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„Soll es alles niederbrennen, soll es alles doch in Schutt und Asche liegen. Wenn alles Blut vergossen ist, will ich mit meinem letzten Atemzug noch eine Welt für meine Familie schaffen."

Die letzten Worte die ich Ora gesagt hatte, ehe ich los gezogen war. Ehe ich mit einer Armee, Kriegsmaschinerie und meiner Frau losgezogen war, um vielleicht nie wieder zurück zu kehren. Nach dieser Nacht, nach all der Zeit im Krieg war es so in meinem Kopf. Für mich zählte nur der Krieg und der Sieg. Es war mir gleich geworden was mit mir geschah. Ob Rakura mich ausweiden würde, ob ich in Gefangenschaft geraten würde und öffentlich hingerichtet werden würde. Es war egal. Das einzige was noch von Wichtigkeit war, war Ora und Tiu zu retten. Das war mein oberstes Gebot. Und diesen Krieg zu gewinnen. In Bellas Augen sah ich dasselbe. Es war eine Art der Selbstaufgabe, hatte Elder gesagt, in dessen Augen dasselbe lag. Wir würden Rakuras Welt ins Feuer stürzen, selbst wenn wir dabei selbst hinein fielen. Nur, damit unsere Familien nie dieses Feuer spüren müssten. Als ich Luan zum letzten Mal sah war diese Entschlossenheit auch in seinen Augen. Drum ging ich ohne zurück zu sehen. Ich wusste, er würde für Ora alles tun. Er würde ohne nachzufragen, ohne zu zucken oder zu zögern für Tiu oder Ora in den Tod gehen. Und als wir nach zwei Tagen, die Kriegsmaschinen hatten uns aufgehalten, standen meine Männer noch schlimmer da als am Tage, an dem ich sie verließ. Mirden kam auf mich zu, erklärte mir, dass es immer wieder kleine Überfälle gegeben hatte, nichts neues. Aber langsam wurden meine Männer müde. Jeder wollte ein Ende. So ließ ich Bella zu meinem Zelt bringen, das ich mit ihr teilen würde, und ließ mir eine Kiste bringen, auf die ich mich stellen konnte. Mirden stieß in ein Horn und rief meine Leute her. „Niala, ruh dich doch lieber aus!", bat er. Ich schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht schlafen, wenn mein Todfeind lebt.", erklärte ich und Mirden sah, dass er mich nicht abbringen konnte, als ich auf die Kiste stieg.

Es war anders und alle Anwesenden spürten es. Meine neu gewonnene Entschlossenheit. Weniger wild. Sondern gefasst. Und viele wussten wie ich mich fühlte. Wir waren alle zu erschöpft um wild zu sein. Wir würden tun was getan werden musste. Und dafür unser Leben geben. „Männer!", schallte meine Stimme über den Platz. Ich sah in müde Augen. Erschöpfte, abgemagerte Gesichter. „Wie lange wollen wir hier noch lagern? Das fragt ihr euch alle, oder nicht? Wie viele von euch sehnen sich heim zu ihrer Familie? Aber keiner von uns kann heim, ehe die Schlange nicht tot ist. Er will uns hier im Winter halten. Er will uns ausfrieren und verhungern lassen. Er sitzt auf seinem Thron und will dort überwintern. Aber ich sage euch etwas. Seine Winterruhe kann er sich in den Arsch schieben!", brüllte ich und Wut kam in mir auf. Wut, neuer Mut, der auch meine Männer erreichte. In ihre müden Augen kam Leben. „Ihr wollt wissen, wann und wie wir losgehen? Morgen! Morgen bei Sonnenaufgang brechen wir das Lager ab! Baut heute Abend alles ab, was ihr über die Nacht und am Morgen nicht braucht. Seid unauffällig! Lasst alle Feuer brennen als würden wir hier noch Monate sitzen bleiben! Und Dann gehen wir los! Seht, was ich euch über die Berge habe bringen lassen! Kriegsmaschinen wie die Menschen sie benutzen. Damit können wir Rakuras Gefolge niedermetzeln und zerstreuen. Ich habe mit meiner Frau, die uns mit ihren Männern und allen restlichen verstärkt, einen Plan ausgetüftelt. Wir beenden diesen Krieg. Und beginnen damit morgen früh!", rief ich. Meine Männer sahen sich erstaunt an, ehe sie jubelten. Wir wollten alle nach Hause doch der Weg in die sichere Heimat führte über Rakuras Grab. Und wir alle wollten es nur noch schaufeln.

Die Schnapsfässer wurden weggeräumt. Morgen sollten sie alle nüchtern sein! Ich hatte frisches Wasser mitgebracht, das tranken sie allerdings nur zu gerne zur Abwechslung. „Die meisten sagen es wird bald schneien.", bemerkte Mirden und drückte die Spitze seines Schuhs in den Boden. Weich. „Gerne. Der Schnee nicht. Aber der Frost. Wir kommen besser voran, wenn der Boden hart ist.", erklärte ich. „Aber die Soldaten nicht." „Auch die Soldaten werden. Sie werden müssen. Wir sind Dämonen. Wir halten vieles aus. Ich lege mich schlafen. Solltest du auch tun. Mit dem ersten Strahl der Sonne greifen wir Rakuras Front an." „Und wenn wir verlieren?" „Wir verlieren nicht.", brummte ich, kehrte um und ging in mein Zelt. In die Wärme. Zu meiner Frau.

Das süße Gift: Dämonisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt