P.o.V. GrellIch saß am vorderen rechten Eck des Tisches im Tagesraum.
An den Seiten saßen jeweils drei Leute, gegenüber zwei.
Beziehungsweise könnten sitzen, es waren nicht alle Plätze belegt.
Herr Rica saß schräg gegenüber von mir, direkt an der Ecke, keinen halben Meter entfernt.
Er sah immer mal wieder zu mir rüber, fing leichte Konversationen an.
Eine weitere Betreuerin saß ebenfalls da, Frau Zent, blondes Haar, ein straffer Zopf, große Brille mit kleiner Statue und blauem Hemd sowie schwarzer Jeans.
Ein paar goldene Ohrringe und Ketten.
Sie war sehr zierlich, aber machte einen intellektuellen, leicht strengen, etwas hochnäsigen Eindruck.
Dennoch hatte sie ein ehrliches Lächeln, wirkte sympathisch.
Eine starke Frau.
Herr Rica nahm wieder Kontakt auf, hob seinen Kopf leicht - wohl eine Angewohnheit von ihm - schaute auf meinen Teller und dann zu mir. Ich schaute weg.
„Einen Apfel mit Naturjoghurt und Zimt?"
Fragte er leise und deutete auf die Obstschale hin.
Ich verzog meine Lippen.
Wer hat ihm das mit dem Zimt gesagt..
Ich züchte mit den Schultern und er nahm sich die Obstschale.
„Also ich nehme eine Banane."
Sagte er mit seiner positiven Ausstrahlung und zog die Augenbrauen hoch.
Er setzte einen Apfel auf meinen Teller und legte ein scharfes Messer dazu.
Ich schluckte, schaute auf die anderen Patienten.
Einige kurze Blicke kamen immer mal wieder, das Normale wahrscheinlich.
Zögernd nahm ich das Messer in die Hand und fing an den Apfel zu schneiden, Herr Rica lächelte.
Ich seufzte leise, tat die Reste in den Abfallteller und biss ab.
Das Knacken des Apfels und das zwanghafte Wippen meiner Beine ratterten durch meinen Kopf.
Die anderen waren schon halb fertig und ich studierte ihre Teller.
Frau Zent auf die ich schon fast neidisch war aufgrund ihrer Figur aß ganz normal, aß süßes Zeug, warum konnte sie diese Figur so einfach beibehalten und ich rackere mich hier ab und würde nach einem Apfel schon 300 Gramm zunehmen!
Mein Blick blieb und Gedanken waren die gleichen, schluckte alles runter.
Den Apfel und mit meiner Wut zusammen, zermahlte die in meinem Mund.
Herr Rica schenkte sich ein Glas Milch ein.
Er hatte wohl einen großen Magen.
Unauffällig schob er mir einen Naturjoghurt rüber.
Ich schaute auf den Boden und wendete mich weiter zum Apfel.
Nach drei weiteren Stücken stupste er mit seinen Finger wieder dagegen.
Ich schüttelte leicht den Kopf und er summte.
Es dauerte nicht allzu lange bis wir im Gruppenraum saßen und die drei Klemmbretter weitergegeben wurden, auf welchen die Tagesplanungen standen.
Ich saß auf einem Hocker, abseits der drei Sofas um den Kontakt zu vermeiden.
Herr Rica saß neben mir, ebenfalls auf so einem.. komisch aussehenden Hocker.
Er unterstützte mich bei der Planung, sollte ihn gleich ein mal treffen und nach dem Abendessen wieder.
Da ich leider nicht ins Zimmer durfte, musste ich meine Zeit in den Aufenthaltsräumen verbringen. In den Garten durfte ich nicht.
Jetzt war ich für eine Stunde mit Leo und Mary verabredet, zum UNO spielen..
Nach ätzenden weiteren Minuten saß ich dann im Tagesraum mit Rica.
Er hatte seine Beine umschlagen und lehnte sich etwas zurück.
„Das war ja nicht sonderlich viel."
Sagte er und ich zuckte mit den Schultern, leicht abwesend.
Er beugte sich etwas vor.
„Ich spreche gleich mit Herrn Revens und wir schauen dann wie wir das machen, dann kommen wir noch mal auf dich zu."
Ich nickte.
„Was ist Dir schwer gefallen?"
„..was meinen Sie genau?"
„Beim Essen, wie können wir dir helfen, wo sind deine Grenzen - war der Joghurt schwerer, sind Milchprodukte einfach, macht der Obstzucker dich verrückt, kannst du fettige Sachen anfassen - all sowas."
Ein wenig überfordert lehnte ich mich zurück, er legte eine blaue Mappe auf den Tisch.
Einen durchsichtigen Plastikordner, solche wie auch in Grundschulen.
„Das ist deine Wochenzielmappe."
Er schlug das transparente Plastikblatt um.
„In diesen sechs Spalten tragen wir die Wochenziele ein, pro Tag machst du ein Plus oder Minus, das besprechen wir immer in der Wochenzielrunde um 18 Uhr. Du hast erstmal ‚Ich lerne die Namen der Patienten und Betreuer', ‚wie stelle ich mir mein Leben in 5 Jahren vor', ‚Was erwarte ich von Station 2' und was ich noch dazu packen würde, wäre eine Ampel oder eine Liste, Sachen die du gar nicht kannst in rot, bis hin zu orange und grün."
Ich nickte.
„Dazu zählt dann auch sowas wie „Vor anderen essen". Du kannst noch eine Liste erstellen mit dem Druck, zum Beispiel den Bewegungsdrang - aber das müssen wir nicht alles in dieser Woche schaffen. Du sollst auch nicht deine Wochenziele alle an einem Tag beenden, bloß jeden Tag daran arbeiten."
Ich nickte.P.o.V. Undertaker
Es war schon Abend, das Telefon klingelte.
Die Sachen habe ich schon vorbei gebracht.
Erschöpft, wirklich erschöpft, raffte ich mich zu dem Handy.
Die Nummer der Klinik auf dem Display, sofort nahm ich ab.
„Creaven hier?"
Hisste ich und spürte das Adrenalin aufsteigen.
„Guten Abend Herr Creaven, hier spricht Herr Rica. Ich rufe wegen Grell an, ich muss Ihnen mitteilen, dass er nun sondiert wird."
Ich schluckte.
Es ist so wie sie vermutet haben.
„Und wie nimmt er das auf?"
„Er hat sich ziemlich gewehrt. Immer noch ist er sehr angespannt, aber probiert sich langsam damit abzufinden."
Ich setzte mich hin, lies mich fallen, die schwere Last auf meinen Schultern wurde noch präsenter.
„Und.. für wie lange wird er sondiert?"
„Nun ja, bis er so viel essen kann, dass es reicht. Nach und nach würden wir die Sondierungen abstufen, wenn er selbständig die Mahlzeiten einnimmt."
Ich seufzte.
„Darf ich ihn sprechen?"
„Herr Revens hält es für besser wenn sie noch nicht mit ihm sprechen, morgen Abend ab 19:30 Uhr würde es jedoch gehen. Wir könnten ihnen die Telefonate Dienstag und Donnerstag anbieten."
Ich bejahte.P.o.V. Grell
Ich schäumte meine Haare ein, das große Bad hatte einen deckenhohen Spiegel.
Konnte meinen aufgeblähten Bauch betrachten, angewidert und angeekelt, voller Hass und Zorn.
Wandte meinen Blick dann wieder ab und öffnete die Cookies & Leather Flasche.
Eine komische Mischung, die jedoch unglaublich gut riecht.
Die Tür des Bads war angelehnt.
Herr Rica stand davor, mit der Sonde durfte ich erst recht nicht alleine sein.
..auch wenn das mein erster Tag hier ist, sieht Herr Revens eine große Gefahr.
Normalerweise würden solche Maßnahmen erst später kommen.
Ich schaltete die eiskalte Dusche aus, schnappte mir ein Handtuch und konnte den Blick nicht von dem schmalen Spalt lassen.
Ein schwarzer, dünner lange Pullover, darunter ein Shirt und eine nachtblaue Hose.
Mit kontrolliertem Atem riss ich mich zusammen, drückte die Tränen zurück.
Den Schlauch legte ich in meinen Pullover, das Pflaster an der Wange kratzt.A/N : Entschuldigt, dass ich so lange nicht geupdated habe! Ich habe lange überlegt wie diese Geschichte weitergehen soll, beim jetzigen Stand könnte ich locker noch 20 oder 25 Kapitel machen, aber das ist nicht mein Ziel, weshalb wohlmöglich es ein wenig schneller gehen wird.
Aber da würde ich euch am liebsten fragen - sollte ich der Story noch Zeit lassen oder eher „zum Punkt kommen"?
Schließlich ist das schon Kapitel 32 - und ich möchte nicht, dass sich Leute gelangweilt fühlen.
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A Way To Escape
FanfictionTrigger Warning : Essstörung. Anorexie und Grell - zwei sich Suchende finden sich. Der Rotschopf wusste keinen Ausweg mehr, er hat keine andere Strategie, keinen anderen Bewältigungsmechanismus je gelernt, als Kontrolle. Es fällt ihm alles durch...