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POV Bella

Gut 4 Jahre zuvor

Der Schock der schwarzen Nacht stand mir noch tief in den Gliedern. Mutter allerdings genauso. Selten hatte ich sie so nervös gesehen wie heute. Eigentlich... noch nie. Kurz bevor sie zu Wotan gegangen war, war sie nervös gewesen. Heute wusste ich ja, dass sie damals gegangen war um eine Ehe zwischen Niala und mir vorzuschlagen. Doch ihre Nervosität kam eindeutig daher, dass sie ihren ehemaligen Verlobten Wotan wiedergesehen hatte. Auch sein Tod nahm Mutter mit. „Mutter... wenn... wenn wir einfach Ajax schicken?" „Ajax... der Feigling würde es nicht mal wagen ihm in die Augen zu sehen! Das tue ich. Aber ich wünschte, er würde nicht verlangen, dass ich dich mitbringe.", hauchte sie. Mutter war der Schlange nur ein einziges Mal begegnet, kurz nach der schwarzen Nacht in einem Feldlager. Doch da war ihr nur kurz mitgeteilt worden, dass die Schlange gewonnen hatte. Sonst hatten sie nur über Briefe und Boten kommuniziert. Nun waren wir direkt zu ihm geladen in seine Festung. Wir. Ich und Mutter. Immer wieder waren Offiziere ins Lager gekommen. Mutter hatte sie in ihr Schlafzimmer gelassen. Hatte aber immer dafür gesorgt, dass ich fort war. Wenn sie plötzlich hereinplatzten schickte sie mich runter in den Keller. Früher war er mal ein Kerker gewesen doch heute diente er nur der Weinaufbewahrung. Dort kauerte ich und hielt mir die Ohren zu. Und wünschte mich in Nialas Arme. Doch Niala... seit sie hier blutig ins Lager getaumelt war hatte ich sie nicht mehr gesehen. Es hatte mir das Herz zerrissen. Niala... blutig und voll Wunden nichts hatte ich lieber tun wollen als sie in meine Arme zu schließen und zu küssen. Aber es ging nicht. Nie wieder. Gerüchten zufolge lag sie nur in ihrem Lager. Wohl in ihrem Schlafzimmer und ruhte. Nur Ora sahen meine Leute manchmal, wenn sie fischte. auf mein Geheiß hin trieben sie ihr heimlich die Fische in die Netze. Mehr konnte ich nicht tun. Ansonsten würde sie es bemerken... Oder schlimmer... die Ratten würden auf sie aufmerksam werden. „Bella... zieh dich bitte an. Nichts aufregendes. Einfach... versteck dich in der Kleidung so gut es nur geht. Diese Leute dort... sind Bestien! Rakuras Gefolge besteht aus Abschaum! Aus Leuten, die Wotan niemals auf diesem Land geduldet hätte!", erklärte Mutter und gehorsam ging ich in mein Zimmer.

„Götter...", hauchte Mutter als die Burg in Sichtweite kam. Nie hatte ich dergleichen gesehen! Die Burg ragte aus dem Berg hervor. Einige Türme bestanden bisher nur aus Gerüsten wo Ratten sie höher bauten. „Bleib dicht bei mir!", hauchte Mutter und gehorsam drückte ich mich an ihren Arm. „Wer da?", knurrte ein riesiger Wildschweindämon, der das Tor mit einem anderen bewachte. Ich schluckte. „Mortale Dareiustochter. Ich bin von Rakura geladen worden.", verkündete sie und reichte dem Wachmann den Brief. Er las schnell drüber und nickte. „Öffnet das Tor!", rief er und klopfte an die dicke Tür. Ich hörte, wie sie innen einen Balken von den Toren nahmen und schon öffneten sie sich. „Sieh dich nicht um. Sieh nur nach vorne. Sieh keinem in die Augen aber geh gerade. Zeige keine Angst!", flüsterte mir Mutter zu. Ich nickte und gab mein Bestes ihr zu gehorchen. Auch wenn die Ratten uns anstarrten, nach riefen und ich fürchterliche Angst vor so vielen Ratten hatte... und mein Wolf nicht da war.

Man führte uns in einen großen Saal und da sah ich ihn zum ersten Mal. Rakura. Er war groß und schlank. Sein tiefschwarzes Haar fiel ihm bis knapp über die Schultern und er lächelte uns freundlich an. Sein Wams war schwarz mit dunkelgrünen Verzierungen. So freundlich sein Blick auch war... seine stechend grünen Augen zerstörten es wieder. An den Seiten standen Ratten. Einige kannte ich. Rogis, Elder und Hali. Wohl alle mir bekannten und unbekannten Clanführer die diesseits der Berge lebten. „Ah... Mortale. Wie schön, du hast dein Versprechen gehalten.", lächelte Rakura. „Natürlich.", Mutter stand stocksteif da. Hinter Rakura stand ein Mann... eher ein Riese. Breite Schultern und eindeutig ein Wildschweindämon. „Also, Mortale. Ich bin ein vielbeschäftigter Mann. Nach eurem Lager muss ich gleich zum nächsten. Ein einziges Gerenne. Aber nun gut. Mortale ich kann dich wirklich nur beglückwünschen. Du bist klug. Du hast dich mir unterworfen statt wie Wotan zu kämpfen. Du öffnetest mir Tür und Tor statt zu verteidigen. Nun gestatte ich dir natürlich auch Privilegien. Und ich biete dir etwas an. Halte für mich die Gegend um den Grenzfluss. Halte für mich dein Territorium und das ehemalige des Wotan. Schlagartig endet die Belagerung deines Clans. Keine Offiziere die mehr zu dir kommen. Du wirst leben wie zuvor... sogar noch besser denn wir werden verbündet sein. Einen kleinen Preis muss ich dir allerdings noch nennen.", erklärte er und Mutter starrte ihn an. So viel Güte hatte keiner von ihm erwartet. Wir am aller wenigsten. „Bring mir den Kopf der Wotanstochter. Sie scheint mir tatsächlich entkommen zu sein und ehe ich einen meiner Leute schicke sollst du es als Treuebeweis tun.", verkündete er. „Nein!", keuchte ich und der Blick aller fiel auf mich. Ich erstarrte. „Nein? Mortale, was meint deine Tochter damit?" „N... Nichts... Kann... kann ich kurz mit ihr sprechen?", bat sie. Rakura warf uns eine gewährende Geste zu und Mutter sah mich an. „Bella, es ist das bestmögliche Angebot! Und Niala erwidert doch deine Liebe nicht! Sie..." „Nein... Mutter bitte... ich liebe sie doch und..." „Mein Kind, das weiß ich. Aber ich weiß auch, dass Wölfe leidenschaftliche Herzensbrecher sind. Wotan hat mich damals fast umgebracht. Ich will nicht, dass du so leiden musst wie ich es tat. Oder noch schlimmer. Bitte... wenn wir nicht zustimmen bricht die Hölle für alle Ewigkeiten aus. Bella... du wirst dich Qualen unterwerfen müssen... der ganze Clan... für Niala? Sie ist arrogant, versoffen und... wäre sie nicht Wotans Tochter hätte ich sie doch nie mit dir verlobt und..." „Mutter ich kenne sie anders! Bitte... ich liebe sie. Stirbt sie kann ich auch nicht mehr leben.", ich sah sie flehend an. Niala war alles für mich. Mutter atmete tief durch und nickte. „Gut...", hauchte sie und sah Rakura an. „Alles tun wir. Ich werde Euch eine treue Dienerin sein doch... die Wotanstochter muss leben! Sie darf nicht sterben!", verkündete Mutter. Rakura seufzte, zuckte mit den Schultern und stand auf. „Komm her, Mortale.", bat er. Mutter trat zu ihm und bekam wieder einen siegessicheren Glanz in den Augen. „Wie du meinst. Ich bin ja ein Eroberer. Freunde von dieser Seite der Berge brauche ich. Und du bist klug, Mortale. Du wirst mir wohl nützen. Also... deine Forderungen?", wollte er wissen als Mutter direkt vor ihm stand. Er überragte sie. „Niala Wotanstochter lebt und das wird so bleiben. Der Clan selbst bleibt wie er ist und keiner fällt dort mehr ein. Bella und Niala...", sie drehte sich um und blickte mich mit einem sanften Lächeln an. „Heiraten. Ich nehme Niala als meine Schwiegertochter unter meine Fittiche und erziehe sie dazu Euch ebenso eine treue Dienerin zu sein. Eine Ehe zwischen den beiden war eh geplant. Niala ist verletzt. Sie wird froh sein, wenn jemand ihr die Hand reicht. Und wenn sie zusammengeheilt ist wird sie einsehen, dass Ihr der neue Herrscher seid. Ich bringe sie schon dazu und wenn nicht ich, dann meine Tochter. Im Gegenzug beliefern wir Euch mit Ressourcen. Kleidung und dergleichen. Und ich werde Euch mit aller Kraft zur Seite stehen.", verkündete Mutter und ich starrte sie an. Mutter... sie gestattete mir die Ehe mit Niala! „Mmh... das klingt nicht schlecht.", lächelte Rakura und reichte Mutter die Hand. Mein Herz schlug freudig schneller. Alles würde gut werden! Ja, wir mussten uns Rakura unterwerfen aber ansonsten würde sich nichts bei uns ändern und ich könnte Niala heiraten! Mutter grinste breit und siegessicher. „Ich denke, es wird eine gute Zusammenarbeit zwischen uns werden.", lächelte Mutter und machte einen Schritt auf ihn zu um seine Hand zu nehmen. „Davon bin ich überzeugt.", lächelte Rakura und mit einer schnellen Bewegung zog er ein Messer und schnitt ihr die Kehle durch. Ich presste meine Hände auf meinen Mund und schrie laut gegen meine Handflächen. Mutter griff sich an die Kehle und taumelte blutend zurück. „Mutter!", rief ich und rannte zu ihr. Sie brach zusammen und als ich sie erreichte zuckte sie um das Blut aus ihren Lungen zu bekommen. Das Leuchten in ihren Augen erstarb. Sie war tot. Ich zitterte am ganzen Leib. „Nun... dumm nur, dass ich solche frechen Forderungen gar nicht annehme. Bella, nicht wahr? Ja. Bella, steh auf. Du bist nun nach deiner Mutter die Anführerin. Keine Angst, Kindchen. Ich sage dir genau, wie es ablaufen wird. Halte dich nur an mich und du endest nicht so wie deine Mama.", lächelte er und trat auf mich zu. Ich sah ihn mit verweinten Augen an, während ich neben meiner Mutter kniete. „Ich gebe dir nun zwei Männer mit. Sie werden nicht mit dir reden. Sie werden dir nichts tun. Sie werden nur die Barre tragen, auf der deine Mutter in dein Lager gebracht wird. Ihr werdet sie beerdigen und ich werde alle Anführer der Gegend zusammenrufen. Und wir werden einen Vertrag anfertigen. Du willst ja offensichtlich den Wolf schützen. Und ich... ich will euren Clan und euer Land. Wir regeln das das nächste Mal. Wasch dich erst einmal. Aber lass dir das heute eine Lehre sein...", lächelte Rakura und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Ich erstarrte. „Gib acht, in wie weit man mich reizt.", hauchte er und trat aus dem Saal. „Geschieht der Fotze Recht!", hörte ich Hali lachten. „Ach, Hali? Komm mit. Wir müssen auch noch reden.", rief Rakura. Hali erstarrte und folgte ihm zitternd. „Pah! Zurecht. Arrogantes Miststück.", brummte Rogis und verließ den Saal. Alle gingen sie. Ich weinte. Strich Mutter ihr blondes Haar aus dem Gesicht. Ich zuckte zusammen als jemand seinen Mantel um mich legte. „Sie war eine gute Frau. Das hätte nicht geschehen dürfen. Das tut mir leid." „Es ist nicht deine Schuld...", wimmerte ich und sah Elder an. Er seufzte und nahm mich in die Arme. Wir kannten uns kaum. Er und Mutter hatten sich gekannt... ich hatte wenig Kontakt zu ihm. Auch war er eine Ratte und seine Gegenwart, war mir unangenehm doch war er nicht halb so schlimm wie die anderen Ratten. Er selbst hatte mir nie etwas böses getan. Und er war nun der einzige, der mir die Hand reichte. „Elder, was mache ich denn jetzt?", wollte ich wissen. „Ich bringe dich und deine Mutter heim. Ich begleite dich. Ich habe ein paar Männer dabei, die tragen deine Mutter. Ich traue der Schlange keinen Meter über den Weg und seinen Männern noch weniger. Komm. Ich bringe dich erst einmal hier raus.", hauchte er und half mir hoch. Er winkte seine Leute zu sich und einer legte seinen Umhang ab, um ihn über Mutter zu legen. „Mutter...", wimmerte ich. „Ssh... bitte Bella... du bist hier nur unter Feinden. Lass sie nicht deine Tränen sehen. Nicht jetzt! Weine um sie, wenn es soweit ist. Nun... kannst du es leider nicht.", hauchte er und ich nahm seinen Arm an, ehe er mich fort führte. Aus der Burg und endlich nach Hause.

Das süße Gift: Dämonisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt