P.o.V. GrellMein Gesicht war zur Wand gerichtet.
Ich konnte seinen Blick förmlich an mir spüren.
Bestimmt hatte er seine Augen zu.. aber ich - urgh!
Warum müssen wir in einem Bett schlafen, ich kann mich nicht mal zu ihm drehen.
Meine Hände krallten sich an die Decke fest, Knie leicht zur Brust gewinkelt.
Wir waren keine 25cm voneinander entfernt.
Ich konnte meine Augen nicht schliessen ohne nervös zu werden.
Die Gardinen über mir ließen einen Schimmer von Mondschein durch den Raum fließen.
Mein blaues Nachthemd und die lange schwarze Strickjacke hielten mich nicht vom Frieren ab.
Die zwei Decken halfen auch nicht, die karierte Jogginghose spürte ich kaum.
Aber das kannte ich schon - bloß war mir jetzt noch unwohler wegen dem grauhaarigen Mann hinter mir.
Pff, der konnte einfach irgendein schwarzes Hemd anziehen mit kurzer Hose.
Am liebsten hätte ich mir noch etwas angezogen - oder mich bewegt.
Doch ich komme nicht an ihm vorbei, er liegt Richtung Tür, und durch meine schlechte Sicht würde ich am Besten noch über ihn stolpern.
Nicht mal ein Glas heißes Wasser kann ich holen..
Ich stülpte die Decken weiter an mich.
Mit der Konzentration auf meine Atmung und leichtes bewegen meiner Beine verdrängte ich meine Umgebung.
Bis sich plötzlich noch eine Decke auf mich legte.
Total erschreckt drehte ich mich, sah Adrian in seinem Sommeroutfit wie er die Decke richtete.
„..danke."
Murmelte ich, voller Scham, und entschied mich die Seite zu wechseln, mein Gesicht zu ihm gewandt.
„Es sind 24 Grad."
Sagte er leise, legte sich dann auch wieder hin.
„Und ich bin untergewichtig - wollen wir noch mehr offensichtliche Fakten auf den Tisch werfen?"
Murrte ich, klammerte mich an die neue Decke.
Sein Blick war genau auf meinem.
„Bist du müde?"
Ich seufzte und zuckte etwas mit den Schultern.
„Erschöpft. Aber jetzt wo ich liege werde ich immer wacher, total bescheuert."
Er grinste leicht.
Seine grünen Augen schimmerten durch das dichte Haar.
„Willst du noch eine heiße Milch zum einschlafen haben?"
„Klar, am besten noch mit Honig."
Murkste ich.
„Wir können ja den Fernseher laufen lassen wenn das was bringt."
Schließlich lagen wir schon seit 2 Stunden da..
„Warst du die ganze Zeit wach?"
Fragte ich, er drehte sich auf den Rücken.
„Mehr oder weniger."
Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf.
Was sollte das denn heißen?
„Ahja."
Er nahm sich die Fernbedienung und ließ den Kasten auf niedriger Lautstärke laufen.
„William kommt vielleicht morgen."
Ich verzog meine Augenbrauen.
„Schon wieder?"
Er summte.
„Hängt von deinem Gewicht ab."
Ich verdrehte die Augen.
Lächerlich.
„Er hat Angst."
Er doch auch.
Unkonzentriert schaute ich zum Bildschirm.
„Ich hab es unter Kontrolle."
„Das glaubst du doch wohl selber nicht."
Ich zupfte an meiner Decke herum, meinen Blick ausruhend.
„Ich möchte in keine Klinik."
„Wenn es nicht anders geht, müssen wir das machen."
„Aber es geht ja so, sonst würde ich nicht hier liegen."
„Grell, normalerweise wärst du schon länger irgendwo stationär. Wo willst du sonst hin?"
„..ich kann doch hierbleiben."
Seufzte ich leise.
„Kannst du leider nicht - auch ich werde nicht zusehen wie du dahin vegetierst. Das werde ich nicht zulassen - die Leute dort können dir bestimmt mehr helfen als ich."
Ich will aber nicht weg.
„Ich weiß es ist schwer, aber wenn du da für einige Monate wärst und dann wieder stabil genug zurückkommst?"
„Hör auf so zu reden als wenn es schon entschieden wäre."
„Was glaubst du, schaffst du es hier?"
Ich stockte.
Ich wusste doch nicht mal ob ich es überhaupt schaffen wollte.P.o.V. Undertaker
„Dachte ich mir."
Sagte ich dann nach seiner Pause.
„Ich weiß, dass es schwer ist, aber sieh eine Einrichtung - falls es soweit kommen sollte - als Chance an und probiere das Beste daraus zu machen. Jetzt sind wir aber erstmal hier und warten bis morgen ab."
Ich wollte seine Hand halten, ihn umarmen und am liebsten nie wieder loslassen, doch ich wusste, dass er auch damit zu kämpfen hatte.
„..ich weiß nicht ob ich überhaupt gesund werden möchte."
Murmelte er, als ob es irgendeine schlimme Beichte wäre.
„Das ist doch ganz normal."
Versicherte ich ihm, drehte mich zu ihm.
„Das ist doch auch ganz logisch, schließlich gibt dir das Sicherheit, und du weißt nicht was danach kommt - aber was du dir bewusst machen musst, ist, dass das nicht deine Gedanken sind, sondern die deiner Krankheit. Die Stimme die sagt, dass du es nicht kannst."
Er schaute weg.
„Ich meine, wenn ich jetzt einfach so schnipsen könnte und ich wäre wieder ‚gesund', dann würde ich es.. wahrscheinlich machen - aber so, den ganzen Weg zu gehen, so viel wieder zuzunehmen? Schon klar, es geht nicht nur um das Gewicht, aber.. ich bin dann ein Niemand - ich bin einfach gar nichts mehr. Ich wüsste gar nicht, was ich den ganzen Tag machen würde, was ich denken würde - mehr als das hier macht mich nicht aus. Ich bin nicht mehr als die Krankheit."
Er deutete auf sich.
„Für mich bist du alles andere als die Krankheit. Scheiss auf die Krankheit - sie ist ein Teil von dir und wird es auch immer sein, aber sie beherrscht dich nicht. Du bist immer noch Grell, und das ändert sich nicht. Und ich liebe dich nicht wegen der Anorexie, ich liebe dich, weil du so bist wie du bist, und das ist gut genug."
„Hm."
Er wurde etwas rot.
„Auf Dauer wirst du das mit mir nicht aushalten, wenn sich nichts ändert. Oder an sich.."
Ich grinste.
„Ich glaube sehr wohl, dass ich das kann - und es wird sich ändern, du musst es bloß wollen. Schließlich bist du schon dabei."
„Du bist viel zu positiv."
Er hob seinen Blick.
„Realistisch würde ich sagen.. etwas positiv - vielleicht bist du aber auch zu negativ."
„Tja, Gegensätze ziehen sich an."
Ich lachte.
„Siehst du? Darum liebe ich dich."
„Pfffbff."
Er konnte die drei Wörter nicht hören - also musste ich sie wohl noch ganz oft wiederholen.Versunken in belangloses Gefasel und immer träger werdenden Augen schliefen wir ein, den Fernseher im Hintergrund laufend mit einer noch belangloseren Sendung.
P.o.V. Grell
Meine Augen öffneten sich, der Wecker klingelte.
Ich spürte einen Arm um mich gelegt.
Adrian griff über mich und schaltete das Gepiepe aus.
Die Wärme an meinem Rücken war eine, die ich noch nie zuvor so gespürt habe.
Meine Finger umschlossen seinen Arm, und ich merkte wie er.. geschockt darüber war.
Vielleicht auch etwas überfordert.
„Noch 10 Minuten."
Murmelte ich und ließ nicht los, schließlich lag er noch hinter mir.
„Okay."
Bekam ich hauchend zurück, mit einem Lächeln auf den Lippen, vorsichtig den anderen Arm um mich legend.
Ein wenig rot probierte ich es zuzulassen, mich einzulassen.
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A Way To Escape
FanfictionTrigger Warning : Essstörung. Anorexie und Grell - zwei sich Suchende finden sich. Der Rotschopf wusste keinen Ausweg mehr, er hat keine andere Strategie, keinen anderen Bewältigungsmechanismus je gelernt, als Kontrolle. Es fällt ihm alles durch...