Wer bin ich?

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Kennt ihr das, wenn man alles in Frage stellt, was man bislang kannte? Wenn man verzweifelt nach Antworten sucht? Genau so geht es Cat gerade. Ob sie wohl von jemandem Informationen erhält? Schreibt mir doch gerne eure Vermutungen, was die Erwachsenen ihr verheimlichen! :)


Nachsitzen bei Dolores Umbridge gehörte definitiv zu einer der besonders verstörenden Erfahrungen in Cats Leben. Das lag nicht nur an den mittelalterlichen Methoden, die Schüler damit zu quälen, Sätze zu schreiben, die sich in ihre Handrücken eingravierten. Vielmehr trug dazu auch das Schreckgespenst, das diese Frau ihr Zimmer nannte, bei. Alles war schrecklich rosa angemalt, es hingen Teller an der Wand, auf denen Katzen zu sehen waren, die sich bewegten. Und Dolores Umbridge saß dort und beobachtete die beiden Rebellen mit einer unaussprechlichen Genugtuung. Jedes Mal, wenn die Schrift zittrig und langsam wurde oder einen der beiden ein kleines, schmerzhaftes Zucken durchfuhr, kräuselten sich die Lippen der Lehrerin zu einem kaum merklichen, hämischen Grinsen.

Harry und Cat hatten die Qualen ertragen, jeden Freitag, stundenlang, trotz dem Gryffindor Quidditch Training. Aber es war nur halb so schlimm, denn sie waren zusammen und immer, wenn sie sich ansahen, wussten sie, dass sie nicht allein mit der Situation waren und das gab ihnen das nötige Durchhaltevermögen. Sie waren sich einig gewesen, keinen Hehl um ihre Situation zu machen und keinen der Lehrer zu informieren, ganz entgegen Hermines Meinung.

Nicht ein einziges Mal hatte Cat in der ganzen Zeit, die verstrichen war, mit ihren Freunden über ihre mögliche Adoption gesprochen. Überhaupt hatte sie seitdem jegliche Recherche zu diesem Thema und zur Elementarmagie eingestellt. Nachts schlief sie zuweilen recht unruhig, wachte sogar hin und wieder aus einem Alptraum auf und vor ihrem inneren Auge malte sie sich Szenen aus, die sie beinahe nicht von der Realität hätte unterscheiden können. Sie dachte in dieser Zeit oft an Harry und wie es ihm ohne seine Eltern ergangen war. Manchmal fragte sie sich sogar, ob ihre Eltern wohl ein ähnliches Schicksal erfahren mussten.

Einmal wöchentlich stahl die Blonde sich kurz vor Sperrstunde in die Kerker, um mit Snape weiter an ihrer Fähigkeit und auch an Okklumentik zu arbeiten. Dabei hatte sie immer seltener das Gefühl, etwas Neues dazuzulernen und immer öfter beschlich sie der Gedanke, man wollte sie nur überwachen und klein halten. Sie glaubte nicht einmal, dass diese Idee von Snape kam, der sich beinahe verständnisvoll für ihre Situation aufopferte und ihr bei jeder noch so kleinen Frage versuchte, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Aber dennoch hatte die Gryffindor es kein einziges Mal gewagt, ihren Lehrer auf ihre Vermutungen und ihre Erkenntnisse aus den Ferien anzusprechen. Und auch der ehemalige Slytherin schien keinerlei Regungen zu hegen, die fragliche Situation über die Herkunft ihrer Gabe irgendwie aufklären zu wollen oder zu können.

Cat wusste nicht recht, was von beidem zutreffender war, denn, wenn sie ehrlich war, glaubte sie, dass Snape, selbst wenn er etwas wüsste, es ihr niemals sagen durfte. Denn über allem stand immer Dumbledore. Seit Beginn des Schuljahres hüllte der alte Mann einen Schleier voller Geheimnisse um sein Handeln und Denken und weihte scheinbar niemanden mehr ein. Zumindest nicht jene, die am meisten davon betroffen waren – Harry und Cat. Und beiden stank all das gewaltig. Zuerst waren sie regelrecht verwirrt über das Betragen des Schulleiters, doch mittlerweile fühlten sie sich mehr als verunsichert und im Stich gelassen. Und was Cat betraf, machte es sie beinahe wütend, nur hingehalten zu werden.

Doch nun, nachdem sie schon eine Weile wieder in Hogwarts waren, hielt sie es einfach nicht mehr aus. Es nervte sie gewaltig, dass der Schulleiter sie noch nicht ein einziges Mal zu sich gebeten hatte. Natürlich hatte er gerade anderes zu tun, wenn man bedachte, dass das Ministerium ihn quasi beaufsichtigen ließ. Aber zumindest ein ‚Hallo' wäre wohl nicht zu viel verlangt gewesen. Immerhin kannte sie ihn schon seit sie klein war.

Also machte sie sich eines Abends nach ihrem Unterricht bei Snape auf, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Cat stürmte in das Büro herein, noch ehe die Tür sich vollkommen geöffnet hatte. „Professor Dumbledore, es ist nötig, dass wir uns unterhalten!"

„Guten Abend, Catherine, ich hoffe, du hattest eine angenehme Anreise und erholsame Ferien. Wie kann ich dir helfen?", begrüßte der Alte sie mit seinem nur zu bekannten seligen Lächeln.

„Erholsam kann man das nun wirklich nicht bezeichnen, was Sie Professor Snape angewiesen haben, mit mir zu tun! Diesen Fluch zu kontrollieren kostet mich all meine Zeit, Nerven und Kraft", grummelte die Blonde und ließ sich auf den Stuhl vor dem Pult fallen. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, wütend zu sein und das Büro nicht ohne Antworten wieder zu verlassen. Doch nun, als sie auf diesem Stuhl saß, überkam sie eine besonders große Erschöpfung.

„Ich bin mir sicher, dir wird der Umgang mit dieser Fähigkeit mit der Zeit immer leichter fallen. Wie ich von Professor Snape bereits erfahren durfte, hast du bemerkenswerte Fortschritte gemacht", entgegnete Dumbledore und legte den Kopf etwas nach unten, um das Mädchen über den Rand seiner Brille genau unter die Lupe nehmen zu können. „Und wie ich dir bereits vor den Ferien deutlich gemacht habe, Catherine, ist dies kein Fluch, sondern viel mehr eine besondere Gabe. Elementarmagie ist äußerst selten, nicht einmal in großen, reinblütigen Zaubererfamilien tritt es häufig auf."

Interessiert lehnte sich die Gryffindor nun in ihrem Stuhl nach vorne. „Und genau da sind wir bei meinem eigentlichen Anliegen. Ich bin gar nicht muggelstämmig, nicht wahr, Professor?"

Der Schulleiter legte den Kopf schief und mit sanfter Stimme erwiderte: „Ich verstehe nicht ganz, worauf du hinaus willst, Catherine."

„Bei allem Respekt, Professor, aber halten Sie mich wirklich für so leichtgläubig? Ich habe mich ebenso über diese Fähigkeit erkundigt wie Sie. Ich habe Bücher gewälzt während den Nächten, in denen ich schlaflos war. Noch nie, nicht ein einziges Mal wurde Merlins Geschenk an eine muggelstämmige Hexe weitergegeben. Sie tritt nur bei langjährigen reinblütigen Familien auf, wenigstens Halbblüter waren die Betroffenen. Und ich habe meinen Stammbaum genauer angesehen. Es gibt und gab niemals Zauberer in der Familie O'Neill. Keine Halbblüter, keine Muggelstämmigen, nicht mal Squibs. Also bin ich zum Londoner Rathaus und dort sagte man mir, dass zu meinem Namen keine Geburtsurkunde vorliegt. Meine Eltern hätten das niemals vergessen. Damit gibt es nur eine einzige plausible Erklärung hierfür: eine Adoption", sprudelte es aus Cat heraus.

Mit jedem Wort war ihre Stimme etwas brüchiger geworden, ihr Hals etwas trockener, das Atmen etwas schwieriger. Und jetzt, mit müden Augen, eingefallenen Schultern, schaute sie den alten Mann an und wirkte dabei so hilflos und verloren, wie sie es nie sein wollte. „Ich bin adoptiert, nicht wahr, Professor?"

Eine Weile saßen beide nur stumm da und sahen sich unentwegt an. Jetzt, da sie es endlich ausgesprochen hatte, war eine enorme Last von ihren Schultern gefallen und im Grunde war es ihr gleichgültig, wie die Antwort ausfallen würde.

Mit einem leisen Seufzen erhob der Alte sich von seinem Stuhl und ging um das Pult auf die Gryffindor zu. Er lehnte sich an den Tisch und ergriff mit seiner Hand die ihre, um sie sanft zu tätscheln. Dabei strich er über die Wunde auf ihrem Handrücken und musterte sie bedächtig.

„'Ich soll das Ministerium nicht in Frage stellen'", las er laut vor und sah sie dann an. „Ich sehe, du hast bereits Bekanntschaft mit Professor Umbridge und ihren Methoden gemacht."

Die Blonde nickte stumm.

Die Geschichte von Catherine O'NeillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt