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Es war ruhiger geworden. Während das Anlass für Ingrim war zu Lachen, wie feige Rakuras Männer waren, nannte Elder es die Ruhe vor dem Sturm. Wir kamen Rakuras Burg näher. Ingrim spürte es, so wie wir alle. Er verbarg es nur. Nachts stellten sich mir im Lager die Nackenhaare auf, obwohl kein Lüftlein wehte. Ob er mich in seiner Nähe spürte, wie ich ihn? Ob die Vorstellung eines Kampfes mit mir ihn so in die Schlaflosigkeit verbannte wie mich? Ob er um seine Männer fürchtete wie ich? Das wohl nicht. Rakura scherte sich um seine Leute wenig. An Bella nagte es wie an mir. Vielleicht noch mehr. Sie wusste, ich würde Rakura allein gegenüber stehen wollen. Und sie wusste, sie könnte mir nicht helfen. Ich hatte nichts dagegen, dass sie an meiner Seite kämpfte. Ich wusste, sie konnte auf sich selbst aufpassen und wenn wir uns im Kampf befanden konnte ich ohne mich umzublicken sagen, dass meine Frau gut zurecht kam. Doch bei Rakura war das eine ganz andere Sache. Bei ihm brauchte ich Freiraum. Niemand sollte einem Kampf zwischen uns beiden in den Weg kommen. Käme Bella ihm zu nahe... allein der Gedanke drehte mir den Magen um. Er ängstigte sie. Er, der sie auf dem Pelz meines Vaters unter sich gezwungen hatte. Er, der es schaffte meiner Bella mehr anzutun, als alles was seine räudigen Männer ihr hatten tun können. Bella würde diese Angst lähmen, wenn auch nur ein kleines bisschen. Es wäre genug für ihn, sie zu beißen. Und ab diesem Punkt, so wusste er, wäre ich besiegt. Wäre nicht mehr in der Lage ein Schwert zu halten, müsste meine Frau halten im verzweifelten Versuch das Gift aus ihr zu bekommen. Und er müsste sich mir, nicht einmal mit Hast, nähern und mich erstechen. Darum sollten sie von mir fort bleiben. Ich musste es tun! Auch um am Ende zu wissen, wer der Stärkere war. Würde mir im Kampf jemand helfen... ich könnte nie mit Gewissheit sagen, ob ich stärker war als Rakura. „Wolf? Geht es dir gut, du isst kaum.", bemerkte Vera und stupste mich lächelnd an. „Entschuldige... ich denke an den Kampf. Da vergesse ich zu essen.", lächelte ich. „Wolf, du kämpfst großartig! Ich muss gestehen, es ist eine wahre Freude dir beim Kampf zuzusehen! Da könnte sich Ingrim eine Scheibe von abschneiden!" „Wie kommst du denn auf Ingrim? Gefällt er dir?", wollte ich wissen und sah meine Verbündete an. Diese blickte, die Beine übereinander geschlagen und die Arme darauf gestützt, zu Ingrim hinüber, der gerade mit einigen seiner Leute Wein trank. „Er ist ein interessanter Mann. Von Luan und Laila weiß ich wohl, dass er... nun... dass die Sitten der Füchse anders sind. Ich würde es mir gerne einmal ansehen..." „Du würdest in die Lande der Füchse wollen?" „Wieso denn nicht? Ingrim ist mir nicht feindlich gesinnt, würde ich sagen." „So wie er dich ansieht, sicher nicht." „Und ein Fluss, so erzählte er mir, reicht weit in sein Land hinein. Wenn wir die Gegend richtig deuten, und ich Bellas Karten richtig gelesen habe, so ist es ein und derselbe Fluss wie jener, der kaum einen Tagesmarsch entfernt von meiner Heimat verläuft.", erklärte sie. „Da will ich tun, Wolf. Nach dem Krieg. Ich will mir die Welt ansehen. Mit Ingrim." „Mit Ingrim?" „Ja. Ich habe ihn gern. Er ist, wenn man denn weiß wie man mit ihm umgehen soll, ein lieber Mann. Ich kam nie weit aus meinem Clan heraus. Wollte auch nie. Aber seit Ingrim mir alles erzählte, was er so sah... ich will es auch sehen! Nach dem Krieg, da will ich mit Ingrim die Welt bereisen.", lächelte sie. „Das klingt schön. Ach und wenn ihr jede Dämonen seht, deren Haut grau und dick ist, so müsst ihr mir davon berichten!" „Das werden wir! Ingrim erzählte mir auch von diesen. Mit ihm will ich herausfinden, ob es sie gibt. Ob sie diesseits der Dämonenwelt liegen, oder ob es noch eine andere gibt. Mit Ingrim will ich das herausfinden.", lächelte sie. Ich nickte. „Erinnert mich nach dem Krieg daran. Ich habe noch ein paar goldene Münzen, die die Menschen so lieben. Wollt ihr durchs Menschenland, so werdet ihr das brauchen können." „Ich danke dir Wolf. Was willst du nach dem Krieg tun?" „Ich? Ich baue meinen Clan auf. Feiere die Hochzeit meiner Schwester mit Luan. Baue die Häuser alle auf. Sehe zu, dass der Clan langsam zusammen wächst und nicht länger eine Kluft zwischen beiden ist. Und werde das sein, was ich von Geburt an sein sollte. Die Wächterin der Brücke. Clanoberhaupt, mit Bella an meiner Seite." „Die Zeit nach dem Krieg wird herrlich, Wolf.", lächelte Vera. Ich nickte. „Ich freue mich darauf. Sehr. Auch will ich sehen, wie es meinem Clan in der Heimat geht. Ich freue mich, wenn ich wieder in heimatlichen Gewässern schwimmen kann.", lächelte sie. „Ehe ich mit Ingrim auf Reisen gehe.", versonnen blickte sie in die Ferne. „Vera, ich hoffe dieser Wunsch wird dir alsbald in Erfüllung gehen.", lächelte ich und stand auf. „Ich gehe wohl ins Bett. Morgen früh werden wir bald auf müssen, wenn uns der Feind nicht im Schlaf überraschen soll.", lächelte ich und ging zum Zelt, während Vera die Hand zum Abschiedsgruß hob.

Das süße Gift: Dämonisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt