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POV Niala

In der Nacht hatte ich stumm wach gelegen. Bella ebenso, obwohl wir beide taten, als würden wir schlafen. Nur um den anderen zu beruhigen. Ein sinnloser Versuch den anderen zu täuschen. Wir wussten beide, dass wir wach lagen und uns sorgten. Doch ich versuchte nichts zu hören außer Bellas ruhigen Atem. Und so schlugen wir uns die Nacht um die Ohren, bis wir hörten, wie das Lager langsam erwachte. Gekennzeichnet durch Rufen der Wachen, die die Füchse bereitgestellt hatten und auch die Katzen. Die Katzen wachten am liebsten hier. Nicht, da sie das Land meiner Ahnen so liebten, sondern da Bella, ihre geliebte Anführerin, hier meist ihr Nachtlager hatte.

Angespannt saßen wir am Frühstückstisch. „Ich werde ihm den Befehl geben hier zu verweilen. Er hat auf Ora Acht zu geben... und auf ihr Kind...", hauchte ich und rieb mir die Augen. Ich war müde. Ich war erschöpft... es war zu viel für mich... „Tu das. Niala...", Bella griff nach meiner Hand und drückte sie sanft. „Aber bitte sorge dich nicht um Ora und das Kind. Ich bitte dich. Hier kümmere ich mich um alles. Du konzentrierst dich auf den Krieg. Es nützt absolut niemandem, wenn du in Sorge um deine Schwester ein Schwert in die Brust bekommst und mir am Schlachtfeld wegstirbst. Dann fallen hier alle ein und Ora wird fliehen müssen, wenn sie es schafft. Bleib am Leben. Schaffe uns eine sichere Zukunft. Bitte...", bat sie. Ich nickte. „Gut... recht hast du ja... Bella ich..." „Ssh! Sie kommen.", unterbrach sie mich und ich blickte zum Gang, wo Ora und Edmund herein schlichen. „Na?", lächelte Bella aufmunternd während ich mein Bestes gab Wut, Schmerz und Trauer zu verbergen. „Guten Morgen...", lächelte Ora. Edmund bekam nur ein Nicken zustande. „Edmund...", beschloss ich sofort alles zu erledigen ehe ich sofort aufbrechen müssten. „Du wirst keinen weiteren Marschbefehl erhalten." „WAS? Aber..." „Nein. Bleib bei Theo. Er wird dein Mentor sein und..." „Niala sprich nicht so mit mir!", knurrte er und trat näher. Sofort stand ich auf. „Mein Kind wächst in Ora heran! Du weißt es doch schon, nicht wahr? Und da soll ich jetzt einen auf braven Hausmann machen? Wo der Feind jederzeit hier hereinspazieren und alles in Schutt und Asche legen könnte? Nein! Ich werde mit dir marschieren! Ich werde Rakura und all seine Männer töt..." „DU? Du bist ein Welpe, Edmund! Ein Welpe, der seinen Schwanz nicht kontrollieren konnte und jetzt ärgerlicherweise meine Schwester geschwängert und meinen Neffen oder meine Nichte gezeugt hat. Und DU wirst nicht mit den Männer ziehen! Du wirst ein Mann sein und..." „Das will ich! Drum will ich doch ziehen! Ich will in den Krieg!" „NEIN! Das würde ein kleiner frecher Junge tun, Edmund. DU musst jetzt ein Mann sein und zuhause hier auf sie aufpassen. Dich zu einem anständigen, ehrbaren Mann erziehen lassen. Dafür soll Theo sorgen und die Götter mögen dir Gnädig sein, wenn du dich meinem Willen nicht beugst!", knurrte ich. Edmund starrte mich an, grinste dann aber breit. „Ach? Was willst du denn tun, Niala Wotanstochter? Willst du mich töten? MICH? Den Vater des Kindes deiner Schwester?", sofort packte ich ihn und drückte ihn hart gegen die Wand. „Dich töten? Nein. Aber das Leben kann ich dir zur Hölle machen. Es gibt vieles zwischen Leben und Tod. Ich kann dich Dinge spüren lassen, dass du dir wünschst, ich würde dich töten!", knurrte ich. Im Augenwinkel sah ich, wie Ora sich zu Bella setzte. Sie ging nicht mehr dazwischen... „Ach? Und... und waaaaa...", er schrie vor Schmerz auf als ich seine Schulter packte und zudrückte. Spürte, wie seine Knochen unter meinen Fingern ächzten und zu brechen drohten und ich hatte noch genug Kraft um ihm seine Knochen unter der Haut zu zerbröseln. „Schon mal einen komplett zerbröselten Knochen gehabt? Nicht? Fühlt sich furchtbar an. Sehr, sehr schmerzhaft.", grinste ich und drückte weiter zu. „NEIN! HALT!", wimmerte er. „Ich bleibe hier! Ich bleibe hier! Ich gehorche!", keuchte er und ich ließ ihn los, verpasste ihm noch eine in die Magengrube und er krachte zusammen. „Gut. Ich breche auf. Ich muss gehen...", bemerkte ich und schritt zu Ora. Ich legte meine Hand an ihren Hinterkopf und zog sie zu mir, dass sie ihre Stirn an meine lehnen konnte. „Alles gut?", hauchte ich. Sie nickte. „Wenn er dir was tut sag es mir oder Bella. Du wirst das großartig machen. Brauchst du mich hier? Soll ich bleiben?" „Geh du nur. Ich komme zurecht.", lächelte Ora. „Natürlich... tust du immer. Wir sehen uns bald wieder.", versprach ich ihr und küsste sanft ihre Stirn, ehe ich zu meiner Frau trat. „Bella..." „Ich weiß. Keine langen Abschiede, ich bitte dich. Bis bald, Liebste. Und kehr mir lebendig und in einem Stück zurück.", bat sie und küsste mich sanft, ehe ich ging. Für lange Abschiede und Genuss der Nähe meiner Familie... war leider keine Zeit.

Mit einigen Männern marschierte ich zurück zur Front. Nach dem fehlenden Abschied fühlte ich mich leer doch es war besser so. Nun stand ich wieder in meinem Zelt. Allein. Und um mich viele weitere Zelte voll Männer und Frauen, die auf meinen Befehl hin sterben würden. Die auf meinen Befehl hin töten würden. Und trotzdem fühlte ich mich so allein wie nie. „Darf ich eintreten?", hörte ich eine mir bekannte Stimme und erleichtert über die Abwechslung stand ich auf. „Tritt ein!", rief ich und Mirden schritt herein, zu meiner Überraschung gefolgt von Elder. Beide verbeugten sich kurz leicht zum Gruße. „Guten Abend, ihr beiden." „Niala! Was war nun eigentlich so wichtiges, dass man dich gleich in die Heimat zitieren musste? Wenn... wenn ich fragen darf." „Darfst du, Mirden. Du auch, Elder, sieh Mirden nicht so böse an. Er fragt doch nur und ihr beide kommt dem, was man Freunde nennt... wohl recht nahe und als meine Freunde dürft ihr mich das wohl fragen. Nun... ich bin heim zitiert worden, da ich anscheinend Tante werde.", erklärte ich. Beide Männer stockten und starrten mich an. „Glück... Glückwunsch?", formulierte Mirden vorsichtig, während Elder sich setzte. „Götter... Sie ist doch kaum der Kindheit entwachsen!" „Um Ora mache ich mir weniger Sorgen... eher um Edmund..." „Edmund... DAS ist der Kindsvater? Der Welpe?", keuchte Mirden. Ich nickte stumm. „Götter... und nun? Werden sie heiraten?", wollte Elder wissen. „Werden sie müssen! Ich meine... soll Nialas Erbe ein uneheliches Kind sein? Ich meine..." „Halt, halt!", unterbrach ich Mirden. „Erben?" „Nun... warum nicht? Mag sein, dass deine Schwester keine große Kriegerin ist ABER sie ist vom Blute Wotans... Das Blut, dass euren Clan seit Jahrhunderten hielt. Und..." „Das ist Menschendenken! Der Stärkste wird Anführer! Der Geeignetste. Sollte es das Kind Oras sein, so ist es gut. Wenn nicht ist es auch gut. Von Ehe sprach ich bisher noch nicht. Ich werde Edmund da zu nichts zwingen... ich bin mir ehrlich gesagt auch noch nicht sicher, ob es nicht besser wäre würde er gehen... aber das sei nun einerlei. Wir haben wahrlich größere Probleme! Wir müssen diesen Krieg nur noch schneller beenden! Los. Wir brauchen eine Kahlschlag! Ein... wie sagt man... wir müssen ein Exempel statuieren? Sagt man das so? Nun denn... wir müssen einen Angriff vollführen, der Rakura im Mark erschüttern wird!", erklärte ich. Mirden nickte. „Niala... das ist nicht deine Art! Du..." „Ich bin ein Wolf! Wir beißen zu und reißen das Fleisch von den Knochen unserer Feinde. Und ich will nicht, dass mein Neffe oder meine Nichte im Krieg aufwachsen muss. Greifen wir an! Sofort!" „JA!", grinste Mirden. „Nein.", bemerkte Elder. „Was?" „Wir haben die Ressourcen nicht. Die letzten Kämpfe waren blutig. Wir haben Verluste gemacht und Rakura... da ziehen Männer nach... wo wir zehn töten kommen hundert nach! Wir müssen warten. Warten, bis die nächsten Truppen eintreffen. Müssen umplanen. Unsere wenigen Truppen richtig positionieren. Ja! Wir kämpfen hauptsächlich gegen niedere Dämonen... zu denen ich mich ja selbst zählen kann... jedoch sind sie uns zahlenmäßig überlegen. Und das bei Weitem. Aktuell sieht es nicht viel besser aus als zu Anfang... Wir müssen durchatmen. Ich verstehe, dass die Schwangerschaft deiner Schwester dich nun unter Zeitdruck stellt... aber wir dürfen keine Fehler machen! Nicht jetzt, wo wir gegen Rakura ziehen! Gib uns einen Monat, Wotanstochter! Einen Monat und wir könnten Truppen zusammenstellen und planen!" „Einen Monat?" „Besser zwei. Ich weiß nicht wie schnell die Truppen hier sein werden." „Habe ich eine Wahl?" „Wenig. Bitte, Niala.", bat Elder. Ich nickte. „Gut. So sei es. Und bis dahin sollen wir hier sitzen und die Grenzen bewachen?" „Ja. Und du wirst mit einigen Anführern der Clans sprechen müssen. Damit sie dich kennen lernen! Die Frau kennen für die sie ihr Leben geben wollen!" „Gut... Götter... beten wir... mehr können wir wohl kaum tun.", hauchte ich und setzte mich auf einen Stuhl. „Wir sollten unsere Anführerin schlafen lassen.", bemerkte Elder. Mirden nickte, wünschte mir eine gute Nacht und ging. „Niala... alles in Ordnung?", wollte Elder wissen. „Ja... ich denke das Schlimmste habe ich verdaut... Geh schon... im Übrigen ist deine Frau und dein Kind sicher. Der Krieg wird sie nicht erreichen. Du kannst ohne Sorge ruhen.", bemerkte ich. Elder nickte dankend, ehe er ging und ich erneut aufstand um mein Zelt zuzuschnüren, damit der Nachtwind es mir nicht aufriss. Ich seufzte tief und blickte auf mein Nachtlager. Wie sehr ich doch mein Bett und meine Frau vermisste... dieser Krieg musste beendet werden! Nicht zuletzt um Oras Willen und den des Kindes.



Das süße Gift: Dämonisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt