04 | Die Sieger - Part IV

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Alle Mentoren sind zur Mittagszeit in der großen Festhalle über dem Trainingscenter versammelt worden. Eine einzige riesige Leinwand überspannt die Stirnseite des prunkvollen Saals. Unterhalb dessen ist auf einem kleinen Podest eine stilvolle Lounge eingerichtet, in der Präsident Snow sowie einige der wohlhabenderen Kapitolbewohner Platz nehmen werden. In Kürze wird das Finale offiziell eröffnet.

Finnicks Gedanken sind daheim, in Distrikt vier, bei Annie. Jetzt in diesem Moment werden sie alle auf dem großen Platz vor dem Rathaus versammelt, um dem Finale ebenfalls beizuwohnen. Sein Herz wird schwer, als er daran denkt, wie viel Angst sie durchstehen muss, während sie wieder mit ihrem schlimmsten Albtraum konfrontiert wird. Doch andererseits ist er froh, dass sie in diesem Moment nicht bei ihm ist, in diesem Saal voll von altem Geldadel, Politikern und bitteren Siegern. Hier fühlt sich das alles noch viel falscher an, als draußen in den Distrikten zuzuschauen. Jahr für Jahr fühlt er sich mehr, als stünde er auf der falschen Seite, umgeben vom höchsten Komfort, wenn er den Tributen bei ihrem Überlebenskampf zuschaut.

Im Moment ist es jedoch noch ruhig und so ist je eine Kamera auf einen der drei verbliebenen Tribute gerichtet, die sich allesamt ausruhen, nicht wissend was da kommt. Doch die Anspannung unter den Mentoren ist greifbar. In wenigen Minuten werden die Spielmacher zur Tat schreiten und das Finale in die Wege leiten. Die wenigen Mentoren die noch einen Tribut haben, sitzen allesamt eng beieinander, in gedämpfte Beratungen vertieft.

Die Sieger aus Distrikt vier belegen eine Sesselgruppe aus schwerem Samt, ihre Tablets vor sich auf einem Eichentisch. Neben Finnick und Amber sind jetzt auch Mags, die Älteste in ihrer Runde, sowie Trexler und Floogs, die beiden unzertrennlichen Freunde, dabei.
Auf jedem Tablet-Display ist ein anderer Informationsausschnitt zu sehen, damit sie jederzeit die Übersicht behalten. Die übrigen Mentoren, nun ohne Aufgabe, haben sich über die Halle verteilt, sichtlich unwohl in ihrer Haut. Das Finale ist unbestreitbar die schlimmste Veranstaltung der Hungerspiele. Zum Glück bietet die edle marmor geflieste Halle genug Raum, um einander aus dem Weg zu gehen.

Schritte nähern sich dem Tisch, um den Finnick und die anderen herumsitzen. Er schaut auf und sieht Johanna Mason näher kommen, ein Glas mit irgendeinem bunten Cocktail vom Buffet in der Hand.
„Hey Sugarboy", flötet sie sarkastisch als sie sich auf die Armlehne seines Sessels sinken lässt, einen Arm um seine Schultern gelegt. „Lange nicht gesehen." Mit der freien Hand winkt sie grinsend den übrigen Siegern zu, die ebenfalls respektvoll nicken. „Glückwunsch zum Finale, schätze ich. Das letzte Mal ist ja schließlich auch schon drei Jahre her, wird mal wieder Zeit." Sie lacht freudlos und Amber stimmt mit ein.

„Hallo Jo", begrüßt er sie müde. „Mein Beileid für deine Beiden..."
Seine Stimme verklingt, da er nicht wirklich weiß was er sagen soll. Ihre beiden Tribute sind schon lange getötet worden. Wie er sie so kennt, hat sie ihren Kummer darüber schon tief in sich drinnen vergraben. Dennoch bringt er es nie fertig, so salopp darüber zu reden, wie sie es meist tut.
Wie um seine Vermutung zu bestätigen, winkt Johanna nur lässig ab und nippt an ihrem Getränk. „Das hatte ich doch schon im Gefühl als ich sie das erste Mal gesehen hab. Zitternd vor Angst und kaum kraftvoll genug, ein Messer zu halten, da hätte ich ihr Leid eigentlich auch gleich beenden können ... zum Glück hab ich mir gar nicht erst Hoffnungen gemacht."
„Vermutlich wäre das eine größere Gnade gewesen, aber wo wäre da denn der Spaß?", sagt Amber sarkastisch, ihre Miene düster.

Die anderen sehen ob ihrer harschen Worte angemessen betroffen aus. Für einen Moment verharren alle in unangenehmen Schweigen, ehe Johanna ergänzt „Bald geht's wieder nach Hause, was?"
Finnick meint, so etwas wie Vorfreude in ihrer Stimme mitschwingen zu hören.
„Wenn es schnell geht vielleicht schon übermorgen", pflichtet er ihr bei. Doch da Riven immer noch im Spiel ist, weiß er nicht, ob er sich schon darauf freuen darf. Johanna scheint seinen Unmut zu fühlen, denn sie lehnt sich näher zu ihm herunter.
„Ihr habt alle euer Bestes getan. Ich hab mir die Aufnahmen angesehen und eure Kleine da ist eine echte Kämpferin. Nicht so eine arme Irre mit Angst vor der Dunkelheit, wie die, die ich immer erwische..."

Meeressturm | Annie CrestaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt