51// Einer von vielen.

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Es war kurz vor zehn als ich bei Maggie an der Tür klopfte. In der Hand hatte ich Bier und Eis. Ich musste mit ihr reden und ihre Meinung hören. Sie hatte das Talent dafür objektiv zu bleiben. Jedenfalls irgendwie. 
Es  war schwer genug gewesen Lucy von mir zu überzeugen. Doch würde sie mit mir, für mich, umziehen?
Jetzt?
Auch wenn die Diagnose lautete, dass sie Krebszellen im Körper hatte, schienen sie sich nicht zu setzen  oder nicht zu wachsen. Die ambulante Therapie würde sechs Wochen dauern und erst danach könne man sagen, ob es etwas gebracht hatte. Ob sie anschlug.
Und ich würde sie nicht alleine lassen. Doch wenn ich hier keinen Job hatte, was sollte ich dann tun? Und Marylin würde auch nicht ewig alleine bleiben können.
Es gab so viele Baustellen und ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Und es war immer Maggie, die es geschafft hatte mich zu sortieren. 
Noch vor einigen Wochen hatte ich ihr vorgeworfen, dass sie nicht mit mir sprach und jetzt tat ich exakt das selbe. Tja, ich war ein Heuchler. 
Doch als wir drei Stunden später auf ihrer Couch saßen, die Bier - wobei nur ich getrunken hatte - und auch das Eis vernichtet hatten und ich alles gebeichtet, war dieses Problem jedenfalls gelöst. 
"Du stehst wirklich auf meine kleine Schwester." Sie kicherte. Ich nickte. "Also mir war klar, dass du sie magst. Aber das du volle Elle in sie verliebt bist?" Wieder lachte Maggie. "Immerhin war sie schon vor zehn Jahren in dich verliebt." Ich nickte.
"Aber weißt du was ich nicht verstehe?" Wollte sie wissen. Ich schüttelte den Kopf. "Warum sagst du ihr nicht all das, was du mir gerade gesagt hast?" Fragte sie mich. "Und nur als Anmerkung. Dan wird dich nicht rausschmeißen, dafür sorge ich schon. Aber wenn du gehen willst...?" 
Ja, warum sagte ich Lucy nicht einfach alles? Ganz einfach. Ich hatte Angst, dass sie einen Rückzieher machen würde. 
Es war schwer genug an diesen Punkt mit ihr gekommen zu sein. Und ich wollte nicht, dass sie sich wieder zurückzog und irgendeine Bescheuerte Ausrede erfand. Denn darin war sie gut. 
"Ich habe ein Jobangebot bekommen." Sagte ich ihr und sie runzelte die Stirn. "Marylin ist nicht der einzige Grund für mich wieder nach LA zu ziehen." Maggie nickte. 
Das war eines der Dinge, die ich an ihr am meisten liebte. Sie verurteilte mich nicht. Sie warf mir auch nichts vor. Sie wollte das beste für mich und hielt nichts zurück.
"Du würdest diesen Job gerne annehmen?" Fragte sie, um ganz sicher zu gehen. Ich nickte. Gäbe  es Lucy nicht, wäre ich schon längst soweit. Ich würde die Saison beenden und wäre auf und davon.
"Es ist in der Nachwuchsförderung, Maggie.  Die Lakers haben dieses Programm auf die Beine gestellt und hätten mich gerne dabei." Sie lächelte sanft. "Das ist wirklich toll." Sie meinte es so. "Du musst es ihr sagen. Sie wird es eh erfahren. Und ganz ehrlich Dean, du kannst nicht deine Karriere beenden, weil Lucy nicht nach LA möchte. Das ist eine gewaltige Chance und wenn sie dich gerne hat, wird sie dir das nicht verbauen. Egal was bei ihr gerade abgeht." Ich schnaubte. "Sie hat Krebs." Warf ich ein, doch Maggie schüttelte den Kopf. "Man hat Krebszellen gefunden. Aber so früh, dass die Therapie nebenher laufen kann." Erklärte sie und spielte das ganze herunter. "Sie wird nach Phoenix zurückmüssen um ihren Abschluss zu machen. Und unterrichten kann sie hier und in LA." Bei ihr klang das alles so einfach. 
"Ich scharwenzelt umeinander herum. Redet Klartext. Das hilft ihr und das hilft dir." Wieder schnaubte ich. Es war ja nicht so, dass ich ihr nicht schon gesagt hatte, was ich von ihr wollte. Sie wusste es ziemlich genau. 
Aber dennoch musste ich zugeben, dass Maggie Recht hatte. Denn ja ich hatte Lucy gesagt was ich von ihr wollte. Aber ich hatte nie über das Leben, unser, gemeinsames Laben gesprochen. Mir war immerhin von Anfang an klar, dass wir beide nicht ewig so weitermachen konnten. Und ich war mehr als bereit etwas ernstes mit ihr anzufangen. 
"Was wenn ihr nicht gefällt, was ich zu sagen habe?" Diesmal schnaubte Maggie. "Wenn sie nicht bereit ist mit dir in eine der aufregendsten Städte der Welt zu ziehen, dann ist sie eine Idiotin. Und sie ist meine Schwester, ich weiß, dass sie keine Idiotin ist." Sie lächelte. "Ich weiß sie mag dich. Seit sie vierzehn ist, was  eine ziemlich lange Zeit ist, wenn man bedenkt, dass sie ihre Männer sonst wechselt wie Unterwäsche." Diese Geschichten kannte ich. 
Manchmal hatte ich geglaubt, dass Maggie eifersüchtig auf Lucy war, wenn sie von ihr erzählte. Denn auch wenn Lucy das liebste Mädchen der Welt war, hatte  sie doch ein Leben, dass Maggie sich nicht hatte erlauben können. 
Früher hatte sie immer erzählt, wie viele Jungs Lucy mochten. Selbst der Junge in den Maggie verknallt war, mochte nur ihre kleine Schwester. Nun und wenn er nicht gerade auf Lucy stand, war er in Pippa verliebt. Damals hätte ich diesem Jungen gerne eine reingehauen, doch das wäre meinem Ruf nicht zugute gekommen. Vor allem, weil die Leute eh schon glaubten, dass Maggie und ich zusammen waren. 
Irgendwann war aus der sehnsüchtigen Stimme eine verurteilende geworden. Lucy hatte zu jeder Familienfeier, die sie vom College zurückgekommen war, einen anderen, neuen Mann mitgebracht. Ich hatte mir immer von Maggie brühwarm erzählen lassen, welche Macke er hatte. Am besten hatte mir der baumumarmende Esoteriker gefallen. Doch ich hatte nie einen Gedanken daran verschwendet. Zumal ich fest plante keiner dieser Männer zu sein. 
Maggie lächelte und sah mich an. "Weißt du seit sie wieder hier ist, ist sie anders." Erwähnte sie. "Sie flirtet nicht mit jedem Typen, den sie sieht. Sie flirtet eigentlich mit keinem Typen. Und wenn sie dich ansieht, dann geht ihr Licht an." Noch immer lächelte sie sanft und blickte dann auf ihre, im Schoß liegenden, Hände. 
"Ich glaube nicht, dass du einer von vielen bist und ich würde mir sogar wünschen, dass ihr beide das packt. Sie verdient einen guten Mann..." Sie hob den Blick und legte ihre Hand auf mein Knie. Ich liebte Maggie wirklich. Sie war meine Familie. 
"... und du, Dean Thomas, bist der beste Mann den ich kenne." 

Ein Cavalier hin und wegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt