Gleißende Lichter und tosender Applaus empfangen uns in Distrikt eins. Nach den tristen Distrikten wie Zwölf, Elf oder Drei erscheinen mir die sauberen Straßen und Menschen in Festtagskleidung unwirklich. Es fühlt sich an, als wären wir bereits im Kapitol angelangt. Die Häuser sind ordentlich und selbst der Himmel zeigt sich in strahlend blauem Gewand.
Riven schreitet vor uns drein wie eine Königin, den jubelnden Menschen, die unseren Weg säumen, winkend. Ihre Krone fängt das Sonnenlicht ein und lässt sie in ihrem silbrig-weißen Seidenkleid erstrahlen. Fast kann es einen vergessen lassen, dass es immer noch Winter ist. Roan hat uns allesamt in beinahe sommerliche Outfits gekleidet, doch fast unsichtbare Strumpfhosen und Ärmel halten uns warm, während ein frischer Winterwind durch die Menge fegt. Kameras fangen jeden unserer Schritte ein. In Distrikt eins liegen die Menschen den Siegern zu Füßen, nicht nur ihren eigenen.
An meine eigene Siegertour kann ich mich kaum erinnern, auch wenn sie gerade einmal drei Jahre her ist. Als wir bei Distrikt eins angelangt sind, musste ich mehr Beruhigungsmittel im Körper gehabt haben, als eigenes Blut. Ich erinnere mich nur schemenhaft daran, dass Cece mich auf Bühnen zerrte und in meinem Namen die Dankesreden verlas.
Deshalb erscheint mir jetzt jede Straßenecke wie neu. Heute habe ich nur eine kleine Dose Morfix genommen, größtenteils um Cece zufriedenzustellen. Wenn es sich auf Dauer anfühlt als wäre man in eine dichten Nebel gehüllt, wird auch dieser Zustand früher oder später unerträglich. Bisher habe ich mich ja auch ganz gut geschlagen und tapfer jede Show über mich ergehen lassen, ohne hysterisch zu werden, wie Cece es immer sagt. Abgesehen davon hat Distrikt sechs mich ganz gut daran erinnert, was passiert, wenn man sein Leben in die Hände von Morfix legt.Anders, als in den übrigen Distrikten, sind die Häuser in Distrikt eins sehr hell, mit großen Glasfronten und kleinen ordentlichen Gärten. Natürlich ist das nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit, aber es ist doch ein krasser Unterschied zu den armen Stadtzentren in Orten wie Elf oder Zwölf.
Der große Festplatz ist ähnlich feierlich geschmückt wie bei uns daheim, mit zahlreichen Blumen und langen Stoffbannern.
Unter dem Applaus der Menge schreiten wir direkt auf die Bühne, anstatt wie sonst erst im Rathaus warten zu müssen. Ich frage mich welche Unterschiede zu den anderen Distrikten es wohl noch geben wird. Es ist jedenfalls schwer zu übersehen, dass Distrikt eins der Liebling des Kapitols ist.
Wir Mentoren nehmen auf gepolsterten Stühlen hinter Riven Platz. Dankbar lehne ich mich zurück, froh, dass heute der Fokus nicht auf mir liegt.Immerhin ist die Atmosphäre nicht so düster wie in den Distrikten, wo Riven Tribute getötet hat. Diese deprimierenden Orte haben wir endgültig hinter uns gelassen.
Während Distrikt eins mich nur an Menschen denken lässt, die ich nur vergessen will, hatte Riven hier Verbündete. Ich frage mich, ob die Erinnerung an diese Tribute ihr vielleicht schmerzt. Wie sie so dasitzt, ihren Kopf hoch erhoben und lächelnd der Menge zuwinkt kann ich nicht ergründen, was in ihr vorgeht. Für einen Moment kreuzen unsere Blicke sich und sie wendet sich schnell ab.Die Festlichkeiten schreiten mit allerlei Jubel voran. Er kann einen fast vergessen lassen, dass der Tod von 23 Kindern uns an diesen Punkt geführt hat. Unmittelbar vor der Bühne stehen reihenweise Jugendliche in einer Art weißer Uniform. Floogs, der meinen irritierten Blick sieht lehnt sich zu mir herüber.
„Das sind die Kinder aus der Akademie. Ein Platz in der ersten Reihe bedeutet, dass sie zu den besten Schülern dort gehören. Die Schüler werden jedes Jahr handverlesen."
Ich betrachte die schiere Menge an potentiellen Tributen. Selbst in der Blütezeit unserer Akademie hat Distrikt vier nie so viele Schüler gehabt.
„Eine noch größere Ehre ist es, später zum Dinner eingeladen zu sein, dort wird nur eine Handvoll von ihnen sein", ergänzt Floogs, „und die Jüngeren von ihnen dürfen Geschenke an die Siegerin überreichen."
DU LIEST GERADE
Meeressturm | Annie Cresta
FanfictionDie Hungerspiele zu gewinnen ist erst der Anfang. Das weiß niemand besser als Annie Cresta, in ganz Panem nur ‚die Verrückte' genannt. Geplagt von den Geistern der Vergangenheit versteckt sie sich an der Seite von Finnick Odair vor der Welt, in der...