Eine Bitte und ihre Konsequenzen

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Hallo zusammen und willkommen zum nächsten Kapitel! Es geht mit großen Schritten auf Slughorns Weihnachtsparty zu. Habt ihr Vermutungen, wie Cat in die Ereignisse eingebunden sein könnte? Wie gefällt euch Blaise bis jetzt? Erzählt es mir gerne in den Kommentaren.


Die kalte Jahreszeit rückte mit großen Schritten immer näher und mit ihr auch Slughorns spektakuläre, selbstverherrlichende Weihnachtsfeier. Wie es wohl kommen musste, hatte der Professor für Zaubertränke seine beste Schülerin eingeladen. Normalerweise würde es Cat nicht besonders viel ausmachen – im Gegensatz zu Hermine und Harry empfand sie die Treffen des Slug Klubs gelegentlich sogar als sehr angenehm. Dort konnte sie mit Schülern anderer Häuser in Kontakt treten, was ihr in Anbetracht der nach wie vor angespannten Situation mit dem Trio half. Auch konnte sie dort viel Zeit mit Blaise verbringen, der ihr in der letzten Zeit ein wirklich guter Freund geworden war. Wenn sie dafür die eigensinnige Art von Slughorn ertragen musste, dann beging sie dieses Opfer gerne.

Doch mit der Weihnachtsfeier war es etwas anderes. Slughorns Gäste durften in Begleitung kommen und in seiner Sprache bedeutete dies, dass er eine Begleitung erwartete. Und Cat war absolut überfordert mit dieser Frage. Am liebsten würde sie natürlich Draco fragen, doch die Antwort kannte sie bereits und es versetzte ihr immer wieder einen kleinen Stich, wenn sie darüber nachdachte. Sie konnte sich nicht vorstellen, mit jemand anderem dorthin zu gehen, doch die nicht enden wollenden Geschichten aus Slughorns Kindheit würde sie nicht ohne moralischen Beistand überstehen.

An diesem Abend traf sie sich endlich einmal wieder mit ihrem Freund. Sie hatte ihn seit Wochen nicht mehr unter vier Augen sprechen können. Umso deutlicher fielen ihr nun die Veränderungen auf, die er offensichtlich durchgemacht haben musste. Er wirkte geradezu kränklich, schien stark abgenommen zu haben, sein Gesicht war eingefallen und hatte einen staubigen Grauton angenommen. Die Sorgenfalten auf seiner Stirn schienen wie eingeprägt, selbst, wenn er lächelte, wurde er sie nicht los. Zudem war es an diesem Abend zwischen den beiden länger still als für gewöhnlich, doch Cat empfand die Ruhe keineswegs als angenehm. Sie fühlte sich von der angespannten Stimmung geradezu erdrückt und konnte die Enttäuschung kaum verstecken, als sie bemerkte, dass Draco ihr gar nicht zuhörte, als sie von Katie Bells Unfall in Hogsmeade erzählte. Aber auch ihren Unmut schien er kaum zu bemerken.

Doch wie er dort saß, nicht mehr als ein Häufchen Elend, und in die Nacht hinaus starrte, konnte die Blonde trotz aller Wut und Enttäuschung nicht anders als ihren Freund zu bemitleiden. Sie wollte ihm helfen, für ihn da sein, ihn beschützen. Doch was konnte sie schon tun, wenn er nicht mit ihr redete? Seufzend rückte sie so dicht sie konnte an den Slytherin heran und legte sanft einen Arm um seine Schulter.

Sofort zuckte Draco unter der Berührung zusammen und schreckte mit dem Kopf zu der Gryffindor herum. Sein Herz raste mit einem Mal und der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er hatte sie gänzlich ausgeblendet und war in seinen Gedanken verloren gegangen.

Cat zog den Arm langsam wieder zurück und musterte ihr Gegenüber überrascht. „Wo bist du nur mit deinen Gedanken, Draco?", hauchte sie traurig.

„Nirgendwo", antwortete er und klang dabei schrill und heiser.

Die Nervosität in seiner Stimme beunruhigte Cat, sodass sie nach seiner Hand griff und diese fest drückte, während sie ihm tief in die Augen sah und fragte: „Ist alles in Ordnung, Draco?"

„Natürlich, alles bestens", antwortete er und sah schnell weg. Er ertrug es nicht, ihr ins Gesicht zu lügen. Wenn er sie dabei nicht ansah, war es einfacher, aber dennoch fühlte es sich an, als hätte ihm jemand eintausend Nadeln ins Herz gestochen und nicht mehr herausgezogen. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals und er schluckte einmal hart, doch er verschwand nicht.

„Bist du sicher?", hakte die Gryffindor vorsichtig nach. „Ich sehe dir an, dass etwas nicht stimmt, Draco. Du bist blasser als sonst, wirkst dauerhaft angespannt und bist mit deinen Gedanken ständig wo anders."

Der Blonde schnaufte laut, erwiderte aber nichts. Stattdessen blickte er ihr nun direkt ins Gesicht. Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt und die Lippen fest aufeinandergepresst. Die Missbilligung sprach aus jeder Faser seines Körpers, doch Cat konnte daraus auch noch etwas anderes lesen. Angst. Blanke, gewaltige Panik. Und dieser Anblick versetzte nun auch sie in Aufruhr.

„Rede mit mir, Draco!", bat Cat verzweifelt. Sie wusste nicht mehr weiter. Wenn er nicht einmal mit ihr reden konnte oder wollte, was hatte das Ganze dann für einen Sinn? „Gibt es etwas, womit ich dir helfen kann?"

Draco erhob sich aus der mittlerweile unbequemen Sitzposition und wollte damit seiner Freundin ein Stück weit entfliehen. Er hatte das Gefühl, dass die Frage schwerer werden würde, wenn er ihr nah war, denn dann wären die Schuldgefühle am größten. „Du könntest mir tatsächlich mit etwas helfen", gab er vorsichtig zu.

„Natürlich, Draco. Was kann ich tun?", willigte sie sofort ein und stand ebenfalls auf.

Er zögerte noch einen Moment, steckte die Hände in die Hosentaschen, bevor er fragte: „Hast du das Felix Felicis noch?"

Verwundert runzelte die Blonde die Stirn und legte den Kopf schief. „Ja?"

Der Slytherin kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Er wusste, er sollte nicht danach fragen, aber er war in einer Sackgasse angelangt und ihm lief die Zeit davon. „Weißt du, ich könnte ein wenig davon gut gebrauchen. Nicht viel, vielleicht die Hälfte, der Rest gehört natürlich dir und es..."

„Wofür, Draco?", unterbrach die Gryffindor ihn sofort und beobachtete ihn ganz genau.

Der Slytherin sagte nichts und sah seiner Freundin nur direkt in die Augen. Er wirkte plötzlich unheimlich traurig, seine Augen waren weit geöffnet und glitzerten im Mondschein. Man hätte ihn beinahe mit einem bettelnden Welpen verwechseln können und Cat musste krampfhaft dem Drang standhalten, ihm einfach das Fläschchen flüssiges Glück zu überreichen, dass sie seit der ersten Stunde bei Professor Slughorn bei sich trug.

„Sag mir, wofür, Draco!", drängte die Blonde ihn aufgeregt, doch ihr Gegenüber machte weiterhin keine Anstalten, etwas preiszugeben. Seufzend versuchte sie die Anspannung loszuwerden. Sie kam mit zwei großen Schritten an den Slytherin herangetreten und griff nach seiner Hand, die er ihr entziehen wollte, doch sie hielt sie entschlossen fest. Eindringlich sah sie ihm genau in die Augen, konnte seine Nervosität darin aufflackern sehen, spürte den Schweiß auf seiner Handfläche und bemerkte das leichte Zittern an seinem Körper. „Sag es mir und du bekommst die ganze Phiole", versuchte sie es noch einmal so ruhig es ihr möglich war.

Wieder kam keine Antwort und allmählich wurde Cat wütend. „Ich will dir doch nur helfen, verdammt!"

„Aber du kannst mir nicht helfen!", spie er ihr entgegen, dann war es still auf dem Astronomieturm. Das Paar musterte sich, beider Atem ging schwer und das Adrenalin pulsierte durch ihre Venen. In Draco bahnte sich der Drang an, etwas mit seinen bloßen Händen kaputt zu schlagen, seiner Wut ein Ventil zu geben. Er wollte so nicht sein, vor allem nicht Cat gegenüber. Er wollte liebevoll und verständnisvoll, ehrlich und treu sein. Aber das konnte er nicht. Er war ein Lügner und ein Egoist, konnte ihr nicht die Wahrheit sagen, doch gehen lassen wollte er sie auch nicht. Er war müde, so unendlich schwach. Seine Schultern fielen plötzlich schlaff in sich zusammen und er atmete laut aus. „Ich kann es dir einfach nicht sagen, Catherine, und das tut mir unendlich leid. Also bitte akzeptiere es und frag nicht mehr nach. Ansonsten..."

„Ansonsten was?"

„Ansonsten sind wir geschiedene Leute." Die Worte waren ihm schneller und einfach er über die Lippen gekommen, als er es jemals für möglich gehalten hatte. Und entgegen seiner Erwartung hatte er kein klopfendes Herz dabei oder ein nervöses Ziehen im Magen, er fühlte sich vielmehr bekräftigt in seiner Aussage. Je weniger Fragen sie stellen würde, je weniger sie wusste, desto besser war es für sie. Auch, wenn ihr der Schock gerade ins Gesicht geschrieben stand, würde er nicht davon abrücken.

„Ich werde jetzt gehen. Wir sehen uns, Catherine." Er beugte sich nach vorne und formte einen Kussmund, sodass er seiner Freundin wie üblich zur Verabschiedung einen Kuss auf die Stirn geben konnte. Sie liebte diese Geste, denn sie vermittelte Zuneigung und Fürsorge und gab ihr ein angenehmes Gefühl von Geborgenheit, das die Schmetterlinge in ihrem Bauch jedes Mal aufs Neue zum Fliegen brachte. Doch heute wandte sie im letzten Moment den Kopf ab, sodass er ihre Stirn verfehlte und ins Leere traf.

Verwundert sah er die Gryffindor an, die ihn nur aus dem Augenwinkel beobachtete und dabei eine tödliche Miene aufgesetzt hatte. Die Spannung zwischen den beiden war zum Greifen nah, doch Cat war entschlossen, sie nicht zu brechen. Es war nicht ihre Schuld, dass sie sich nun in dieser Lage befanden. Seufzend wandte Draco sich schließlich ab und ließ sie einfach stehen.

Auf den Astronomieturm war nun völlige Stille eingetreten. Die Blonde spürte bereits, wie die Tränen emporstiegen, während sich ihr Herz krampfhaft zusammenzog. Das hatte sie so alles nicht gewollt. Sie fühlte sich auf eine Art und Weise allein gelassen, die sie selbst nicht einmal begriff. Sie war traurig und wütend zugleich, spürte das Brennen in ihrem Magen und die Kälte in ihrem Herzen.

Cat ballte die Hand zur Faust. Entschlossen ging sie auf die Treppe zu, doch bereits, als sie die ersten beiden Stufen nahm, kamen ihr die Tränen, rannen über ihr Gesicht und ließen sie schniefen. Als sie am Fuß der Treppe angekommen war, wandte sich sich nach rechts, um zurück zum Gryffindor-Turm zu gehen. Doch sie war noch keine zehn Meter weit gekommen, da prallte sie plötzlich gegen einen warmen Körper und fiel rücklings zu Boden.

Die Geschichte von Catherine O'NeillWo Geschichten leben. Entdecke jetzt