P.o.V. Grell„Die Sondierung muss ebenfalls erhöht werden."
Ich spannte meine Lippen an.
Es war Dienstag, der Wiegetage für alle, und nur einer meiner wenigen.
„Ich habe 600 Gramm abgenommen, na und?"
Ich tippte mit meinen Fingerspitzen leicht an die Tischkante, umschlug meine Beine.
„Grell, das sind 600 Gramm, in kaum einer Woche. Jetzt müssen die Maßnahmen getroffen werden."
Herr Rica saß gegenüber von mir, das waren doch alles nur Anweisungen von Herrn Revens, der grade in irgendeinem scheiss Gespräch war.
Na dann freue ich mich ja auf das heutige Einzel mit ihm.
Komplette Blamage..
Es war Vormittag, nach dem Frühstück, kurz nach der Zwischenmahlzeit, kurz vor dem Mittagessen.
Essen, Essen, Essen über Mahlzeiten, Mahlzeiten und noch mehr Mahlzeiten.
Und dabei saßen wir auch noch in der Küche, und im MediRaum während man die Sondierung entfernt hat das Gespräch angekündigt.
„Das ist halt etwas über ein halbes Kilo, was soll's..?! Das macht doch auch keinen großen Unterschied."
„Das macht einen sehr grossen Unterschied, vor allem bei deinem sowieso tiefem Gewicht."
Seine Stimme war ruhig, so wie immer.
Ich zögerte kurz, da mir seine Bemerkung ein wenig Zuspruch gab, trotz dessen zügelte es nicht meine Gefühlslage.
„Im Endeffekt kann ich doch sowieso nicht entscheiden darüber."
Meinte ich Zähne nicht hörbar knirschend um meine Verzweiflung darüber zu unterdrücken.
„Das stimmt."
Sagte er nun und ich schaute kurz hoch.
Jetzt sollte nicht nur die Sondierung erhöht werden, sondern ich musste jetzt fest im Gruppenraum schlafen, Toilettengänge wurden mit begleitet, und beim Duschen mussten sie mit im Raum stehen.
Natürlich würde man in die andere Richtung schauen, machte es das besser?!
„Ist ja eine tolle Einrichtung hier."
Meinte ich dann harsch und stand auf, ging raus.
Er rief noch meinen Namen, aber das war mir, entschuldigt die Wortwahl, verfickt noch mal egal.
Sauer und traurig und.. ach keine Ahnung!
Ich lief ins Zimmer, ich wusste dass Mary nicht da war.
Als ich vor der Tür stand sah ich nach rechts, Herr Revens lief gerade auf die Station mit seinem typischen Gang.
Wir hatten Augenkontakt, er zog seine Augenbrauen bedächtig hoch, doch ich ging einfach nur ins Zimmer.
Er wusste schon worum es geht, natürlich wusste er es!
Sauer knallte ich die Tür zu, kniff meine Augen zusammen, meine Stirn an das graue nicht wirklich schalldichte Holz angelehnt.
Die Tränen konnte ich nicht aufhalten, voller Anspannung drückte ich immer fester gegen die Klinke bis mir meine Nägel in die Handballen bohrten.
Nicht darüber interessiert ließ ich los und ging weiter ins Zimmer, dessen Duft eine leichte Brise Zitrone ausstrahlte.
Ich setzte mich auf meine orangegelbe Bettwäsche mit dem gelben Bettlacken, den Standard Klinik Bettbezügen.
Erst jetzt spürte ich das Kribbeln in den Inneren meiner Hände, schaute ein mal kurz drauf, ließ es dann auch so wieder.
Ich schaute aus dem Fenster, sah die jungen Shinigami im Garten rumturnen.
Wie sie hüpften und kreischten, lachten und keiften.
Ich schloss die Gardinen.
Ebenfalls in gelb.
Als ich mich wieder auf die selbe Stelle wie eben setzte klopfte es an der Tür.
Es konnte mir nicht mehr egal sein zu antworten.
Mein Blick war wie gebunden an den Boden.. den Gelben.
„Grell?"
Hörte ich, es klopfte wieder.
Es war Herr Revens.
„Ich mache jetzt die Tür auf."
Mir liefen immer noch die Tränen, still, schon am Kiefer getrocknet.
Der große Mann trat in den Raum, schloss die Tür hinter sich.
„Was ist denn los?"
Fragte er während er sich auf das Bett gegenüber von mir setzte, mit ruhiger Stimme, die aber eine gewisse Finesse mit sich brachte.
Nicht drängelnd gar sauer, nicht vor Neugier strahlend aber keines Wegs von Gleichgültigkeit geprägt.
Durch das kurze Öffnen der Tür strich ein kalter Luftzug an meinen Knöcheln entlang.
Ich antwortete nicht, mein Kopf sank immer weiter, unbemerkt selbst von mir.
„Ist es wegen dem Gespräch gerade?"
Ich antwortete nicht.
Er saß in seiner typischen Herr Revens Sitzposition da - Beine auseinander, darüber gebeugt und zwischen dessen die Hände gefaltet.
Die machte er immer, wenn er nun etwas sehr ernst meinte, dass es auch bitte bei dem anderen ankommen soll.
„Schau, ich weiß dass es sehr schwer für dich ist. Aber diese Konsequenzen sind notwendig, und daran werden wir und auch du nichts ändern."
Er hielt kurz inne, misste aber keine Sekunde.
„Rational kannst du es mit Sicherheit verstehen, auch wenn es hier nicht ankommen will."
Er deutete auf die linke Seite seiner Brust.
„Aber so kann es nicht weitergehen, weiter möchte ich es nicht kommen lassen."
Mein Kopf sank weiter.
„..es ist einfach nur übertrieben."
Bekam ich dann raus.
Er hörte gespannt zu.
Er war der Typ Wesen, der nicht weiterfragte um dann Antworten zu bekommen, sondern einfach nichts sagte, mit der Erwartungshaltung der andere würde weitersprechen.
Somit entstand dann immer eine unangenehme Stille die ich nicht aushalten konnte, wodurch ich weiter sprechen musste.
Keine Ahnung ob das gewollt von ihm war, aber so jemand ist mir noch nie untergekommen, und das ist schon bemerkenswert.
„Es sind nur 600 Gramm, darüber so ein Drama zu machen ist einfach nur...(!) ..ich komme mir vor wie im Kindergarten.."
Man merkte dass er noch ernster als sonst war.
„Aber wenn du schaust, 600 Gramm in kaum einer Woche, davor schon stetig abgenommen ohne ein Anzeichen der Änderung, so hart es auch klingt. Aber genau deswegen sorgen wir für dich, und das macht uns auch nichts aus, denn wir wollen es, und du kannst es noch nicht."
„Ich will aber keine Hilfe."
Er lächelte etwas.
„Und wir werden es trotzdem weiter machen."
Ich ballte meine Hände, tiefer in die Einkerbungen meiner Handinnenfläche, bemerkte es nicht mal.
„Es wird einfach nur ein unnötiges Drama drum gemacht. Nächste Woche werde ich zunehmen, auch ohne diese verdammten Konsequenzen."
Ohne seine Mimik gar seine Sitzhaltung zu ändern sagte er,
„Und das glaube ich dir nicht."
Ich verzog meine Lippen leicht.
Plötzlich schaute er in seine Jackeninnentasche, die Hosentasche, suchte etwas, ich schaute etwas nach oben.
Er nahm einen Kugelschreiber raus, stellte sich etwas auf lehnte sich zu mir rüber.
„Deine Hände."
Ich schaute runter, sah die Rötungen.
Zögernd nahm ich den Stift an.
Wollte er so meinen Blick nach oben richten, mich wieder ins hier und jetzt bringen?
Niemals schert er sich um meine in Verletzung gebrachten Hände.
„Wenn du ihn kaputt machst ist auch oaky."
Er schmunzelte.
„Um nochmal zurück zu kommen, ich weiß, dass du es gerade nicht sehen kannst, aber dafür zeigen wir es dir, auch wenn es nicht einfach ist. Es scheint viel verlangt, aber dafür übernehmen wir diese Entscheidung, denn du bist gerade nicht in der Lage dazu."
Er hielt inne.
„Wie geht es dir?"
Ein wenig verwundert über diese Frage.
Vielleicht eher überfordert.
Und mal wieder legte er diese taktisch geplante Stille in den Raum.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß nicht. Scheisse? Was erwarten sie denn.."
Ich drehte den Kugelschreiber zwischen meinen Finger.
„Ich weiß nicht.."A/N:
Halloo, schon das 43. Kapitel, oha oha.
Ich habe das Gefühl ich komme nie zum Ende bzw. werde zum Ende kommen, bloß wird es weitere, wohlmöglich viele, Kapitel dauern.
Einerseits finde ich das gut, dieser Geschichte sollte ihrer Zeit gegeben werden, bloß habe ich Angst dass während der nächsten 15 Kapitel alle Leser abspringen.
Aber nun ja, ihr könnt ja mal in den Kommentaren eure Meinung schreiben.
Bei der SebaCiel FF ist übrigens das zweite Kapitel draußen, ich finde wirklich gefallen daran muss ich sagen.
Nun denn, ein schönes Wochenende euch!
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A Way To Escape
FanfictionTrigger Warning : Essstörung. Anorexie und Grell - zwei sich Suchende finden sich. Der Rotschopf wusste keinen Ausweg mehr, er hat keine andere Strategie, keinen anderen Bewältigungsmechanismus je gelernt, als Kontrolle. Es fällt ihm alles durch...