P.o.V. Undertaker„Hallo mein Schatz, wie geht es dir?"
Ich hörte ihn am anderen Ende der Leitung überraschend stark auflachen.
„Ja, mein Schatz, mir geht es blendend."
Betonte er.
Ich grinste leicht, musste mich schon fast dazu zwingen.
Herr Linebeck hatte mich gerade über die Selbstverletzung informiert, sowie über die Gewichtsabnahme.
Ich hörte ein monotones Maschinengeräusch im Hintergrund laufen.
„Du wirst so spät noch sondiert?"
„Weil die mich so lieb haben heir."
Jetzt musste ich mehr Grinsen.
„Das finde ich gut."
Er machte ein ‚Pff'.
„Das war mir klar."
Fügte er hinzu.
Während des Telefonates machte ich ein wenig Papierkram, schrieb kaum anwesend irgendwelche Dinge auf die sich schon als richtig erweisen würden, alleine im Keller, still.
„Wie geht es dir nun wirklich."
Meinte ich dann.
Er seufzte und summte.
„Dir hat bestimmt jemand Bescheid gegeben, also weißt du's wohl."
„Ich möchte es aber von Dir hören, nicht von irgendwem anderen."
Ich hörte es am anderen Ende rascheln, er legte sich wohl hin.
„Ich weiß nicht. Jetzt gerade ist es etwas besser, aber sonst.. nicht wirklich."
Ich legte den Stift ab.
„Wie findest du es mittlerweile auf Station?"
Er fing an zu lachen.
„Ach keine Ahnung.."
Er hielt inne.
„Es ist eigentlich nicht schlecht hier. ..eigentlich. Aber ich weiß nicht ob mir das hier helfen wird."
„Ich glaube fest daran."
Ich spürte ihn Lächeln.
„Jaja."
Er seufzte.
„Ich weiß ja nicht.."
Ich hob wieder den Stift auf.
„Ist doch auch normal, meinst du nicht?"
Er summte nur.
„Bestimmt."
Er war sehr abwesend.
„Was schaust du gerade an, hm?"
Lächelte ich.
„Wovon redest du."
Meinte er zwei Takte zu spät und nicht als Frage gestellt.
„Fesselt dich irgendetwas mehr als unser Gespräch?"
Er lachte kurz.
„Wieso, eifersüchtig?"
Ich schrieb den Absatz zu Ende, wartete auf ein paar weitere Sätze.
„Ich schaue zum Dienstzimmer, liege auf dem türkisfarbenen Sofa, Beine überkreuzt und Telefon am Ohr."
Er mache eine Atempause.
„Aufs andere Sofa darf ich nicht, sonst könnten die Betreuer mich nicht sehen. - Außerdem bin ich sehr erschöpft."
„Verständlicherweise."
Ging ich auf seine letzte Bemerkung ein.
„Willst du dich dann nicht lieber hinlegen?"
„Ich liege doch gerade."
Ich lachte.
„Du weißt sehr wohl was ich meine."
Grinste ich, er wohl auch.
„Ich möchte aber lieber die letzten Minuten noch mit Dir telefonieren."
Ich vermisste seine Berührungen.
„Da fühle ich mich aber geschmeichelt."
„Solltest du auch."
Er atmete tief ein und aus.
„Wie geht's dir denn überhaupt, entschuldige ich habe nicht früher gefragt."
Ich lächelte leicht, vielleicht eher traurig.
„Das Haus ist sehr leer ohne dich."
„Da bist du aber sehr toll der Frage ausgewichen."
Ich lachte etwas.
„Ach, im Großen und Ganzen geht es mir so wie immer, kriege Euphorieschübe von der Vorfreude zum Wochenende."
Möglicherweise wehleidig da ein gewisser Rotschopf gerade nicht mehr da ist, aber das sagte ich nicht.
„Was ich nicht alles für dich tue."
Kommentierte er und ich stimmte ihm überschwänglich zu.
Ich hörte ein Klopfen, seinerseits aus.
„Müssen wir auflegen?"
„Hmmm."
Ich hörte es wieder rascheln er setzte sich auf und stand dann sogleich, Rollen der Sonde klirrten über den glatten Boden.
„Ich hab dich lieb, gute Nacht und bis zum Wochenende."
Sagte er, stand bestimmt vor der nächsten Glastür.
„Ich dich auch, wir sprechen uns morgen."
Er summte.
„Gute Nacht."
„Nacht."
Es piepte.P.o.V. Grell
Ich lege auf und öffnete die Tür, klopfte am Dienstzimmer und gab das Telefon ab.
Die linke Hand immer um das Gestell der Sonde, konnte das alles schließlich nicht an der Nase hinter mir her ziehen.
Herr Linebeck nahm das Telefon an.
„Brauchst du noch ein Gespräch?"
Er war für mich zuständig.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Muss wahrscheinlich, oder? Sonst habe ich das Wochenziel nicht geschafft."
Er lachte kurz auf.
„So habe ich das gar nicht gesehen. Also, sollen wir?"
Ich nickte zögernd.
Es wäre schon irgendwie gut.
Irgendwie..
Er stand grinsend mit einem Schwung auf, lief voraus und setzten uns in die Küche.
All die anderen Patienten waren im Garten, auf der Terrasse, hörten Musik und lachten.
Ich schaute zu ihnen raus.
„Willst du auch mit raus?"
Ohne den Blick abzuwenden sagte ich,
„Ich darf doch nicht."
Er schwang seine Hand in einer kurzer Bewegung.
„Wenn ich mit draußen sitze und die Sonde durchgelaufen ist, wäre das kein Problem."
Ich überlegte.
„..eher ich."
Er nickte.
„Gut, das ist auch in Ordnung."
Ich konnte seine Ausstrahlung kaum fassen, er war immer am Grinsen, immer positiv, von Mal zu Mal ernst mit einer gewissen Leichtigkeit und Humor.
Nicht so wie Rica, gar Revens - Herr Linebeck machte durchgehend irgendwelche Witze.
„Hast du hier schon ein paar Leute gefunden mit denen du dich verstehst?"
Ich grinste kurz.
Wie oft wurde mir diese Frage jetzt schon gestellt.
„Ich habe das Gefühl ich verstehe mich mehr mit den Mitarbeitern als mit den Patienten."
Er lachte.
„Bisher hast du dich auch nicht viel mit den Anderen getroffen, oder?"
Ich zuckte mit den Schultern.
„Kann schon sein."
Mein Blick ruhte auf dem Tisch, welcher nach dem Abendessen so wie jeden Tag sauber abgewischt worden ist.
Wie resümierten ein wenig den Tag, mal wieder.
Wie es gerade so ist, und, und, und.
Meiner Ziele, Sorgen, und, und, und.
Das Gerät welches ich mit mir rumtragen musste piepte, ich drückte auf den Aus-Knopf.
„Möchtest du noch irgendetwas loswerden?"
Fragte er zum Ende des Gespräches, ich verneinte.
Wir haben fast eine halbe Stunde miteinander gesprochen.
Im Anschluße dessen gingen in de Medi-Raum, er entfernte das Gestell.
„Und was machst du jetzt?"
„Ich glaube ich gehe schlafen."
Er nickte, meinte er würde dann gleich die Matratze mit jemanden aus dem Zimmer raustragen und in den Gruppenraum legen.
Ich summte daraufhin.
Als er mit dem Bett beschäftigt war ging ich zu Frau Zent, wollte mich fertig machen.
Ich musste von ihr begleitet werden, holte meine Sachen aus dem Zimmer und ging ins große Bad.
Sie stand vor der angelehnten Tür.
Ich ließ den Wasserhahn laufen und probierte währenddessen die Sondierung aus meinem Magen rauszusaugen, an dem Endstück des Schlauches.
Es klang ekelig, war ekelig, aber musste gemacht werden.
Zugegeben, es schmeckte auch wirklich nicht gut.
Ich stellte mich vor den Spiegel, fuhr mir über die Knochen, ich war so schwach.
Konnte mich kaum halten.
Fertig damit putzte ich mir die spitzen Zähne, öffnete sogleich den Verband und wollte die Nähte entfernen.
Ich brauchte dafür keine Schere oder sonst was, wäre ja auch peinlich als Shinigami.
Mit Leichtigkeit riss ich sie raus, natürlich reizte das die Haut mehr, aber das interessierte mich nicht.
Ich verband wieder den Arm, durch das Adaptic würde im Nachhinein auch nicht der neu gebildete Schurf abgerissen werden.
Schnell, um Frau Zents Aufmerksamkeit nicht zu wecken, machte ich mit mich dann wirklich fertig, und ging raus.
Legte mich auf die Matratze in Mitten der drei Sofas vom Gruppenraum, probierte das helle Licht des Flures zu ignorieren und zog mir die Decke über den Kopf.
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A Way To Escape
FanfictionTrigger Warning : Essstörung. Anorexie und Grell - zwei sich Suchende finden sich. Der Rotschopf wusste keinen Ausweg mehr, er hat keine andere Strategie, keinen anderen Bewältigungsmechanismus je gelernt, als Kontrolle. Es fällt ihm alles durch...