegen der kurzen aber offensichtlich Früchte tragenden Affäre, die Helena, Maggies Mom und Dan vor ziemlich genau 27 Jahren gehabt hatten.
"Derek und Stan sind die neuen Co-Trainer?" Fragte Pippa unbeteiligt und ich nickte. "Dan hat sie mitgebracht." Fügte ich aber hinzu.
Eigentlich wusste Pippa über jeden Bescheid der in der Halle arbeitete. Doch es wunderte mich nicht. Denn sie beide blieben gerne im Hintergrund, mischten sich nicht in die Arbeit anderer ein und waren froh, wenn alles lief. Jedenfalls war das mein Eindruck von ihnen.
"Manchmal glaube ich das Stan alle Menschen hasst." Erklärte Anton und ich lachte. Er hatte Recht. Denn der alte Mann blickte immer so finster, dass es mich ein wenig verunsicherte. Derek war anders. Er war auch kein Mann der großen Worte, doch die Worte die er sagte, trafen immer ins Schwarze.
Pippa kam mit zwei Schüsseln zum Tisch und stellte sie in die Mitte. Keine zwei Minuten später folgte Lucy ihr, ebenfalls mit zwei vollen Händen. Während Pippa sich links neben mir, am Kopf, gegenüber von Mike niederließ, blieb Lucy nur übrig rechts von mir Platz zu nehme. Anton saß mir gegenüber und links neben ihm saß Maggie.
Er blickte mich fragend an und nickte zu Lucy, doch ich schüttelte nur den Kopf. Als hätte ich Zeit gehabt mit ihr zu sprechen. Doch er nickte nur und legte dann seine Hand auf Maggies Rückenlehne.
Maggie war erstaunlich ruhig. Mir fiel vor allem auf, wie abweisend sie Mike gegenüber war. Natürlich konnte ich das irgendwie verstehen, doch bis jetzt war es mir noch nicht wirklich aufgefallen. Sie hatte kein Wort mit ihm gewechselt, seit ich den Raum betreten hatte. Was eigenartig war, denn Maggie hatte ihren Dad immer vergöttert.
"Ich hoffe es schmeckt." Sagte Lucy in die Stille. Ihre Stimme drang in mich ein und ich schnappte nach Luft. Es war absurd, wie sehr ich auf sie reagierte. Alleine das sie so nah neben mir saß, trieb meinen Puls nach oben.
Pippa stand auf und griff nach dem Kartoffelbrei, tat sich etwas auf und reichte ihn an Anton weiter. Nach ein paar Minuten war mein Teller voll mit Essen. Und obwohl mir alles von Lucy gereicht wurde, hatte sie mir noch nicht einmal in die Augen geschaut. Dabei wollte ich ihre Augen sehen, wollte in ihren Kopf gucken. Man sagte doch, dass die Augen das Tor zur Seele waren, oder?
"Ich habe gehört ihr wart letzte Woche bei der Hall of Fame?" Fragte Mike, als alle ihr Essen hatte und ich nickte. Doch ich wollte nicht als einziger antworten. Zu meiner Überraschung sagte Lucy etwas.
"Ja. Wir haben beschlossen Anton ein wenig die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten zu zeigen." Begann sie und sah ihren Dad dabei an. Doch dann blickte sie zu Maggie und Anton. "Aber er findet Maggie viel interessanter als jedes Gebäude." Sie lachte auf, ich grinste. Anton nickte nur und Maggie senkte verlegen den Kopf.
"Nun ich weiß nicht, ob ich froh darüber sein soll." Erklärte Mike und lachte ebenfalls. Schweigend lauschte ich dem Gespräch und aß. Das Essen war himmlisch. Ich konnte mich nicht einmal daran erinnern, wann ich das letzte Mal etwas selbst gekochtes gegessen hatte.
"Dad du kannst froh sein." Begann Pippa. "Denn wenn wir niemanden finden der unseren Wahnsinn aushält, wirst du uns niemals los. Willst du wirklich den Rest deines Lebens mit uns dreien verbringen?"
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Ein Cavalier hin und weg
RomanceDer zweite Teil der Cavalier- Reihe. (Teil 1: Ein Cavalier zum Frühstück) "Ich sollte gehen. Tut mir leid." Erklärte sie mit gesenktem Blick und steuerte die Tür an. Sie sollte nicht gehen. Nicht so. Ruckartig griff ich nach ihrem Arm. Ich hatte n...