P.o.V. Grell„Du bist nicht alleine."
Er hatte seine Hand auf meinem Hinterkopf und ich grub meinen Stirn in seine Brust.
„Telefonzeiten sind jeden Tag, vielleicht dürfen wir das Wochenende dich besuchen kommen."
Wir lösten uns.
„Ich will hier nicht sein."
Ich wischte mir eine Träne weg, schaute hoch zu Adrian, seine Hände waren auf meinen Schultern.
Den Kontakt auszuhalten war schwer.
„Ich will hier nicht sein.."
Schluchzte ich weiter.
„Wir schaffen das zusammen. Herr Revens scheint doch ganz nett zu sein - muss ich mir doch viel eher Sorgen machen, dass du mir nicht wegläufst."
Probierte er mich aufzuheitern, ließ dann seine Hände auf die Oberarme sinken.
Konnte sie.. mit den Händen umgreifen.
„Ich packe heute deine Sachen, möchtest du noch irgendwas Bestimmtes? Elektrische Geräte darfst du leider keine haben, aber sonst?"
Wie wär's mit Laxativen? Oder Gewichten?
„Weiß nicht, ich brauche nichts. Einfach ein paar Bücher."
Oh Gott, können die Tränen nicht aufhören!
Er hielt mir ein Taschentuch hin, welches ich nickend dankbar annahm.
„Vielleicht auch ein paar Taschentuchpackungen."
Wir hatten fast keine Zeit mehr.
„Und meine Pantoffeln. Die Schwarzen. Die Roten sind scheisse."
Er grinste.
„Na klar."
Ich schnaubte ins Tuch.
„Und vergiss meinen Schal nicht.. und die Handschuhe."
„Direktes Anspornen zum Spazieren?"
„Halt die Klappe."
Muffelte ich ins Taschentuch.
„..ich brauch mein Schreibzeug. Und das rote Notizbuch in dem mittlerem Fach meines Nachtschrankes, wehe du schaust rein."
„Brauchst jetzt wohl doch mehr als erwartet."
„Zu schwach zum Tragen?"
Er lächelte.
„Zumindest hast du deinen Humor noch behalten."
Er wuschelte durch mein Haar, welches ich wieder richten musste.
„Asozial."
Murkste ich.
William ist schon lange gegangen.
Wir haben noch Tschüss gesagt.
..Etwas lebhafter als heute morgen.
Ich vermisse ihn.. schon.
Immer noch war ich dabei meine Haare zu richten.
„Jetzt komm ich auf die Station und seh aus wie irgendein Hinterwäldler.. urgh.."
„Du siehst gut aus."
Er nahm meine Hände weg.
„Und jetzt los."
Er küsste mir auf die Stirn und ich schloss ein Auge, beugte mich etwas nach hinten.
Es klopfte.
„Wir kommen!"
Rief er, strich mir noch einmal über die Wange.
„Ich liebe dich."
Ich drückte seine Hand fester.
„Ich dich auch."
Mit einem letzten Lächeln öffnete er die Tür, sahen Herrn Revens mit einem anderen Mann sprechen, auch so groß - so wie Undertaker.
Sind hier etwa nur Männer außerhalb der Chefärztin?
„Ah, sehr gut, da sind Sie ja."
„Guten Tag, ich bin Herr Rica."
Lächelte er, musste schon wieder seine Hand schütteln, zögerte.
Er warf einen kurzen Blick zu Revens.
„Gut, dann verabschiede ich mich schon mal von Ihnen, wir nehmen Grell direkt mit auf Station. Am Wochenende dürfen sie die auch besichtigen."
Sagte der Braunhaarige und wandte sich zu Adrian.
Ich hatte Kontakt mit dem.. Pfleger? Er schaute lächelnd zu mir.
Blondes, leicht braunes Haar - eher blond. Kurz.
Weitaus mehr Bart als Revens, dieselbe Farbe - einen Seitenscheitel, nicht gegeelt - eher ein wenig struppig.
Aber ein gutes struppig, wie ich fein geleckte Haare doch hasse.
Einen blauen Pullover und braune Jeans, fast schon eine Schlaghose.
Ebenfalls eine schmale Brille.
„Kommst du?"
Ich blinzelte und probierte wieder zuzuhören.
„..klar."
Ich schaute zu Adrian.
„Wir telefonieren heute Abend."
Ich nickte, winkte ihm dann zu.
„Bis dann.."
Murmelte ich und wollte ihn nicht aus den Augen lassen.
Ich hörte wie sich die Tür entriegelte.
Mein Kopf drehte sich zum Geräusch, schaute wieder zu Adrian.
Er war weg.
Ich schluckte.
„Kommst du?"
Ich eilte zu ihnen.
Wir gingen den Gang entlang, mussten am Ende links die Treppe herunter durch noch eine Tür, die man dieses Mal aber nicht entriegeln musste, und landeten in einem großen runden Rondell.
Im Inneren war eine Tischtennisplatte und eine Bühne, rundum waren Gardinen befestigt die man nach Belieben auf- und zuziehen konnte, sie waren alle offen, so wie es wahrscheinlich die meiste Zeit war.
Es gab 4 Stationen, Station 1, 2 und 3, sowie die TK, Tagesklinik - von oben sah es wohl aus wie ein Stern.
Vor der 2 stand ein Billardtisch, vor der 3 ein Kickertisch.
Die 1 war wohl die Geschlossene.
Zu jeder Station musste man einen relativ kurzen Gang lang laufen, die TK konnte man von den anderen Stationen nicht sehen, das Rondell war im Weg, es war nur knapp bis zur Hälfte offen - zu den drei Stationen.
Wir gingen den Gang der Zwei entlang, links war ein Therapeutenzimmer, aber nicht das von Herrn Revens.
‚Frau Jaden' stand dran.
Oho oho, Frauen gab es also doch noch welche.
Drinnen waren die gleichen roten Stühle wie vorhin, der gleiche Tisch sowie Schreibtisch.
Offene Regale mit einigen Büchern, Pflanzen und Puppen.
Rechts neben der Tür war ein Waschbecken.
Wir setzten uns hin, Herr Revens rechts gegenüber von mir, vor mir Herr Rica, der Tisch stand zwischen uns.
„Möchtest du anfangen?"
Fragte er den Betreuer.
„Ich kenne mich nicht so gut auf Station aus wie Herr Rica."
Lies er mich wissen.
„Also,"
Fing dann der andere an.
„Hier ist ein Blatt mit den Regeln der Station, wenn du es dr durchgelesen hast kannst du unten unterschreiben."
‚Ich Sieze das PED und Therapeuten, keinen sexuellen Kontakt unter Mitpatienten noch Personal, ich halte Absprachen ein, Zimmerlautstärke, Zimmerzeit um 22:00 Uhr, Mahlzeiten zusammen, keine elektrischen Geräte, keine große Anzahl von Lebensmitteln in den Zimmern haben, keine Waffen, Medikamente oder scharfe Gegenstände auf Station mitbringen, bla, bla, bla, bla.'
Ich unterschrieb.
„In den Zimmern hängen die auch noch mal an der Tür. Du bist in einem Doppelzimmer, erstmal darfst du nirgendwo alleine hingehen. Wir sind immer im Dienstzimmer, sag Bescheid wenn du auf die Toilette musst oder etwas aus dem Zimmer brauchst. Nach den Mahlzeiten hast du Ruhepausen, da reden wir aber später noch mehr drüber. Kriegst du Medikamente?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Nimmst oder hast du Diätpillen, Laxativum oder Ähnliches genommen?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Nicht lügen."
Hörte ich dann plötzlich rechts von mir.
„Nicht viele."
Revens schrieb mit.
Rica zog die Augenbrauen hoch.
„Ein paar pro Tag, die letzten Tage eher weniger."
Der Braunhaarige summte, der Blonde machte weiter.
„Erbrechen?"
Ich zuckte mit den Schultern.
„Weiß nicht, paar mal."
„Täglich?"
Ich verzog meine Lippen und zupfte wieder an meinem Hemd.
„Halt immer wenn eine Mahlzeit zu viel war."
„Also jeden Tag."
Meinte Revens.
..Ich nickte.
„Wieviel schläfst du pro Tag?"
„So 6-8 Stunden."
„Schläfst du durch? Einschlafprobleme?"
„Nicht soo sehr."
Er nickte.
War das hier Routine?
Herr Rica sah ziemlich sportlich aus - beide waren ziemlich schmal von der Statue her, schmal aber fit.
„Was machst du so gerne in deiner Freizeit?"
Ich zuckte überrascht mit den Augenbrauen.
Der plötzliche Themenwechsel?
„Ähm.. ich weiß nicht.."
Eine leichte Röte kam mir ins Gesicht.
„Machst du gerne Sport?"
Was ist das denn für eine dumme Frage.
„Schon."
„Was denn genau?"
„Ähm.. eher so Bodenübungen und Cardio. Für mich alleine."
„Auch Vereinssport? Fußball, Basketball in der Gruppe?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Darf ich hier Sport machen?"
„Noch nicht, aber vielleicht schon bald."
Bemerkte Herr Revens der passiv dabei saß.
„Du kriegst noch einen Stufenplan."
Große Klasse.
Ich nickte.
„Also, Basketball? Ich bin eher der Basketball Typ."
„..ich mache eher alleine Sport."
„Das können wir ja noch ändern."
Grinste es von rechts.
„Ich bin eher der gar kein Sport Typ."
Fügte er hinzu.
„Und kreativ veranlagt?"
Ich zuckte mit den Schultern.
„Ich spiele Klavier und wollte.. eigentlich anfangen Violine zu lernen. Zeichnen tue ich kaum, habe es noch nie wirklich ausprobiert."
„Wir haben hier diverse Co-Therapien, auch wenn wir die für Essstörung vorher festgesetzt haben. Aber vielleicht können wir ja Musiktherapie hinzufügen?"
Die Frage ging in die Richtung Revens, der seine Augenbrauen hochzog.
„Wenn Herr Trest noch einen Platz frei hat, dann habe ich nichts dagegen."
Er ließ seinen Blick wieder zur Akte schweifen.
„Was würde ich denn für Co-Therapien kriegen?"
„Kunst- und Tanztherapie, eine Sitzung geht jeweils immer 50 Minuten, genau so wie Einzeltherapien."
„Die hast du mit mir."
Grinste Revens breit.
„Gehst du gerne Spazieren?"
Kam dann plötzlich wieder Herr Rica.
Ich nickte.
„Also ist der Bewegungsdrang sehr hoch."
„Nicht so sehr."
„Es war keine Frage."
Warum waren die beiden mir sympathisch.
Warum ? - ich wollte hier nicht sein.
‚Sympathisch', so positiv vielleicht nun auch nicht..
Nett.
„Du bist in Team Blau, es gibt noch zwei andere Teams - grün und rot. Wir sind primär für dich zuständig, sind also auch meist im Kontakt mit Herrn Revens. Aber das heißt nicht, dass die anderen in der Schicht nicht auch für dich zuständig sind. Es gibt zwei Schichten tagsüber, jeweils ist einer primär für dich da - wenn jemand aus dem Team Blau da ist, ist er es dann wahrscheinlich. Falls du dich mit einem anderen Betreuer ganz besonders verstehen solltest, ist das auch kein Problem. Hier verbietet keiner den Kontakt zu irgendjemanden, alles was dir gut tut ist wichtig."
„..okay."
Sagte ich ein wenig überfordert.
„Selbstverletzendesverhalten?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Also, wenn man den Sport und Hunger nicht dazuzählt."
Sie nickten.
„Gibt es sonst noch etwas, was du sagen möchtest? Was wir am Besten noch wissen sollten?"
Ich überlegte kurz.
„Ähm.. ich kann mit Körperkontakt nicht so gut umgehen..? Also, das man da vielleicht ein wenig drauf achtet.."
Ja, Bedürfnisse äußern. ew.
„Gut!"
Revens klappte die Akte zu und ich zuckte zusammen.
„Dann zeigt Herr Rica Dir jetzt dein Zimmer. Ich freue mich, mit Dir arbeiten zu dürfen."
Sagte er lächelnd.A/N :
Helloo - ja, neues Konzept, drastischer Wechsel. Aber ich wollte zeigen, dass solche Krankheiten eben nicht nur zu Hause gelöst werden können - sie eben nicht nur durch ein paar Liebeleien oder sonst was weggehen, sondern es auch nach mehr Hilfsmitteln belangt, und dann auch Grenzen gesetzt werden müssen.
Ich hoffe, dass ich es trotzdem so gestalten kann, dass es euch gefällt - was denkt ihr, könnt ihr euch drauf einlassen ? ;))
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A Way To Escape
FanfictionTrigger Warning : Essstörung. Anorexie und Grell - zwei sich Suchende finden sich. Der Rotschopf wusste keinen Ausweg mehr, er hat keine andere Strategie, keinen anderen Bewältigungsmechanismus je gelernt, als Kontrolle. Es fällt ihm alles durch...