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Ruhig schlief Tiu in Oras Armen während ich mein Schwert wetzte. „Unglaublich... mich würde dieses Geschleife irre machen!" „Tiu ist eben ein kleiner Wolf! Das war bei mir auch so, als ich ein Baby war. Ich habe am besten geschlafen, wenn Vater neben mir sein Schwert geschliffen hat...", lächelte ich und blickte auf meinen kleinen Neffen hinab. „Erkennst du etwas von Ed an ihm?", wollte Ora wissen und sah mich wehmütig an. „Nein. Aber das kann man jetzt noch nicht sagen. Der Kleine ist noch recht schrumpelig. Gib ihm ein paar Wochen. Der Kleine atmet doch erst Waldluft seit 4 Tagen das..." „Niala!", hörte ich und blickte auf. Theo kam angerannt. Tiu wimmerte auf. „Niala...", bat Ora und schaukelte leicht ihr Kind. Seufzend schliff ich weiter damit der Kleine weiter schlief. „Theo, was gibt es? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.", bemerkte ich ruhig. „Kein Gespenst! Und hätte ich Wotan, Loki und all die Gefallenen der Schwarzen Nacht verwesend aus dem Schlachtfeld auferstehen sehen... ich würde mich nicht so erschrecken! Hier.", hauchte er und hielt mir einen Brief entgegen. Schlagartig fiel mir der Schleifstein aus der Hand und Tiu wimmerte auf, als ich das Siegel der Schlange sah. „Verdammt...", hauchte ich und nahm den Brief entgegen. Tiu wimmerte lauter, schluchzte leise. „Theo, setz dich.", befahl ich und deutete auf den Platzt an dem ich soeben noch gesessen hatte. „Ja?" „Zieh dein Schwert." „Zu Befehl!" „Hier.", ich drückte ihm den Schleifstein in die Hand. „Schleif dein Schwert. Das beruhigt meinen Neffen. Und von dem Brief kein Wort zu irgendwem! Ich werde mit Bella reden.", erklärte ich und lief los um nach meiner Frau zu suchen. Den Brief steckte ich ein. Musste ja niemand wissen wer mir schrieb.

„Bella!", hauchte ich ihr ins Ohr, während sie so über einigen Mischungen gebeugt dastand. „Niala, ich muss mich konzentrieren! Ich versuche hier dieses Parfum zu strecken.... Das der Dämonenjäger... wenn wir unseren Geruch verbergen könnten...", bemerkte sie. „Hier.", ich hielt ihr den Brief unter die Nase und sofort hatte ich ihre Aufmerksamkeit. „Götter...", Bella wich zurück als würde die Schlange auf dem Siegel direkt nach ihr schnappen. „Was steht darin?" „Ohne dich wollte ich ihn nicht öffnen.", erklärte ich. „Gut... dann gehen wir ins Schlafzimmer. Steck den Brief ein, das führt nur zu Unruhe im Lager.", bat sie und zog mich mit sich in unser Schlafzimmer.

„Und wenn etwas giftiges daran ist?", wollte Bella wissen. „Dann hätte Rakura damit alle Anführer der Gegend binnen einer Nacht getötet statt mit einer Armee.", bemerkte ich und brach das Siegel, ehe ich den Brief herauszog. Handgeschrieben von Rakura. Von ihm unterschrieben.

Niala, Tochter des Wotan,
Bella, Tochter der Mortale,
zuallererst möchte ich euch mein herzlichstes Beileid ausrichten für den Verlust von Edmund Kesterssohn. Das meine ich ernst, es ist kein Hohn. Für mich war er nichts mehr als ein Gefangener. Ich weiß nicht wie ihr zu ihm standet, doch Deine Schwester, Niala und Deine Schwägerin, Bella, wird wohl am Boden zerstört sein. Ich hörte Ora Wotanstochter habe ein Kind geboren, Edmunds Kind. Es tut mir aufrichtig leid. Ich verstehe, dass ihr beide mich als Bestie anseht, doch auch ich bin nur ein Mann. Ein Mann, der sich selbst Kinder wünscht. Es ist mein größter Wunsch, eines Tages meinem Kind diese Welt die ich für ihn geeint habe zu übergeben. Aber das interessiert euch wohl kaum. Bella selbst sorgte ja dafür, dass ich bisher nicht Vater wurde. Ich würde lügen, würde ich behaupten ich hätte ihr dies verziehen. Jedoch kann ich darüber hinweg sehen. Es ist ein Streit zwischen mir und Bella. Ein kleiner Streit zwischen zwei Personen, den ich niederlegen kann. Als König verstehe ich ihre Beweggründe und kann als Mann so den Streit vergessen.
Der Grund warum ich schreibe ist einfach ausgedrückt. Ich bin kein böser Mann. Verbittert, vielleicht. Aber der Böse bin ich nicht. Zumindest nicht wie ich es sehe. Bella, du wirst es wohl am ehesten verstehen. Du standest einst auf meiner Seite, zumindest aus Nialas Blickwinkel gesehen und nun trägst du ihren Ring am Finger. Wotanstochter, dir wird es wohl schwer fallen mich zu verstehen. Aber bedenke, wir bewegen uns beide auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig. Und wir müssen beide genau bedenken auf welchen wir uns begegnen. Ich bin ein Mann, der in Frieden leben will. Aber auch ein König, der sein Reich einen und in Sicherheit wissen will. Du bist eine Tochter, die den Mord ihres Vaters rächen will, denke ich. Aber auch die Anführerin einer großen Armee und eine begnadete Kriegerin. Es wird dich nicht überraschen, dass ich von deinen Kriegstaten hörte. Von den brutalen Kämpfen. Ich gehe davon aus, dass du den ersten wohl noch voll Mordlust gegenüber standest. Aber jeder wird dem Krieg einmal müde, ich spreche aus Erfahrung. Ich hörte, du habest ein Kind erstochen in seiner Wiege. Ich gestehe, ich war mehr als überrascht und auch zutiefst erschrocken, als ich von dieser Tat las. Eine Tat, die selbst die grausamsten unter uns erschauern lassen. Du tatest es und zwar selbst. Liest es keinen anderen tun. Und nun musstest du Edmund zu Grabe tragen. Du sahst wie grausam der Krieg sein kann, du sahst die Verluste die er fordern kann. Und nun wurde dir ein Neffe geboren. Also wurde dir ein Grund mehr gegeben diesen Krieg rasch zu beenden.
Ich komme am besten auf den Punkt. Ich möchte euch beide einladen zu mir auf die Burg. Die kommende Woche sichere ich euch einen Waffenstillstand zu. Meine Leute haben den strickten Befehl nur zu verteidigen aber keinen Angriff zu beginnen. Ich schwöre euch bei meiner Ehre als König und bei meinem Leben, dass ihr sicher und wohlbehalten zu meiner Burg und wieder heimkehren werdet. Ich will nur mit euch reden und bestenfalls über einen Frieden verhandeln. Ich sichere euch ehrlich Frieden zu während der kommenden Woche. Ich bin an einem baldigen und möglichst unblutigem Ende dieses Krieges sehr interessiert. Ich hoffe auf einen Kompromiss.
In tiefstem Respekt,
Rakura

„Nur mit Rakura hat er unterschrieben... kein König oder dergleichen..." „Er stellt sich mit uns auf eine Stufe... Er erkennt uns als feindliche Macht an und will Frieden...", bemerkte Bella. „Frieden? Eher stellt er uns eine Falle!" „Nein... er hat uns sein Wort darauf gegeben das haben wir hier schriftlich. Betrügt er uns wird man ihm nie wieder Glauben schenken. Und das als König... unmöglich. Er meint es ernst... die Frage ist ob wir gehen.", bemerkte Bella. „Natürlich gehen wir dann! Ich erschlage ihn und..." „Nein! Niala, das wird eine Besprechung werden. Eine unblutige. Wollen wir mit Rakura verhandeln?" „Mmh... eigentlich nicht. Aber gehen wir doch. Natürlich möchte ich Rakura am liebsten töten... aber ich sehe doch, wie der Krieg sich auswirkt... nun denn... gehen wir. Bist du dir aber sicher, es ist kein Hinterhalt?" „Ich bin mir absolut sicher.", erklärte Bella und ich nickte. „Dann gehen wir... er will verhandeln... dann verhandeln wir.", brummte ich.

Das süße Gift: Dämonisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt