In den kommenden Wochen verbringen wir Sieger viel Zeit im Krankenhaus. Mags erwacht zum Glück wieder, doch der Schaden ist groß. Sie kann sich kaum bewegen, denn Arme und Beine sind gelähmt. Sprechen kann sie auch nicht mehr. Wenn wir sie besuchen schläft sie oft oder blickt uns bloß stumm an. Vor allem Finnick und Amber weichen kaum von ihrer Seite. Abwechselnd schlafen sie im Krankenhaus, um immer an ihrer Seite zu sein. Die Ärzte operieren Mags noch zwei Mal, ehe sie sich sicher sind, dass die Blutgerinnsel beseitigt sind.
Im Kapitol haben sie wahrscheinlich eine viel einfachere und sichere Methode um derartige Erkrankungen zu heilen, wenn ich daran denke, wie einfach sie meine Wunden nach der Arena geheilt haben. Doch niemand bietet an Mags dort zu behandeln. Stattdessen müssen wir es ertragen, dass Mags nach all dem nur noch ein Schatten ihrer Selbst ist. Aber mit einem hatte Trexler recht: Sie ist eine Kämpferin. Ihre Mission scheint noch nicht erfüllt. Ihre Fortschritte sind klein, aber wenn man den Ärzten Glauben schenken darf, ist sie auf einem guten Weg.
Ich ertrage es immer noch nur schwer im Krankenhaus zu sein, doch ich muss glücklicherweise nicht alleine hingehen. Meist begleiten mich gleich mehrere der anderen Sieger und auch Isla kommt oft mit. Selbst wenn sie keine Siegerin ist, so ist sie doch ein Teil unserer verqueren kleinen Familie. Nur Riven, unsere neue Siegerin, lässt sich nicht wirklich blicken. Einmal erscheint sie für kurze Zeit ohne mit jemandem zu sprechen, doch dann ist sie wieder verschwunden.
Die anderen kommen überein, dass wir sie vorerst in Ruhe lassen. Im Gegensatz zu uns hat sie noch ihre Familie, die bei ihr im Siegerdorf lebt. Eine Mutter, einen Vater, zwei ältere Geschwister. Sie kennen sie besser und können ihr hoffentlich eine gute Stütze sein. Isla schaut zwischendurch manchmal bei ihnen vorbei. Tatsächlich scheint es Riven soweit gut zu gehen, zumindest erzählt Isla, dass sie sich bereits auf ihre Siegestour vorbereitet und überlegt welches Hobby sie aufnehmen will.
Wir Sieger müssen ja alle ein individuelles Hobby haben, dass wir im Kapitol präsentieren sollen. Nach meinem Sieg bekam auch ich diese Aufforderung, also habe ich halbherzig versucht, Cece mit meinen Blumenflechtkünsten zu beeindrucken. Das hat immerhin ausgereicht, um sie mir künftig vom Hals zu halten. Alle paar Monate kommen sie aus dem Kapitol und wollen ein paar neue Kunstwerke sehen, die ich ihnen meist auch liefern kann. Es ist eine gute Therapie aus bunten Blumen und feinen Bändern Kränze zu binden. Früher habe ich dies immer mit den wild wachsenden Blumen von den Salzwiesen getan, doch heute bekomme ich ganze Wagenladungen an feinsten Zuchtblumen direkt aus dem Kapitol geliefert, ebenso wie seidene Bänder und allerlei dekorativen Plastikkitsch. Bei jeder Lieferung sind auch ein paar schneeweiße Rosen dabei. Direkt aus Snows Zuchtgärten. Ich schmeiße sie jedes Mal ins Meer.
Bis zur jährlichen Siegertour und damit verbundenen Präsentationen ist jedoch noch viel Zeit. Wir konzentrieren uns lieber ganz auf Mags. Zunächst muss sie wieder die Grundlagen, wie zum Beispiel Schlucken, lernen. Es gibt längst nicht genug Ärzte im Krankenhaus, deshalb helfen wir und erarbeiten ein Trainingsprogramm für Mags. Viel zu tun haben wir als Sieger ja ohnehin nicht.
Wir mögen keine Experten sein, doch langsam kommt das Leben zurück in Mags. Sie lächelt uns an, nickt wenn wir ihr etwas erzählen und bekommt wieder etwas Farbe. Doch noch darf sie das Krankenhaus nicht verlassen, denn sie muss immer noch rund um die Uhr Medikamente einnehmen.Derweil rückt in Distrikt vier der Herbst vor. Die See wird rauer und immer wieder werden wir von Regenschauern überrascht. Ich mag den Herbst nicht sonderlich, wenn die Tage kürzer werden und es draußen nur noch dunkel ist. In diesen Tagen ist die Überfahrt nach Emerald Isle zu gefährlich. Seit Mags ihren Schlaganfall hatte, sind Finnick und ich nicht mehr dort gewesen. Ich vermisse die Abgeschiedenheit auf der Insel. Aber selbstverständlich ist Mags jetzt wichtiger.
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Meeressturm | Annie Cresta
FanfictionDie Hungerspiele zu gewinnen ist erst der Anfang. Das weiß niemand besser als Annie Cresta, in ganz Panem nur ‚die Verrückte' genannt. Geplagt von den Geistern der Vergangenheit versteckt sie sich an der Seite von Finnick Odair vor der Welt, in der...