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POV Arkyn

Mit schnellen Schritten ging ich durch die Burg. Ich hatte mir nur schnell meinen schweren Ledermantel übergeworfen. Ansonsten trug ich nur meine Stiefel, meine Hose und ein dünnes Hemd, da ich trainiert hatte. Allerdings hatte mich ein Bote in aller Eile erreicht. Mit Informationen, die meinem König gar nicht gefallen würden, mir aber umso mehr. Denn ich stand in alle Entscheidungen voll und ganz hinter meinem König. Nur bei einer Entscheidung hatte ich ihn sogar beiseite gebeten und meinen König als Freund gebeten das zu überdenken. Als er entschied den schwarzen Wolf leben zu lassen. Es war die einzige Uneinigkeit die wir je gehabt hatten. Ich hatte ihm immer wieder gesagt, wir sollten das Risiko nicht unnötig tragen. Ein Volk von Ratten oder Hirschen oder Hasen hätte genauso gereicht um die niedere Schicht der Soldaten zu bespaßen. Aber Rakura hatte sich die Katzen gewünscht. Denn gerade die Katzen hatten die Ratten immer unterworfen und über sie entschieden, während sie heimlich die Wölfe als Wachhunde nutzten. Es war ein Akt der Unterwerfung, den alten Katzenclan zu nehmen. Den Wolf brauchten wir als Druckmittel. Aber nun... nun gab es Gründe es zu beenden.

Rakura saß in einem Saal mit einigen Bücherregalen, einer großen Karte und einigen Sesseln. Hier saß er gerne und hier durfte auch nicht jeder hinein. Ich hatte hier natürlich freien Zugang. Ich durfte überall hin. Akira... nur in seiner Begleitung. Aber es war früher Morgen und Akira schlief meist lange aus. Dieses verzogene, arrogante Misstück. „Rakura?", er saß in einem der Sessel vertieft in ein Buch. Neben sich auf einem Tischchen näher am Kamin stand ein Teller mit zwei Scheiben Brot und einem gekochten, bereits geschältem Ei. Nun sah er auf. „Arkyn? So früh habe ich dich gar nicht vom Training zurück erwartet. Hast du schon wieder einem Trainier das Genick gebrochen?" „Das war EINMAL. Und er hatte mich beleidigt. Nein. Ein Bote kam zu mir. Wir müssen schnell handeln." „Ein Bote? Was sprach er denn?", wollte er wissen und legte ein Lesezeichen in das alte Buch. „Der Wolf. Der schwarze Wolf, Niala Wotanstochter, ließ sich jenseits der Berge blicken." „Wann?" „Gestern Abend, sagte er. Ein Späher aus einem der Geierclans sah sie bereits. Aber er konnte sie kaum sehen. Er sah zwei Gestalten. Der Verdacht liegt nahe, dass eine Person Niala Wotanstochter war, denn ein Jäger vom Clan des Traster sah sie und erkannte sie. Zumindest beschrieb er sie genau. Er war es, der mich informierte." „Ach... mmh... und die andere Gestalt? Ihre Begleitung?" „Das wusste er nicht." „Nun... ich bezweifle, dass es ihre Schwester war. Schließlich ist das ihr Augapfel. Denkst du, es war die Füchsin. Rotes Haar ist auffällig. Hat der Späher etwas erwähnt? Haarfarbe?" „Es nieselte oben in den Bergen und war nebelig. Sie trugen Kapuzen. Der Späher sah nur zwei Gestalten mit Kapuzen. Und der Jäger sah nur die Wotanstochter allein." „Mmh... Arkyn, sieh mich doch nicht so an. Sprich es schon aus. Was vermutest du?" „Ich vermute ihre Begleitung war Bella Mortalestochter." „Sie hassen sich. Zumindest hasst der Wolf Bella." „Was wenn nicht, Rakura? Was, wenn Niala Wotanstochter sich doch daran erinnert, was sie damals gelesen hat?" „Arkyn, ich bin doch deiner Meinung. Ich vermute das doch auch. Aber wie gesagt, ohne konkrete Beweise lässt sich da nichts machen. Zumindest will ich das Risiko nicht eingehen. Bellas Clan stellt einen großen Teil meiner hier stationierten Truppen ruhig. Sonst vergreifen die sich noch an den Küchenmädchen! Ich habe die Wotanstochter doch sogar schon eingeladen. Sie hat gesehen, wie der Kerl... was weiß ich wie er hieß, Bella nahm. Klar, sie zuckte aber... wohl eher aus Überraschung. Niala Wotanstochter ist nicht für ihre Ruhe bekannt. Wäre Bella ihr wichtig, so hätte sie den Kerl ermordet. Aber er lebt. Und sie ging mit mir weiter, statt bei Bella zu bleiben oder gleich zu verschwinden. Sie blieb bis zum Schluss. Aber...", Rakura stand auf und ging zum Kamin hinüber. Er griff einen Schürhaken und begann damit in der Glut zu stochern, ehe er ihn dort ruhen ließ. „Du fürchtest, sie hat zu viel gesehen." „Ja. Und in dem Fall würde sie sich mit der Katze verbünden. Und dann hätten wir ein großes Problem." „Ein eher kleines. Aber ja... es würde unnötig Aufwand kosten. Es wäre mir lästig. Und vor allem völlig unnötig." „Rakura... sie wird stärker und stärker. Lass es mich beenden, bitte! Gib mir zwanzig Mann mit. Sie sollen in ihr Lager einfallen. Gib mir drei Bogenschützen, sie sollen es von der Ferne aus in Brand setzten. So, dass mir die Wotanstochter ganz allein gehört. Ganz allein oder ich nehme noch drei andere starke Männer mit. Lass es mich beenden, bitte! Es war das letzte Mal so knapp! Gib mir Verstärkung und sie unterliegt!", bat ich. Rakura atmete tief durch. „Arkyn, ich habe es dir schon oft genug gesagt, wenn wir falsch liegen verlieren wir unnötig viel." „Aber wenn wir richtig liegen!" „Aber wenn nicht... Arkyn... wie wäre es mit einem Kompromiss?", lächelte er und ich sah ihn fragend an. „Sagen wir, die Wotanstochter streifte nur aus Langeweile hinter den Bergen herum. Selbst dann hat Bella den Vertrag verletzt. Sie hat den Wolf nicht ruhig gehalten. Das muss bestraft werden, nicht wahr? Und wie bestrafen wir das?", lächelte er. Ich sah ihn fragend an. „Soll ich Bella herrufen?" „Mmh... Nein. Weißt du Arkyn, Bella ist eine beeindruckende Frau. Weißt du wieso?" „Nein, Herr." „Weil sie schnell lernt und sehr anpassungsfähig ist. Du musst wissen was einem Gegner weh tut und was nicht. Und wie er darauf reagiert. Bella hat ihr Leben lang, genauso wie ihr gesamter Clan es seit seiner Entstehung tut, ihr Aussehen und ihre Verführungskunst als Waffe genutzt. Du sahst ja Mortale bereits. Sagen wir, sie wäre dir fremd und du etwas weniger versteift auf die Politik. Sagen wir, eine Frau wie Mortale würde dich ansprechen, dir den Nacken kraulen und die süßesten Komplimente und schönsten Versprechungen für die Nacht ins Ohr flüstern. Was würdest du tun?" „Ich... ich würde wohl darauf eingehen und mich glücklich schätzen." „Genau. Das Messer, dass während ihrer Vorbotschaft der Nacht in deine Kehle fährt, das wirst du gar nicht kommen sehen. Wie zerbricht man so jemanden? Man nimmt ihnen diese Waffe. Ich hätte Bella entstellen können. Ihr das hübsche Gesicht zerschneiden können. Natürlich. Aber das hätte nicht viel gebracht. Ich habe ihr Kontrolle genommen, denn das ist die wahre Macht daran. Stets die Kontrolle zu behalten. Sie trug immer Messer nahe bei sich. Selbst beim Wolf. Ich bezweifle, dass sie ihr jemals weit genug vertraute um die Waffen wegzulegen. Aber ich... ich entriss ihr diese Macht. Ließ ihr vor aller Augen die Kleider vom Leib reißen in ihrem eigenen Clan. Sie warfen ihre Messer zur Seite und zerrten sie splitternackt fort von jeder Waffe in ihre Höhle um sie dort nacheinander zu nehmen. Bella hatte keine Wahl. Bella hatte in dieser Nacht keine Kontrolle. Und das lehrte ich sie. Dass sie nun keine Kontrolle mehr hat. Sie kann nicht kontrollieren wen sie zu sich lässt und wann. Einzig und allein ich entscheide. Aber sie ist anpassungsfähig. Was vor einigen Jahren noch ihre stetige Hölle war erträgt sie heute besser. Es ist ihr nicht gleich, wenn einer zu ihr kommt, nein. Aber nicht mehr so schlimm. Sie sieht es nicht mehr als Vergewaltigung sondern einfach als ein Muss. Und das erträgt sie. Ich habe es auf eine neue Stufe gebracht. Habe ihr sämtliche Kontrolle genommen und ihren Körper dazu gebracht auf mich einzusteigen, während ihr ganzer Geist dagegen war. Habe ihren Körper so reagieren lassen, wie er zuvor nur bei ihrer Geliebten reagierte. Ich habe gesehen, wie sie sich mit aller Kraft gewehrt hat. Das sah ich in ihren Augen. In meinen Armen weinte sie und in meinen Armen musste sie danach liegen. Aber selbst das tut ihr kaum mehr weh. Lass es mich mit der Wotanstochter vergleichen. Geh und brich ihr den Arm. Dann wird sie dir keinen Schrei schenken. Sie wird es ertragen und lauern zuzubeißen. Aber brich ihrer Schwester den Arm und Niala wird betteln, dass du ihr nicht mehr antust. Verstehst du, was ich sage?" „Ich... ich glaube nicht, Rakura." „Bella können wir nichts mehr antun, was wir ihr nicht schon längst angetan haben. Sie ist es doch schon gewohnt. Aber... du sagst, die Wotanstochter hat zu viel gesehen?", grinste er. Ich nickte und sah ihn gespannt an. Wenn er dieses grausame Grinsen trug hatte er die besten Ideen. „Und Bella hat den Vertrag gebrochen. Bricht sie ihn, können wir ihn auch brechen. Wenn auch nur anknacksen. Wie damals, als du dem Wolf die Knochen brachst. Sie sah zu viel...", er hob den Schürhaken und zeigte mir die glühende Spitze. „So soll sie nicht mehr sehen.", erklärte er und drückte das rotglühende Metall in das gekochte Ei auf dem Teller. Ich grinste breit. „Ja, Herr."

Das süße Gift: Dämonisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt