30 | Goldene Worte - Part II

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Vom Mondschein gebadet liegt er schließlich in den seidigen Laken neben Titania, die sich eng an ihn drückt. Finnick spürt ihre nackte Haut und das rasende Herz in ihrer Brust. Der eisige Kloß in seiner Magengegend ist mittlerweile so groß, dass er ihm den Atem nimmt. Nur mit Mühe unterdrückt er den Gedanken an Annie. Der Wunsch nach einer Dusche wächst in ihm, aber das muss warten, bis er wieder zurück ist.

Grinsend zwickt Titania ihn in seinen unbedeckten Bauch. „Na, hat da jemand Frustessen betrieben?" Ihr schallendes Lachen klingelt ihm in den Ohren. Es gäbe eine Menge, was er ihr dazu sagen könnte, aber um des Friedens willen schweigt er. In seinem Kopf hallt Ceces rechthaberische Stimme wieder, die ihn an seine Diät erinnert, obwohl sich die Bauchmuskeln immer noch unter der Haut abzeichnen. Anscheinend hat sie doch recht, dass jedes Gramm mehr auffällt.

„Warum erzählst du mir nicht lieber, wie es dir in den Monaten ergangen ist, in denen ich nicht bei dir sein konnte?", fragt er zur Ablenkung und um endlich den Lohn für diese Nacht zu bekommen.
Sie stützt ihr Kinn auf den Handballen und sieht ihn nachdenklich an. „Eigentlich ist in meinem Leben gar nichts tolles passiert", seufzt sie. „Ich weiß, du findest irgendwie alles interessant was hier passiert, aber es waren unendlich langweilige Monate, bis ich dich endlich wiedersehen konnte." Sie beugt sich vor und küsst ihn mit einem Lächeln auf die Brust.

„Na gut, ich bin ehrlich", sagt er, „ich möchte einfach nur deine Stimme hören, wie du mir von deinem schrecklich langweiligen Leben erzählst, dich vielleicht über deine Kollegen beschwerst oder so, nur um mir vorstellen zu können, dass es jeden Abend so sein könnte."
Er streicht ihre Haare aus dem Gesicht und sieht sie eindringlich an. „Bitte. Ich möchte so viel von deiner Stimme aufsaugen wie möglich, damit ich sie nie vergesse."

Trotz der Schatten erkennt er, wie Titania errötet. „Tita", setzt er leise hinzu. Ihrem Spitznamen wohnte schon immer die Kraft inne, sie dahin schmelzen zu lassen. Wie beabsichtigt wird sie auch jetzt weich. Mit einem verschämten Lächeln legt sie sich wieder auf seine Brust und fängt an zu erzählen. Zunächst von außerordentlich langweiligen Begebenheiten. Von ihrem Sekretär, den sie für unfähig hält, weil er immerzu vergisst, den Himbeersirup zu ihrem Kaffee hinzuzufügen, oder von dem neuen Avoxmädchen, die ihr einen Teller Suppe auf ein teures Kleid geschüttet hat. Nichts, was seine Zeit wert ist. 

Je länger sie redet, desto mehr Gefallen findet sie daran, sich selber zuzuhören. Schon bald zieht ihr Gejammere größere Kreise und sie beklagt sich über ihr schweres Leben.
„Und die Party bei Iphigenie Wilcox, ich sag es dir, ein Fiasko! Versprechen ohne Ende hat sie uns gemacht, von einem Riesenbuffet geschwärmt, mit Spezialitäten aus dem ganzen Land – angeblich. Nun, in Wirklichkeit fehlte die Hälfte. Von den exotischen Früchten gab es eine nur Handvoll, unglaublich enttäuschend. Kannst du dir das vorstellen? Ich musste mich mit Astoria Crane um ein bisschen Mango streiten. Kaum zu glauben, nicht wahr? Da arbeitet man für eine der wichtigsten Frauen im Lande und bekommt nicht einmal ein Stück Mango!"

Endlich hält Titania inne, um Luft zu holen.
„Liegt es eventuell daran, dass sie wieder all ihr Geld verwettet hat und sich nicht mehr leisten kann?", nutzt er seine Chance, eine Frage zu stellen. Iphigenies Spielsucht kennt er von seinen früheren Verabredungen mit ihr. Zuletzt hat er sie gesehen, als fast ihr ganzes Mobiliar gepfändet wurde. Vermutlich ist genau das der Grund, warum seine Besuche bei ihr beendet wurden. 

„Oh, darauf möchte ich wetten", springt Titania auf seine Frage an, da sie nie eine Chance auslässt, ehemalige Konkurrentinnen in ein schlechtes Licht zu rücken, „sie konnte ja noch nie mit Geld umgehen, nur ausgeben oder wetten. Aber dann sollte sie nicht zu Parties laden. Vor allem nicht in Zeiten wie diesen, wo doch jeder weiß wie teuer alles geworden ist, vor allem Früchte."
Es ist nur ein kleiner Hinweis, für Finnick aber mehr als genug, um weiter zu drängen.
„Sind die Früchte wirklich so teuer, oder Iphigenie so arm?"

Meeressturm | Annie CrestaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt