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POV Edmund

„Jetzt sag schon.", lächelte ich und setzte mich neben Ora. Sanft strich ihr über ihre Wange sodass sie mich ansehen musste. Eine Träne lief über ihre Wange. „So schlimm kann es gar nicht sein.", grinste ich um sie aufzumuntern. Nun endlich kam auch ein Lächeln auf Oras Lippen. Lächelnd gefiel sie mir deutlich besser. „Edmund... Du... wir... Mir war die letzten Tage oft unwohl. Vor einigen Tagen war ich bei Bellas Heiler und...", sie atmete tief durch und nahm meine Hand. Sanft legte sie sie auf ihren Bauch. Verwirrt blickte ich sie an. „Ich bin schwanger.", gestand sie. Ich stockte und starrte sie an. „Was?", keuchte ich und zog erschrocken die Hand zurück. „Nein... das..." „Edmund bitte. Ich trage dein Kind in mir!", wimmerte sie und weitere Tränen rannen aus ihren Augen. Ich schluckte schwer. Das war doch ein Scherz! Ein schlechter Scherz! Ein ganz übler! Sie warf sich an mich und klammerte sich an mein Hemd. Zum ersten Mal in meinem Leben verspürte ich ekel bei Ora. Ich liebte sie. Ich begehrte sie. Ich fand sie wunderschön doch... in diesem Augenblick, verheult und mit einem Kind im Bauch, ekelte sie mich an. Doch ich verbarg es vor ihr und atmete tief durch. Schlüpfte in eine Rolle wie ein Schauspieler. „Mein Kind...", hauchte ich und zwang mich meine Arme um Ora zu legen. „Ja... Dein Kind...", wimmerte sie und schien unendlich erleichtert, dass ich das sagte. Mir wurde übel. Hatte ich gerade mein Kind angenommen? Es als das Meine anerkannt? Nein! Es waren keine Zeugen hier! Nur Ora... sie könnte ich als Lügnerin betiteln... doch dann hätte ich Niala als Feind gegen mich... doch sie durfte mir nichts ernsthaftes antun! Schmerzen würde sie mir zufügen... verdammt... Aber töten dürfte sie mich nicht! Ich hatte kein Verbrechen begangen, dass des Todes würdig wäre! Nein... Verdammt... Ich musste hier fort. „Unser Kind.", setzte ich noch einen drauf und Ora schmolz in meinen Armen dahin. Klammerte sich fester an mich. Ich hielt sie fest. Alles in mir verkrampfte, als würde das Kind in Oras Bauch mir ein heißes Messer in den Bauch stechen.

Ora lag eng an mich gekuschelt da. Sie strahlte im Schlaf eine unglaubliche Ruhe aus. Vorsichtig zog ich meinen Arm unter ihr fort und stand auf. Ich musste hier weg! Leise setzte ich mich auf und begann mich anzuziehen. Ich zerrte mir meine Stiefel über die Füße und stand auf. Noch einmal blickte ich auf Ora. Es hätte nett werden können. Mich im Krieg verdienen, vielleicht Nialas Nachfolger werden, Ora vielleicht eines fernen Tages heiraten. Eines sehr fernen Tages. Und noch viel später Kinder. Aber jetzt nicht. Vater hatte mir erzählt, er hatte meine Mutter noch nie so wunderschön gefunden wie an dem Tag, an dem sie ihm von ihrer Schwangerschaft berichtet hatte. Noch nie hatte er sie mit so viel Liebe gesehen, und das obwohl er sie zuvor schon geliebt hatte. Damals, erzählte er mir, war ihm vor Freude fast das Herz zersprungen. Und nun blickte ich auf Ora... und spürte nichts davon außer Angst, Panik und Abscheu. Die Abscheu klang allerdings ab. Sie konnte ja wenig für das Ding in ihrem Bauch... Dass es meines war, daran wollte ich nicht denken. Sanft strich ich ihr durchs Haar. Ein letztes Mal... so seidig weich... Aber ich konnte das nicht. Nein! Ich konnte nicht einfach so verschwinden. Sie war mir immer eine gute Liebste gewesen! Hatte mit ihrem Finger Muster auf meinen Rücken gemalt, während wir ineinander verschlungen lagen. Vorsichtig setzte ich mich an Oras Tisch, zog Papier und Feder und begann im fahlen Feuer des Kaminlichts zu schreiben.

Ora,
du musst mich nicht suchen, du wirst mich nicht finden. Ich bin nicht kurz draußen um Holz zu holen. Nicht um Wasser zu holen oder an der Front und in der Armee wirst du mich nicht finden. Ich bin fort. Ora, ich kann noch kein Vater sein. Nein. Jede Vorstellung mit dir eine Familie zu gründen stößt bei mir nur blanke Panik und Angst aus. Ich kann es nicht, so sehr ich mich verbiegen will. Es liegt auch nicht an dir sondern am Kind. Ich kann das nicht, vergib mir. Blicke weiter in die Zukunft, erziehe das Kind wie du willst. Erzähle ihm bitte nicht von mir. Erzähle ihm, du hättest kaum Kontakt zu mir gehabt. Es soll nie nach mir suchen. Ich bitte dich. Für all die gute Zeit musst du mir diesen einen Gefallen tun. Ich weiß, du wirst gut für das Kind sorgen. Und wenn du je etwas für mich empfunden hast, so schicke mir Niala nicht nach und auch sonst keinen, der mich suchen soll. Ich bin fort. Schicke sie mir nicht nach! Oder willst du den Vater deines Kindes auf dem Gewissen haben? Sie würde mich töten, das weißt du.

Das süße Gift: Dämonisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt