61 | Die Letzte Welle - Part I

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A/N: Nicht wundern – ab diesem Kapitel habe ich mich dazu entschieden, auch in dieser Geschichte die deutschen Anführungszeichen durch die aus dem Buchdruck bekannten Guillemets zu ersetzen. Ich finde einfach, dass diese Zeichen angenehmer zu lesen sind, und da ich in all meinen anderen Geschichten seit geraumer Zeit nur diese Zeichen für wörtliche Rede nutze, ist es so einheitlicher. Die alten Kapitel werde ich dann bei Zeiten entsprechend überarbeiten.

 Die alten Kapitel werde ich dann bei Zeiten entsprechend überarbeiten

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Distrikt Vier steht in Flammen. Wortwörtlich. Am ersten Februartag brennen die Schiffe im Hafen. Der Qualm ist meilenweit zu sehen, die Asche regnet selbst auf die Blumen in Annies Garten. Wie Schnee legen sich die Flocken auf den knorrigen Stamm des Flieders und erinnern Finnick an Distrikt Zwölf. Verborgen unter einer ewigen Staubschicht.

Es ist gut, dass Annie an diesem Tag in einer anderen Welt ist, in der sie mit den Löffeln in ihrer Küche spricht und über Witze lacht, die außer ihr niemand hört. So muss Finnick kein schlechtes Gewissen haben, dass er sich fortschleicht; sie merkt es schließlich nicht, wie er sie mit diesem beängstigenden Erlebnis alleine lässt. Das weiß er. Eigentlich.

Doch als er von einer der höher gelegenen Marktterrassen neben Amber und Lana sowie unzähligen Schaulustigen auf den Hafen schaut, erfüllt Angst sein Herz. Der Drang, Annie in die Arme zu schließen, weit mit ihr wegzurennen, von allem hier – noch nie ist er derart groß gewesen. Emerald Isle reicht lange nicht mehr, um diesem Albtraum zu entkommen.

Von einem der Wachtürme an der Hafenkante hängen die Leichen von fünf Friedenswächtern. Die Nachtwachen. In roter Farbe – Finnick weiß einfach, dass es Blut ist; ihr Blut – sind auf die Brustplatten ihrer Rüstungen Katniss' Spotttölpel-Emblem und eine stilisierte Welle gemalt. Über dieser improvisierten Hinrichtung verkündet ein Banner aus aneinandergenähten Stoffstücken: ‚Das Wasser kommt – Freiheit für das Volk!'

Hinter einer Barrikade aus Schutt, Strandgut und alten Fischernetzen stehen vermummte Gestalten, Tücher über Mund und Nasen – auch hier ist das Wellensymbol wieder zu sehen, weiße Farbe auf blauem Grund. Die Widerständler halten Speere, Harpunen, sogar Dreizacke. Aus harmlosem Arbeitsgerät werden plötzlich Waffen für eine Rebellion.
Das ist es, was hier passiert. Ganz ohne Distrikt Dreizehn, ohne großen Plan oder Führung von außen. Ungeplant, blutig, chaotisch. Distrikt Vier rebelliert.

Vor der improvisierten Blockade drängen sich hunderte Menschen. Fischer, Hafenarbeiter, Anwohner. Alle treten sich gegenseitig auf die Füße, rufen nach Wassereimern und erreichen damit nur eines: Sie behindern die Arbeit der Friedenswächter.
Die kleine Phalanx weiß uniformierter Soldaten geht im Meer aus Distriktbürgern unter und obwohl sie regen Gebrauch von ihren Schlagstöcken machen, wogt die Menge weiter um sie her, ein lebendiger Schutz für die Aufständigen.

Alleine sind die Menschen nur alte Frauen mit zittrigen Händen, ausgezehrte Fabrikarbeiter oder Invalide mit Holzbeinen – doch in der Masse werden sie zu einer wütenden Brandung, die alles zwischen sich zerreibt. So auch Snows Schergen, die voneinander getrennt werden, bis die einsamen weißen Uniformen ganz aus Finnicks Blickfeld verschwinden.

Meeressturm | Annie CrestaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt