Ein schwieriges Gespräch

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Hallo zusammen, mich würde mal interessieren, wie ihr die Kapitellänge generell findet. Sind euch die Kapitel tendenziell zu lang? Oder ist der Umfang gut? Dieses Kapitel hat z.B. etwa 4100 Wörter und ist damit auch über dem Schnitt. Normalerweise sind es so 3200 Wörter pro Kapitel. Lasst mir doch gerne eure Meinung da! :) Und natürlich auch zum Inhalt der Geschichte! Wie findet ihr die Beziehung zwischen Cat und Draco? Und wie wird es wohl mit dem Trio weitergehen? Viel Spaß beim Lesen und einen frohen vierten Advent!



Harry verließ als Erster an diesem Tag das Abendessen. Er wollte einen Moment Ruhe von Hermines und Ginnys haltlosen Befürchtungen über sein Buch für Zaubertränke. Wenn er nicht so wütend darüber wäre, hätte er ihre Bedenken vielleicht nachvollziehen können. Aber gerade jetzt wollte er einfach nur weg. Er verließ die Große Halle, bog um die Ecke und blieb abrupt stehen, als er erkannte, wer dort an der Wand lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt und den Blick auf ihn gerichtet. Cat hatte ganz eindeutig auf ihn gewartet. Sie stieß sich von der Wand ab und kam auf den Schwarzhaarigen zu. „Können wir reden?"

„Mit dir habe ich absolut nichts mehr zu bereden." Der Gryffindor rauschte an ihr vorbei, bestieg schon die erste Treppenstufe, da wurde er noch einmal aufgehalten.

„Dieses Buch gehört dem Halbblutprinzen", zitierte sie laut, sodass Harry stocksteif stehen blieb und sich langsam zu ihr umdrehte. „Ganz recht, ich habe es gesehen, als es offen auf dem Boden lag."

„Und nun?", fragte er spöttisch. „Willst du mich bei McGonagall verpetzen? Denn ich bin mir recht sicher, dass du nicht willst, dass dein kleines Geheimnis die Runde macht. Könnte übel für dich und ihn enden."

Irritiert weiteten sich Cats Augen und sie musste ein paar Mal stark blinzeln, um sich zu vergewissern, dass diese Szene tatsächlich stattfand. „Drohst du mir etwa gerade?" Als ihr Gegenüber nur mit den Schultern zuckte, trat sie eilig ein paar Schritte an ihn heran, damit sie nicht belauscht werden konnte. „Ich würde dich niemals verpetzen! Ich will nur, dass du dir im Klaren darüber bist, was du da bei dir hast und nicht einfach allem blind vertraust, was darin steht."

„Das ist nicht Riddles Tagebuch, verdammt! Es ist nur ein Schulbuch!", wiederholte er zunehmend wütend. Schlimm genug, dass er sich diese Vorwürfe von Hermine und Ginny anhören musste.

„Harry, meinst du nicht auch, dass jemand, der sich selbst als ‚Halbblutprinz' bezeichnet, nicht mehr alle Besen in der Kammer haben kann?" Die Stimme der Gryffindor klang besorgter als sie es beabsichtigt hatte. „Du hattest Glück heute, aber wer weiß, was noch alles Komisches darin zu finden ist?"

„Was soll daran komisch sein? Mein Vater und seine Freunde haben sich auch Spitznamen gegeben. Moony, Wurmschwanz, Tatze und Krone. Denkst du etwa auch, dass sie verrückt waren?"

„Das habe ich nie behauptet, Harry", wich sie der Frage aus.

Ein verächtliches Schnauben verließ die Kehle des Schwarzhaarigen. „Du bist doch nur eifersüchtig, dass dein intriganter Freund nicht die zweite Phiole gewonnen hat!"

Wütend verschränkte die Blonde die Arme vor der Brust. Wie hatte sie auch denken können, dass auch nur ein einziges Gespräch mit dem Auserwählten vergehen könnte, ohne dass er auf ihre Beziehung mit dem Slytherin anspielen musste? Wie konnte sie glauben, dass Harry ihre Besorgnis mit offenen Armen empfangen würde? Er hasste sie, das war ihr mit einem Schlag klarer als jemals zuvor. Und sie war es ein für alle Mal leid, ihm hinterher zu laufen wie ein Hund und um Verzeihung zu bitten. „Das hier hat überhaupt nichts mit ihm zu tun! Und dieses flüssige Glück ist mir auch völlig egal! Es geht mir um dich – um uns!"

„Nun, du kannst ihm deinen Preis ja gerne überlassen, denn kein Glück der Welt wird dir dabei helfen, dass ich dir noch einmal vertraue. Und jetzt halte dich gefälligst ab sofort aus unseren Angelegenheiten heraus!", stellte Harry wütend klar.

Der Schock, der von dieser Aussage ausging, ließ Cats Arme, die noch zuvor vor ihrer Brust verschränkt waren, schlapp an der Seite herunter hängen. Ihr Mund klappte leicht auf, sie wollte etwas sagen, doch es kamen keine Worte heraus. Erst, als sie einmal schwer schluckte, schien sie ihre Stimme wiederzufinden. „Ist das wirklich dein letztes Wort, Harry Potter? Ich habe immer zu dir gehalten. Immer! Selbst, als nicht einmal dein bester Freund es getan hat."

Wie auf Kommando waren nun Hermine und Ron hinter ihrem Freund aufgetaucht. „Was ist hier los?", erkundigte sich der Rothaarige sofort und zog misstrauisch die Augenbraue in die Höhe.

„Cat hat gerade behauptet, dass du nicht loyal zu mir stehst." Das war mit Abstand die schlechteste Zusammenfassung ihrer Auseinandersetzung gewesen, die Harry hätte treffen können.

„Das habe ich nicht gesagt!", protestierte die Blonde daher wütend.

Doch der Weasley hörte ihr überhaupt nicht zu. „Ach, ist das so? Und das ausgerechnet von jemandem, der mit dem Feind rummacht? Mit Zabini hast du dich jetzt auch noch gut gestellt, nicht wahr? Wieso wechselst du nicht gleich nach Slytherin, du falsche Schlange? Warum haben wir es eigentlich nicht schon früher gemerkt? Spätestens am Weihnachtsball, als du mit Nott dort warst, hätten wir es wissen müssen."

Es klatschte laut, als Cats flache Hand die Wange des Weasleys mit voller Wucht traf. Sofort spürte sie das Blut darin fließen, die Innenfläche wurde heiß und brannte, doch es interessierte sie nicht. Rons Wange nahm schnell den Farbton seiner Haare an und er hielt sie erschrocken mit seiner Hand bedeckt. Hermine stand einfach nur neben ihm und sah fassungslos zwischen den beiden hin und her, die Hände vor den Mund gehalten, um ihr Entsetzen zu überdecken. Ihre Augen glitzerten und sie sah aus, als würde sie jede Sekunde in Tränen ausbrechen. „Sag mal, spinnst du jetzt völlig?", schrie der Gryffindor die Blonde an, wobei seine Stimme aber ängstlich zitterte.

„Wag es nicht noch einmal, etwas Derartiges über mich zu sagen, Ronald Weasley!", meinte sie bedrohlich, ihre Worte kamen durch die aufeinander gepressten Zähne wie ein Zischen heraus, während sich ihre Wangenknochen scharf zeigten. „Ich habe euch nicht verraten. Ich bin immer noch dieselbe!"

„Du verstehst es einfach nicht", mischte sich nun auch Harry wieder ein. Er schüttelte den Kopf, wobei er lange nicht mehr so wütend aussah wie noch zuvor. Vielmehr war sein Blick getrübt, seine Körperhaltung schlaff und er bedachte die Gryffindor mit einem enttäuschten Blick. „Fünf Jahre müssen wir nun tagtäglich mit seinen Schimpftiraden, Beleidigungen und Angriffen klarkommen. Fünf Jahre als Schlammblut, Wiesel und Narbengesicht. Und dann kommst du und verliebst dich einfach so in diesen Vollidioten. Wir fühlen uns von dir verraten."

„Es war nicht ‚einfach so', Harry. Wenn es so einfach wäre, dann würde ich es wieder abstellen. Ich weiß, wie er ist, was er getan hat. Er hat es schließlich auch mir angetan. Aber..."

Harry unterbrach sie. „Nein, kein ‚aber'. Er wird es wieder tun, Cat. Es wird kein halbes Jahr dauern, bis dein toller Freund dich hintergeht und dann wirst du wirklich wissen, wie es sich anfühlt, wenn du von einem geliebten Menschen verraten wirst. Aber erwarte dann nicht, dass wir dich mit offenen Armen empfangen."

Damit stapfte der Schwarzhaarige an seiner ehemals besten Freundin vorbei, dicht gefolgt von Ron und Hermine, die ihr noch einen kurzen, undefinierbaren Blick zuwarf. Dann stand sie allein in dem weiten Gang vor der großen Halle, das Wispern der Schüler um sie herum, die sie mit missbilligenden Blicken beäugten, drang an ihre Ohren und kam der Blonden wie purer Hohn vor. Wütend schnaubte sie und wandte sich dann auch zum Gehen ab. Doch im Gegensatz zum Goldenen Trio hatte sie nicht vor, den Weg zum Gemeinschaftsraum einzuschlagen. Stattdessen steuerte sie geradewegs auf die Bibliothek zu, wo sie sich an einen Tisch in einer Ecke ganz hinten setzte, der von den Regalen geschickt verdeckt blieb, sodass sie ungestört war und die Hausaufgaben erledigen konnte.

Als Madam Pince um 20 Uhr schließlich durch die Reihen ging, um die wenigen Schüler, die noch übrig geblieben waren über die Schließzeit zu informieren, packte Cat allmählich ihre Unterlagen zusammen und machte sich auf den Weg. Obwohl es noch gut zwei Stunden waren, bis sie sich mit Draco an ihrem Platz, dem Astronomieturm, treffen wollte, dachte sie nicht einmal daran, zuvor noch zum Gryffindor-Turm zu gehen, um ihre Schulsachen abzulegen. Das Risiko, auf Harry, Ron und Hermine zu treffen, war ihr entschieden zu hoch und sie hatte auch keine Lust auf die angespannte Stimmung im Schlafsaal.

Stattdessen ging sie in eine der Mädchentoiletten, die auf dem Weg von der Bibliothek zum Astronomieturm lag. Ihre Tasche warf sie achtlos in eine der Ecken und stützte sich dann auf eines der Waschbecken. Ein kurzer Blick in den Spiegel genügte, um zu wissen, dass sie vollkommen fertig aussah. Cat war blass, ihre Augen waren von dunklen Ringen umrahmt und hatten gerötete Ränder. Ihre Haare, die heute morgen noch feinsäuberlich gekämmt waren, standen ihr nun in alle Richtungen ab. Sie tastete vorsichtig ihr Gesicht ab, als müsste sie sicher gehen, dass es auch wirklich ihr eigenes Spiegelbild war. Doch kein Zweifel. Sie sah an sich herunter, erkannte die Schweißränder an ihrer Bluse und hob den Arm, um daran zu riechen. Angewidert rümpfte sie die Nase. Nein, das war entschieden zu viel. So konnte sie Draco doch unmöglich unter die Augen treten!

Eilig knöpfte sie die Bluse ihrer Schuluniform auf und streifte sie sich von den Schultern. Sie ließ etwas Wasser aus dem Hahn in ihre Hände fließen und rieb sich damit über das Gesicht. Danach nahm sie sich eines der Tücher, befeuchtete es und strich sich damit über den Oberkörper, an jeder erdenklichen Stelle vorbei, an der sie auch nur potenziell schwitzen könnte. Mit einem Wink ihres Zauberstabs entknotete sie ihre Haare, sodass sie wieder glatt und glänzend wie noch am Morgen aussahen. Zufrieden lächelte sie, als ihr Blick auf das Spiegelbild vor ihr fiel und sie erkannte, dass wieder eine gesunde Farbe in ihrem Gesicht aufstieg. Ihre Bluse reinigte sie noch schnell mit einem Zauber, der eigentlich für Weinflecken gedacht war, doch Molly hatte ihr gezeigt, wie sie auch andere Flüssigkeiten und Gerüche entfernen konnte.

Cat wusste nicht einmal, wieso sie sich so viel Mühe mit ihrem Aussehen gab, darauf hatte sie noch nie sonderlich viel Wert gelegt. Und Draco hatte sie schon in weitaus schlimmerer Kleidung gesehen. Doch dieses Mal war es etwas anderes. Ein bisschen fühlte sie sich wie bei einem ersten Date, war leicht nervös und wusste nicht, wie der Abend ausgehen würde. Der Blonde und sie hatten eine ganze Weile nicht miteinander gesprochen, da konnte eine Menge passieren. Und die Gryffindor wollte mit allen Mitteln verhindern, dass sie sich auseinanderlebten.

Ein letzter Blick in den Spiegel, dann sah sie auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass es bereits viertel vor Zehn war. Also sattelte sie ihren Rucksack und machte sich lautlos auf den Weg zum Astronomieturm. Sie kannte die Stecke mittlerweile in- und auswendig und wusste, wo die Lehrer patrouillierten und wo sie zunächst vorsichtig um die Ecke lugen sollte, bevor sie weiterging. Doch in dieser Nacht begegnete sie niemandem außer den Porträts an der Wand, die zum Teil noch wach waren und sie mit strafender Miene beäugten.

Draco stand bereits am Fensterbogen und blickte in die näherrückende Nacht hinein, während sie die Treppe zum Astronomieturm erklomm. Als er ihre Schritte näher kommen hörte, drehte er sich zu ihr um und lächelte sanft. „Schön, dass du gekommen bist", begrüßte er sie und schloss sie in seine Arme, um ihr sofort einen Kuss zu geben. Ihr Herz explodierte beinahe vor Freude und sie drückte sich mit ihrem ganzen Körper so eng an den Slytherin, wie es ihr nur möglich war. Tief atmete sie ein und sog seinen Geruch auf. Bei Merlin, wie hatte sie das nur vermisst! Sie hatte sich so sehr gesehnt nach diesem unvergleichlichen Gefühl von Geborgenheit und Liebe. Es war beinahe wie eine Sucht und je mehr sie davon bekam, desto abhängiger wurde sie. Alles fühlte sich so leicht und einfach an, als gäbe es keine Probleme in ihrem Leben. Wenn sie bei Draco war, wusste sie, dass alles früher oder später gut werden würde.

Als sie sich voneinander lösten, lächelte Cat beinahe benommen. „Wie hätte ich deine Einladung ausschlagen können, nach all der Zeit, in der wir nichts voneinander gehört hatten?"

Das Grinsen in seinem Gesicht verschwand und sein Körper versteifte sich. „Ja, was das angeht", begann der Slytherin vorsichtig. „Lass uns nicht darüber sprechen. Ich bin froh, dass ich dich hier bei mir habe."

Verdutzt blickte die Blonde zu ihrem Freund auf und zog eine Augenbraue in die Höhe. „Aber ich würde gerne darüber reden, Draco", gab sie ehrlich zu. „Wieso hast du dich nicht gemeldet? Ich verstehe ja, dass es nicht einfach ist. Du kannst deinen Eltern nicht von uns erzählen, jetzt, da Voldemort zurück ist noch viel weniger."

„Sag nicht diesen Namen", bat der Blonde eindringlich. Sein Körper hatte sich, wenn das überhaupt noch möglich war, noch viel mehr verkrampft, sodass seine Muskeln vor Anstrengung zu zittern begannen. Er hatte das seltsame Gefühl, als hätte die Erwähnung dieses Namens etwas ausgelöst, denn das Mal auf seinem linken Unterarm begann unangenehm zu prickeln und wurde leicht warm.

Die Geschichte von Catherine O'NeillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt