Sectumsempra

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Hallo zusammen und willkommen zum nächsten Kapitel! Heute kommen wir zu einem (hoffentlich) sehr spannenden Kapitel. Der Titel verrät es ja schon ;) Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir eure Meinung zu den Entwicklungen mitteilt, und auch Vermutungen anstellt, wie die Beziehung zwischen Cat und Draco bzw. Cat und Harry nun weitergeht. Viel Spaß beim Lesen! :)


Der Waschraum wurde so gut wie gar nicht mehr von den Schülern benutzt, was vor allem an der ständigen Anwesenheit der Maulenden Myrte lag. Cat hatte zwar keine Lust, auf den Geist zu treffen, doch hier war sie wenigstens sicher, dass niemand sie finden würde. Tränen liefen ihr über die Wangen und sie schniefte immer wieder. Sie wusste nicht, wie lang sie sich bereits in dieser Kabine verkrochen hatte. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie die Trennung von Draco mehr oder weniger gut verkraftet hatte. Das Verschwindekabinett zu finden, hatte sie in der Annahme bestätigt, dass die Trennung andere Gründe haben musste als die simple Erklärung, dass er sie nicht mehr liebte. Aber dann hatte sie ihn mit Astoria gesehen, eng beieinander, flirtend. Die Beiden so zu sehen, hatte alles wieder aufgewirbelt und Cat in eine tiefe Trauer gezogen. Und das Schlimmste daran war, dass sie sich dem nicht entziehen konnte, denn seitdem hing die jüngere Greengrass wie eine Klette an dem Blonden.

Bei dem Gedanken daran schluchzte sie erneut und hielt sich die Hand vor den Mund, damit das Geräusch nicht an den Wänden entlang schallte. Harry und Hermine gaben sich in den letzten Tagen die größte Mühe, die Blonde von den Slytherins fernzuhalten, allerdings gelang das nur bedingt. Sie hatte sich hierher geflüchtet, um etwas Ruhe zu finden und ihren Gefühlen freien Lauf lassen zu können.

Plötzlich hörte Cat Schritte, die an den Wänden des Waschraums widerhallten. Die Blonde zog die Beine an, sodass sie unter der Tür hindurch nicht mehr zu sehen war. Eilig wischte sie sich die Tränen von den Wangen und drückte sich die kalten Hände darauf. Wenn jemand sie finden sollte, wollte sie nicht völlig verheult aussehen, sie wollte sich nicht erklären müssen.

Die Schritte waren am Waschbecken stehen geblieben, der Wasserhahn wurde aufgedreht und Wasser spritzte durch die Gegend. Draco Malfoy rieb sich das Gesicht mit der kalten Flüssigkeit ab, sein überhitztes Gemüt konnte er aber nicht abkühlen. Es hatte nicht funktioniert, der Vogel war erneut tot im Verschwindekabinett angekommen. Er war vollkommen ratlos. Er hatte nun wirklich alles versucht, jedes Buch mehrfach gelesen, doch er verstand einfach nicht, wieso es nicht gelingen wollte. Und allmählich lief ihm die Zeit davon. Der Dunkle Lord wurde bereits ungeduldig und noch immer hatte er keinen seiner Aufträge erledigen können. Dumbledore war noch am Leben und die Todesser konnte er immer noch nicht ins Schloss schmuggeln. Wenn es ihm nicht gelang, dann würde sein Meister...

Er wollte den Gedanken nicht zu Ende bringen. Der Slytherin seufzte schwer und musterte das Gesicht, das ihn aus dem Spiegel heraus ansah. Der blonde Junge vor ihm war kalkweiß, unter seinen Augen bildeten sich tiefe, dunkle Ringe und sein Gesicht sah vollkommen eingefallen aus, beinahe schon abgemagert. Die Arme, die er auf den Rand des Waschbeckens gestützt hatte, zitterten stark. Er spannte die Muskeln an, doch das Zittern blieb. Dieser Junge war schwach und wenn es etwas gab, dass Draco hasste, dann war es Schwäche. Mit Abscheu blickte er seinem eigenen Gesicht entgegen, er widerte sich selbst an. Mit der geballten Faust holte er plötzlich aus und schlug auf den Jungen im Spiegel ein.

Cat hörte, wie Glas zerbarst und klirrend zu Boden fiel. Sie presste sich die Hand auf den Mund, um nicht vor Schreck aufzuschreien. Ihr Herz schlug wie verrückt. Was geschah dort draußen? Ein leises Wimmern drang an ihr Ohr, jemand schniefte – so laut, dass es sogar über das Rauschen des Wassers zu hören war. Vielleicht hatte sich derjenige verletzt? Sie wollte da jetzt nicht rausgehen, doch sie wusste, dass sie helfen musste, wenn etwas geschehen war.

Die Gryffindor atmete noch einmal tief ein und wieder aus, dann glitt sie vom Toilettendeckel herunter und öffnete die Tür. Sie trat ein paar Schritte heraus und sah herüber zu den Waschbecken. Dort stand er. Die platinblonden Haare hätte sie überall wiedererkannt. Sein Körper zuckte bei jedem Schluchzer heftig zusammen. Um ihn herum verteilt lag der Spiegel in Scherben, an ein paar Teilen klebte rotes Blut. „Draco", flüsterte sie überrascht und trat näher an das Waschbecken heran.

Der Slytherin wirbelte herum, er hatte erst jetzt bemerkt, dass jemand hinter ihm stand. Panik zeichnete sein Gesicht, er war kalkweiß, seine Augen waren rot und völlig gereizt und er hielt sich krampfhaft an einem der Waschbecken fest. „Catherine? Was tust du hier? Du solltest nicht hier sein. Du solltest mich so nicht sehen. Es ist besser, du gehst jetzt."

Seine Stimme hätte vermutlich drohend klingen sollen, doch das Wimmern nahm den Worten die ganze Wirkung. Cat presste die Lippen aufeinander und schüttelte langsam den Kopf. Sie kam nun näher an ihn heran und legte sanft eine Hand auf seine Wange. Vorsichtig strich sie mit ihrem Daumen über seine Wangenknochen und fuhr über die angeschwollenen Augenringe. Seine Haut war rau und spröde, salzige Tränen klebten darauf, die Augen waren gerötet vor lauter Müdigkeit. Vergeblich versuchte er, das Schluchzen zu unterdrücken, doch es gelang ihm nicht, das Zittern seiner Lippen zu verhindern. Die Blonde beobachtete es einen Augenblick, ehe sie ihm wieder in die Augen sah. Ihr Herz zog sich krampfhaft und schmerzlich zusammen von diesem Anblick. „Was ist nur mit dir geschehen?", hauchte sie benommen.

Alles in ihm schrie ihn an, sich ihrem Griff zu entziehen, sie anzuschreien und wegzuschicken. Es wäre das Richtige, er musste allein damit fertig werden und konnte sich nicht leisten, jemanden hineinzuziehen – besonders nicht sie. Doch sein Körper war wie gelähmt und die warme, sanfte Berührung an seiner Wange wirkte wie Balsam für seine gebrochene Seele. Sie war es schon immer gewesen, sein Fels in der Brandung, sein Halt, wenn alles andere verloren schien. Und er hatte sie vermisst, so unendlich vermisst.

Draco wusste, dass jetzt die Zeit gekommen war, um ihr die Wahrheit zu sagen. Doch er hatte Angst davor, wie sie reagieren würde, wenn sie es wusste. Er könnte es nicht ertragen, wenn sie ihn hassen würde, denn das bedeutete, dass sie keine Zukunft zusammen haben würden. Seine zitternde Hand begann langsam, den Ärmel seines weißen Hemdes nach oben zu krempeln. Cat sah ihm geduldig dabei zu und keuchte erschrocken auf, als der erste Teil des schwarzen Bildes zum Vorschein kam, konnte den Blick aber nicht davon abwenden. Erst, als das dunkle Mal vollständig entblößt war, sah sie dem Blonden kurz in die Augen, um die Erlaubnis zu erhalten, es anzufassen.

Beinahe ehrfürchtig streckte sie die Hand danach aus. Der Slytherin wich kurz erschrocken über diese ungewohnte Berührung zurück, ließ sie dann aber wieder fortfahren. Ganz vorsichtig, so als würde sie ihn verletzen, wenn sie das Mal nachfuhr, strich sie darüber, zeichnete den Totenkopf mit ihrem Finger nach und folgte der Schlange in einer schwungvollen Bewegung nach unten. Die Haut unter dem Mal war rau und pulsierte warm unter ihrer Berührung. Wie hypnotisiert folgten ihre Augen den Fingern, sie atmete flach. Dann glitt ihre Hand ins Leere und sie sah wieder in Dracos Gesicht, das von einer Mischung aus Angst und Schuld geprägt war. Cat schluckte hart, dann hauchte sie heiser: „Bis zur letzten Sekunde habe ich gehofft, dass es nicht wahr ist. Ich wollte einfach nicht glauben, dass du einer von ihnen bist. Nicht einmal dann, als alle Beweise vor mir lagen."

Die Blonde wandte sich von dem Slytherin ab und beschattete ihre Augen mit der Hand. Ihre Haut war leichenblass, der Schock hatte die Farbe aus ihrem Gesicht verbannt. Sie wehrte sich krampfhaft gegen die aufsteigenden Tränen in ihren Augen. Immer wieder schüttelte sie den Kopf, versuchte, die Wahrheit zu begreifen, doch so sehr sie es auch wollte, sie verstand es einfach nicht. Dann hatte Harry also Recht gehabt. Mit den Todessern und dem Auftrag. Aber was war mit den anderen Ereignissen in diesem Schuljahr? Ruckartig drehte sie sich wieder zu Draco um und fragte: „Dann warst du das also? Mit Katie und Ron? Du hast ihr die Kette gegeben und den Met vergiftet?"

„Das waren Unfälle. Es hätte die Beiden niemals treffen sollen", verteidigte der Blonde sich sofort.

Abschätzig zog Cat die Augenbrauen hoch und funkelte ihr Gegenüber wütend an. „Und wen hätte es treffen sollen?"

Der Slytherin zögerte einen Augenblick, ehe er murmelte: „Dumbledore."

„Dumbledore?", wiederholte die Blonde ungläubig.

„Er will seinen Tod! Dumbledore ist eine Gefahr für seine Pläne und ich soll ihn aus dem Weg schaffen!" Draco war panisch geworden und seine Stimme kam schrill und viel zu laut aus seinem Mund, doch er konnte es nicht länger zurückhalten.

„Aber weil du ihn nicht einfach auf offenem Gang ermorden kannst, wolltest du ihn vergiften und verfluchen", schlussfolgerte die Gryffindor. „Aber was hat ein Verschwindekabinett mit Dumbledores Tod zu tun?"

„Woher...?"

Cat unterbrach seine Frage direkt. „Blaise und ich sind dir in den Raum der Wünsche gefolgt und haben es dort entdeckt. Felix hat uns geholfen."

Zunächst verstand Draco nicht, wovon sie sprach, doch dann begriff er und riss erschrocken die Augen auf. „Du hast doch nicht etwa alles verbraucht?", fragte er eindringlich.

„Es ist noch etwas mehr als die Hälfte übrig", antwortete sie und runzelte verwirrt die Stirn. „Wieso?"

Der Slytherin schluckte hart. Das Nächste würde schwierig werden. Nicht nur, dass er einen Menschen töten sollte, den Cat sehr schätzte, er musste auch noch ganz Hogwarts und damit ihre Freunde in Gefahr bringen. „Wenn ich es geschafft habe, Dumbledore umzubringen, dann muss ich die Todesser ins Schloss bringen. Und glaube mir, dann kann dir nur Glück dabei helfen, das zu überstehen."

„Und ein Verschwindekabinett ist die einzige Möglichkeit, die Schutzmaßnahmen um Hogwarts zu umgehen", schlussfolgerte die Blonde. Endlich ergab alles Sinn: was Harry gehört hatte, die Unfälle und was Blaise und sie gefunden hatten, passte nun endlich zusammen. Doch da war noch eine Frage, die offen blieb. „Wieso, Draco? Wieso das alles?"

„Glaubst du, ich habe das gewollt? Denkst du, ich habe Spaß daran Tag und Nacht zu versuchen, dieses dumme Kabinett zu reparieren oder Dumbledore umzubringen? Mal ganz abgesehen davon, dass diese Aufgaben unlösbar sind!" Der Slytherin war mittlerweile wütend geworden und seine Stimme kam laut und bestimmt aus seiner trockenen Kehle. „Ich hatte keine Wahl. Er zwingt mich dazu. Mein Vater sitzt in Askaban und ich büße für seine Fehler. Ich muss es tun, sonst..." Er stockte.

„Sonst was, Draco?"

„Sonst tötet er meine Familie", gab er leise zu und ließ den Kopf sinken. Es fiel ihm schwer, all das, was ihn so lange schon belastete, endlich auszusprechen. „Und wenn er das getan hat, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis er dich findet. Und ich kann nicht zulassen, dass er Menschen tötet, die ich liebe."

„Du..." Cat verschluckte sich beinahe an ihrer eigenen Spucke. „Du liebst mich?"

„Natürlich liebe ich dich! Seit dem Tag, an dem ich dich in diesem umwerfenden, roten Kleid gesehen habe, und bis in alle Ewigkeit", beteuerte der Slytherin mit fester Stimme. Noch nie war er sich im Leben einer Sache so sicher gewesen und er wusste, wenn er es nicht aussprach, würde er sie verlieren.

„Aber Astoria...?" Die Blonde brachte es nicht fertig, die Frage zu beenden.

Sofort schüttelte Draco abwehrend den Kopf. „Unsere Väter wünschen sich eine Verbindung unserer Familien und Astoria ist von diesem Gedanken sehr angetan. Ich habe andere Pläne."

Die Gryffindor nickte und schöpfte aus seinen Worten wieder etwas Mut. „Und was war das dann an Slughorns Weihnachtsfeier?"

„Du wolltest einfach nicht aufhören, Fragen zu stellen. Und je tiefer du darin verwickelt bist, je näher wir uns sind, desto mehr bist du in Gefahr. Und das wollte ich verhindern. Ich wollte, dass du in Sicherheit bist", erklärte er so ruhig es ihm möglich war.

Die Geschichte von Catherine O'NeillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt