P.o.V. UndertakerIch schmunzelte traurig ins Telefon.
„Eine Stunde ist ja nicht allzu viel."
Es ging um die Besuchszeit.
„Ich habe zumindest Eine rausgeschlagen, er hatte mit einer Halben angefangen.."
Im Hintergrund hörte man lautes Gelächter.
„Wie sind die Leute so?"
Er seufzte lautstark.
„Das klingt ja vielversprechend."
Grinste ich leicht mitleidig.
„Nun ja.."
Fing er an.
„Ich weiß noch nicht, einige gute Eindrücke gewonnen und andere nicht so gute. Hier ist ein Junge der ahnungslos unachtsam mit Wörtern um sich herum schmeisst, und bei mir auch einige Treffer gelandet hat.. um es nett auszudrücken."
Ich seufzte.
„Aber sonst sind die hier alle.. ganz okay, vielleicht ein wenig laut und trotzig.. aber es ist okay."
„Sind das etwa wirklich positive Worte von Dir?"
Er machte ein ‚Pff'.
„Das ändert nichts an der Sache, dass ich nicht hier sein will."
Ich lächelte leicht.
Stur wie immer.
„Hattest du Einzel mit Herrn Revens?"
Er summte.
„Er ist auch ganz okay, denke ich."
„Er macht auch einen kompetenten Eindruck auf mich."
Ich fuhr mir durchs Haar und lehnte mich weiter zurück.
„Mein Alltag ist übrigens ziemlich monoton. Dafür habe ich die anstehende Arbeit weitergehend fertig, und die Kunden sind nicht mehr im Überfluss."
„Und Sonntag sehen wir uns ja auch schon."
Murmelte er.
„Zum Glück."
Lächelte ich.
Während des Besuches durften wir zwar nur auf Station bleiben, aber das ist ja verständlich.
Mit der Sonde durfte er das Klinikgelände sowieso nicht verlassen.
Ob es ein Schock sein wird ihn Sonntag so zu sehen?
„Soll ich noch irgendwas mitbringen?"
Er überlegte.
„Ich glaube nicht. Ich kann sowieso nicht ins Zimmer, da wäre es lästig immer mit Begleitung reinzugehen um ein Kleinigkeit zu holen."
Seufzte er.
„Dann kannst du dir doch die Gegenstände in dein Zimmer stellen um dich zu motivieren."
Kicherte ich.
„Klasse Idee."
Murrte er und seufzte wieder.
„Mein Fenster ist auf die Station der Jüngeren gerichtet, die sind immer so laut."
„Ist das ein Argument dafür, dass du nicht wieder in dein Zimmer gehen solltest?"
„Hm.. nimm' wie du's willst."
Ich lächelte.
Man hörte ein klopfen im Hintergrund.
„Wir müssen auflegen."
Jetzt schon?
„Dann wünsch ich dir eine gute Nacht, wir sehen uns Sonntag."
„Ja, schlaf gut - ich freue mich."P.o.V. Grell
Ich stand auf und gab das Telefon ab.
„Und?"
Fragte Herr Rica.
Ich wusste erst gar nicht was er meint.
„Äh.. war gut, denke ich mal."
Nur das Auflegen ist nicht so toll.
„Sollen wir uns gleich mal zusammensetzen?"
Ich schluckte.
„Ähm.."
„In 15 Minuten? Ich habe jetzt noch ein Gespräch und danach?"
Ich nickte.
„Können Sie mir davor noch die Sonde anschließen?"
Er drehte sich mit dem Drehstuhl um, schaute auf die Uhr.
„Stimmt! Gut dran gedacht."
Lächelte er und stand mit einem Schwung auf.
„Ich bin sofort da."
Sagte er zu Klara und zeigte mit einem Finger auf sie, als wir Richtung MediRaum liefen - Klara war auch in Team Blau und hatte wohl gleich Tagesreflexion, wartete auf dem roten Sofa.
Ich setzte mich auf die Liege.
„Dann bist du gleich in der Küche, oder?"
„Ich denke mal."
Er nickte und holte den Ständer raus, hing den vollen Beutel ran.
„Noch einen Apfel dazu?"
„Hahah."
Er lächelte.
„Frau Minh wird sich dazu setzen."
Sie war die neue FSJ-lerin, eine halbgrosse Asiatin mit leichtem Akzent.
Ich nickte bloß.
Ist das nicht bescheuert, unter den Shinigami, den Göttern, gibt es welche die ein FSJ in einer Klinik anfangen.. wer ist wohl tiefer gesunken.
Bei den Mahlzeiten musste immer jemand dabei sein, auch wenn ich 'nicht wirklich' aß.
Ich nahm mir die Zeitung vom Vormittag und probierte das angefangene Kreuzworträtsel zu vollenden, um somit irgendwie die Zeit zu überbrücken.
Abends saßen immer welche in der Küche, anscheinend fast schon eine Tradition.
Somit hätte ich also auch immer Gesellschaft..
Musik durfte ich nicht hören, die Zeitung bei mir haben schon.
Frau Minh spielte mit den anderen ein Spiel, schaute dabei immer mal wieder zu mir.
Skip-Bo.. so eine langweilige Zeitverschwendung, das höchste der Gefühle ist wohl UNO.
Jetzt eine Runde mit Adrian zu spielen.. ich lächelte.
Das Kreuzworträtsel ging mir auf die Nerven und ich las mir die Artikel durch.
‚Unzufriedenheit der Shinigami steigt', ‚Verdonnert zum ewigen Leben - eine Strafe oder doch ein Segen?', ‚Dämonen nur geprägt von Völlerei, die sind nicht das hohe Tier', ‚Fortschritt der Kontaktlinsen ist höher denn je, aber die Frage ist doch - sollen es farbige werden?'.
Was soll das sein, ein Klatschmagazin?
Genervt von der Zeitung blätterte ich um.
Ich seufzte leise.
Nichts Gutes dabei.
Ich schielte vorsichtig zu den anderen am Ende des Tisches rüber.
Soll ich mich zu ihnen setzen..?
Oder zumindest näher hinsetzen..
Ich war zwei Stühle von Ihnen entfernt, saß so gut wie gegenüber von Ihnen, am anderen Ende des Tisches.
Auch wenn der an sich nicht allzu lang war.
Überlegend schaute ich wieder auf meine Zeitung um nicht aufzufallen.
Mit der Sonde darf ich sowieso nicht aufstehen.. außerdem kommt Herr Rica gleich.
...ich suchte nach Ausreden.
Schluckend stand ich dann mit der Zeitung auf, setzte mich auf den Platz neben Mark der mir vor ein paar Tagen den Patientenordner erklärt hatte.
Sie waren alle kurz still, lächelten dann zufrieden und teilten die Karten weiter aus, ich starrte schambesetzt weiter auf die Zeitung und schaute auf die Horoskope.
Als ich mich etwas beruhigt hatte legte ich das Stück Papier weg und schaute Ihnen zu.
Sie waren etwas laut, wie es normal ist bei einem Kartenspiel mit vier Personen.
„Möchtest du auch mitmachen?"
Fragte Mark plötzlich, der eigentlich eher der Stillere war.
Überrascht schreckte ich etwas hoch.
„Ich schau nur zu, ich hab sowieso gleich ein Gespräch."
Lächelte ich leicht überfordert.
„Dann musst du aber mich anfeuern, und auf keinen Fall ihn hier."
Sagte Mary, welche auf Mark hinwies.
Wahrscheinlich da er ihr die ganze Zeit die Karten falsch auslegt.
Mary hatte sehr langes eher dunkleres blondes Haar, zwei Strähnen hingen ihr von dem Mittelscheitel gleichmäßig die Seiten herunter.
Sie war etwa so alt wie ich, eine große viereckige Brille und lange silberne Ohrringe trug sie.
Ihre Gesichtszüge waren eher kantig, hatte eine Durchsetzungskraft die man schon beim reingehen des Raumes spürte, ein Gefühl dass sie jemand wäre, der einen wieder in die Realität führen würde, wenn man mal vergisst wo man steht.
„Das ist ja unfair."
Antwortete Mark mit einer sehr präsenten Monotonie und gleichzeitiger hoher Aufmerksamkeit, wartete den nächsten Zug ab.
Neben Mary saß Pierre welcher schon die Verzweiflung und den Ärger ins Gesicht geschrieben hatte, durch seine Handkarten nehme ich mal an.
Er ist wohl nicht sehr geduldig.
Die ‚Ereignisse' von heute Mittag hat er schon vergessen, so scheint es zumindest.
Wahrscheinlich sieht er es als keine große Sache an, jetzt da es für ihn geklärt ist.
Und ich musste so lange mit Herrn Revens darüber sprechen.. wir hatten eine halbe Stunde überzogen.
„So ein doofes Spiel."
Murrte er und legte eine Karte ab.
Herr Rica betrat den Raum und sah zu mir.
„Wollen wir?"
DU LIEST GERADE
A Way To Escape
FanfictionTrigger Warning : Essstörung. Anorexie und Grell - zwei sich Suchende finden sich. Der Rotschopf wusste keinen Ausweg mehr, er hat keine andere Strategie, keinen anderen Bewältigungsmechanismus je gelernt, als Kontrolle. Es fällt ihm alles durch...