Chapter 57

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P.o.V.  Grell

Mark grub sich verzweifelt die Hände in die Haare.
Sein Gesicht nahe des Spielbrettes, eine anstrengende Röte über seinen Wangen.
Dabei war Schach seine Idee.
Währenddessen schlurfte ich an meinem  entkoffeinierten Kaffee und schaute zu Herrn Rica rüber, welcher neben mir saß.
„Also wenn ich gewinne kriege ich morgen richtigen Kaffee?"
Er seufzte ein wenig mit einem kleinen Lächeln.
„Ja.."
Er ging wohl davon aus, dass ich verlieren würde. Zumindest anfangs.
„Ahhh ich gebe auf! Revanche!"
Ich lachte etwas.
„Ich würde zwar gerne sehen wie die Revanche aus geht, aber leider muss ich Grell eben entführen."
Sagte plötzlich Herr Revens der sich reingeschlichen hatte.
Ich seufzte und stützte mich an meinen Beinen ab um hochzukommen.
„Wir können ja danach weiterspielen."
Lächelte ich- heute war ein guter Tag.
Ich sah zu meinen Therapeuten welcher mich angrinste.
Zumindest bisher.
Ich folgte ihm zu seinem Büro.
„Wie ich sehe hast du dich schon mehr eingelebt."
Sagte er nebenbei.
„Nach so vielen Wochen sollte man das wohl auch erwarten."
Er lachte etwas.. ‚mitleidig'.
„Wie immer sehr streng."
Murmelte er aber deutlich hörbar, was er auch wollte.
Er öffnete die Tür des Büros und bat mich rein, ich setzte mich auf den üblichen Platz.
„Also,"
Fing er an und setzte sich ebenfalls.
„Wie geht es dir?"
Ich dachte kurz nach. 
„..Ganz okay?"
Er zog dir Augenbrauen hoch.
„Das ist doch wohl besser als sonst!"
Ich lachte etwas unangenehm.
„Das Wochenende war ganz gut und heute auch.. vielleicht liegt's am Wetter."
Er grinste.
„Das Wetter kann bestimmt auch Einfluss darauf nehmen, aber ich denke, dass du das aus eigener Kraft geschafft hast."
Hah,
„Aus eigener Kraft? Nur weil William am Wochenende da war und ich in einer etwas besseren Stimmung bin?"
Er lehnte sich etwas nach vorne.
„Glaubst du wirklich, dass du nur wegen des Besuches in so einer Stimmung bist? Wie hast du dich denn vor dem Besuch gefühlt?"
Ich ließ mich in den Stuhl sacken-
Vor ein paar Wochen hätte ich das nicht gemacht.. ich fühle mich schon wohler.
„Also der Besuch hat auf jeden Fall geholfen.. davor hab ich mich auch ganz.. ok gefühlt, aber danach besser."
Er nickte.
„Eine Idee woher das kommt?"
Ich zuckte mit den Schultern und seufzte.
„Vielleicht die Struktur? Oder.. der soziale Kontakt?"
„Was noch?"
Ich verschrenkte die Arme.
„Oder dass ich mich mehr einlasse..."
Brummte ich und er lächelte etwas zufriedener.
"Aber ich habe kaum etwas selbst gemacht, nur weil ich ein paar Wochenziele hier und da mache und ein bisschen was Aufschreibe, heißt es nicht, dass ich die Welt bewege."
Und es stimmte, ich glaubte nicht daran, dass ich durch ein bisschen Reden und ein bisschen Schreiben zur 'Vernunft' käme, oder dass ich dadurch plötzlich doch zunehemn wollte.
"Die Betreuer berichten mir alle nur in hohen Tönen von dir, du macht nicht nur ab und zu Mal etwas, du hast meist alles fertig in den ersten Tagen- machst dort wahrscheinlich eher zu viel."
Er hielt kurz inne, um die richtigen Worte zu suchen.
"Du machst einfach mehr, Grell. Mehr für dich. Vielleicht ist deine erste Intention nicht dadurch gesund zu werden, auch wenn es dazu beiträgt, aber irgendetwas hält dich am Laufen."
Mich störte es, dass er immer Recht hatte, und alles aus seiner optimistischen Brille sah.
Dass egal wie scheiße die Situation auch sein konnte, er immer etwas fand, was es doch etwas ertäglicher machte.
Nicht dass ich mich beschweren würde.. es war schön nicht alles nur schwarz und weiß zu sehen- auch wenn ich es selbst noch nicht konnte.
Adrian konnte es immer..
"Möchtest du gesund werden?"
Seine Stimme war stark, er riss mich aus meinen Gedanken.
Etwas überrascht sah ich zu ihm, nicht dass ich von der Frage überrascht war, nein.. Ich hatte sie jetzt schon so oft gehört.
..Mich überraschte mein Zögern bei der Antwort.
"I..Ich weiß nicht, ich.. denke mal schon..?"
Anwortete ich vorsichtig, Angst, dass die Wörter die ich aussprach mir etwas antun könnten.
Zuzugeben, dass ich gesund werden wollte. Dass ich diese ganzen Belastungen nicht mehr aushalten konnte, dass auch mir ein glückliches Leben bevorstehe durfte.
Die ganze Wut und Frustration in mir die ich so lange zurück gehalten hatte, spürte ich gerade ganz kräftig.
Ein Leben mit Adrian, ohne dumme Sorgen übers Essen.
Ein Leben mit Adrian, zusammen glücklich.
Mit normalem Alltag,
Mit Liebe füreinander.
Ich merkte wie meine Augen glasig wurden.
"Ich möchte mein Leben wieder haben."



Ich verstand nicht wie diese einfache Frage, die ich schon so oft gehört hatte, das in mir auslösen konnte.
Diesen.. bescheuert wirkenden Motivationsschub, diesen anscheinlichen Drang nach Leben.
Ich habe nie die Sehnsucht nach Normalität so sehr gespürt wie jetzt, nie die Sehnsucht nach.. einem glücklichen Leben.
Die Sehnsucht war immer da, doch ich hatte es nie bemerkte.. nie zugelassen.
Zu funktionieren- nicht Sehnsucht zu haben nach idyllischen Vorstellungen.
Herr Reevens spürte meine Energie, meine Gefühle.
Er mekte, wie sich da etwas zusammenbraute in mir, und was für eine Kraft diese eine Frage hatte.
Er wollte diesen Moment nicht einfach gehen lassen.
"Was möchtest du, Grell?"
Mein Atem wurde etwas schneller durch das Chaos in mir.
"Ich möchte gesund werden."
Sagte ich entschlossen, meine Hände ballten sich.
"Gesund und.. zufrieden, gesund und glücklich!"
Rief ich.
„Ein leben wo auch ich all diese frohen Momente verdient habe! Wo ich.. wo ich es verdient habe zu leben! Keine Krankheit, die so eine Kontrolle über mich hat."
Ich merkte wie ich ins schluchzen kam.
„Ich möchte ein Leben mit Adrian haben, zusammen..! Ohne Schuldgefühle nachdem ich etwas gegessen habe, ohne dass ich mich jeden Tag 10 Mal auf die Waage stellen muss.."
Ich kam etwas außer Atem, Herr Reevens Aufmerksamkeit dachte nicht mal daran, von mir abzuweichen.
„Ich möchte ein Leben haben, in welchen auch ich mich lieben kann!"

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