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POV Bella

„Bleibst du wohl hier!", rief ich und erwischte Niala gerade noch so beim Hinausgehen. Sie stand bereits in Rüstung da. Wie stattlich sie darin aussah... „Bella... ich muss los." „Ich weiß. Und ich werde dich natürlich begleiten!", erklärte ich und ging neben ihr hinaus. Sie schüttelte den Kopf. „Nein.", bestimmt blieb sie stehen und ergriff meine Schultern. „Niala, ich bin kein Kind mehr! Verdammt bedenke, ich habe Jahre lang mit Rakura zu tun gehabt! Ich kenne diesen Mann mehr als ich wollte! Ich..." „Bella, daran liegt es nicht. Heute marschieren wir nur über die Berge. Theo wird uns den Weg zeigen und wir werden das Lager bei Elders Clan aufbauen. Die Befestigungsanlagen sind vorbereitet und werden hinterher gezogen. Die sind binnen einer Stunde aufgebaut. Alles gut. Du stößt morgen zu uns.", erklärte sie. „Niala..." „Bella bitte! Ich brauche dich hier und... du musst auch wieder in dein Lager sehen! Ich gehe mit unseren Truppen voran. Aber das sind auch nur niedere und mittlere Dämonen. Wir höheren... nun... das sind ja dann zum größten Teil nur die Leute deines Clans. Drum bitte... sorge dafür dass sie anständig ausgebildet werden! Deine Leute sind unser Trumpf! Wenn die nicht..." „Gut.", ich seufzte. Ja... ich sollte mich wirklich mit um meinen Clan kümmern. „Gut... aber gib auf dich Acht! Rakura ist ein Meister des Kriegshandwerks!", brummte ich und gab ihr einen Kuss, ehe sie ging. Na großartig... ich war 24 Jahre alt, bald 25, verheiratet und wurde für die Arbeit zuhause eingesetzt... Aber sie hatte recht. So ungern ich sie allein gehen lies... ich musste wirklich nachsehen, wie es in meinem... unserem Clan aussah. Nach wie vor war es schwierig nun die genaue Verbindung anzusehen... in solchen Momenten wünschte ich mir den Rat meiner Mutter... Mutter wüsste, was nun zu tun wäre. Oft fürchtete ich, wir waren noch nicht weit genug gekommen. Doch im inneren noch Kinder, ich und Niala. Mittlerweile allerdings glaubte ich, dass Wotan es nicht besser als Niala gekonnt hätte. Nein. Niala war wohl eine bessere Kriegsherrin als es Wotan gewesen wäre. Doch Mutter... Mutter hätte Niala besser beraten als ich es konnte. Und als ihre Schwiegermutter hätte sie auch alles auf ihr Überleben gesetzt. Und während Niala da draußen war und kämpfte... saß ich hier und versuchte Taktiken zu planen, die ich nicht kannte. Ich musste bald Elder wieder zu mir rufen. Aktuell war er zuhause bei seiner Frau und seinem Kind... Er wusste etwas mehr von kriegerischen Handlungen, hatte er ja eine Weile Rakura gedient und direkt über seine Schulter blicken können. Wenigstens etwas.

Das Training meiner Leute verlief gut. Am Platz standen sie sich in Paaren aufgestellt gegenüber. Schnellen Schrittes umkreisten sie einander. Wie im Tanze pirschten sie umeinander und versuchten den anderen mit dem Trainingsdegen zu erwischen oder mit dem Übungsdolch zu stechen. „Die uralte Kampfkunst unseres Volkes. Darum beneiden uns die Dämonen in aller Welt. Dass nur wir Katzendämonen mit solcher Anmut und Eleganz töten können.", hörte ich hinter mir und drehte mich um. „Theo, wie läuft es hier?" „Bestens. Man vermisst dich. Es wird bereits gemunkelt, der Wolf habe dich an sein Bett gefesselt und behält dich dort." „Zeige ich mich wirklich so selten? Nun... Tatsächlich... die Nächte verbringe ich in meinem und Nialas Schlafzimmer im Wolfsclan. Die Tage friste ich meist auch drüben oder an der Front. Tatsächlich...", gestand ich. „Die Briefe häufen sich." „Briefe?" „Rakura." „Rakura schickt mir Briefe? Theo, wieso sagst du mir das nicht eher?", wollte ich wissen und er nickte hinüber zu meiner Höhle. Sofort machten wir uns auf den Weg. „Nun... ich weiß nicht was darin steht. Ich traf dich ja kaum an. Ich hatte hier zu tun und einen Boten wollte ich nicht schicken. Nicht wenn sein Name darauf steht. Außerdem bezweifelte ich, dass es allzu wichtig für den Krieg ist. Eine Kapitulation hätte er nicht gesendet und wenn, dann doch an den Wolf." „Nenn sie nicht Wolf, Theo. Bitte. Sie ist meine Ehefrau. Niala. Und du bist mir wie ein Vater über die Jahre geworden. Drum nenne sie doch bitte beim Vornamen." „Niala... Bella, ist sie gut zu dir?" „Theo... ein Krieg tobt um uns und du sorgst dich darum, dass Niala grob zu mir sein könnte?" „Ja. Der Krieg bringt unsere schlechtesten Seiten zum Vorschein! Ist sie gut zu dir?" „Ja." „Bella..." „Theo! Hör auf. Bitte. Sie ist eben selten da. Ich hätte sie gerne öfter bei mir aber sie hat einen Krieg zu führen! Und wenn der vorbei ist, dann wird sie mich wieder in den Armen halten und bei mir sein und..." „Und wenn sie fällt?", sprach Theo meine größte Angst aus. Eine Angst, die mich schon lange verfolgte. „Bella, was wenn Niala stirbt? Dafür müssen wir auch Vorkehrungen treffen. Und das weißt du! Bella, ich weiß, dass du Niala liebst. Bedenke, ich war auch verheiratet! Ich weiß, wie sich das anfühlt zu lieben. Aber auch weiß ich wie es sich anfühlt, wenn einem das alles genommen wird. Du erinnerst dich daran?" „Natürlich." „Ja. Bella...", kaum hatten wir meine Höhle betreten packte er mich bei der Schulter und beugte sich leicht herab, um mir in die Augen zu sehen. „Bella, ich musste mich damals schwer aufraffen. Ich habe sie geliebt, Bella. So sehr. Mir zersprang das Herz in dieser Nacht. Meine Frau und mein Kind... ich habe beide zu Grabe getragen. Und habe weiter gemacht. Irgendwie. Lange wusste ich nicht wie und warum ich weiter machte. Aber es fand sich ein Grund. Du, Bella. Du bist mir wie eine Tochter geworden... drum machte ich weiter. Und heute bin ich froh, dass ich das alles noch erlebt habe. Und auch lebe ich, um die Erinnerung an meine Liebste weiter zu tragen. Und an mein Kind. Wenn Niala stirbt, dann reißt dir das das Herz heraus. Das verstehe ich. Aber nebenbei stirbt auch unsere Kriegsherrin. Du wirst an ihre Stelle treten müssen." „Nein. Theo bitte... ich..." „Wir müssen daran danken, Bella. Wenn sie stirbt..." „Dann folge ich ihr.", hauchte ich und wand mich ab. „Nein! Dann war alles umsonst, Bella! Bella... wäre es in Nialas Sinne dass sich alle danach zerstreuen? Einige währen panisch und würden zurück zu Rakura laufen und um Erbarmen flehen. Andere werden sich unkoordiniert auf ihn stürzen und dann ist alles verloren. Wäre das im Sinne deiner Frau?" „Nein..." „Nein." „Theo... ich weiß, dass das möglich ist. Theo, beim letzten Kampf haben fünf Pfeile sie durchbohrt... sie kam gar nicht mehr allein auf! Sie hat die Pfeile herausgezogen, während Edmund ihr aufhalf und sie zur Seite zerrte. Mir blieb das Herz stehen! Ich tötete den Schützen, ehe er erneut schießen konnte. Niala hat sich kurz um ihre Wunden gekümmert und hat weiter gemacht. Dass ich mit angesehen habe, wie ein Pfeil um Haaresbreite ihr Herz verfehlt... daran denkt sie nicht! Ich weiß, es ist selbstsüchtig von mir... dass ich mir wünsche sie bliebe immer bei mir. Denn so viele müssen ihre Liebsten in diesen Krieg entlassen. Aber..." „Nein. Bella, du hast eben als einzige die Grundlage da ein Veto einzulegen. Natürlich darfst du nicht sagen, dass du Niala zuhause behältst, da du nicht deine Frau verlieren willst. Nein. Du musst sagen, sie ist unsere Anführerin. Keine einfache Soldatin. Drum dürfen wir sie nicht verlieren. Das muss deine Begründung sein." „Theo, das sagte ich ihr doch bereits. Aber das geht nun einmal nicht so einfach! Niala ist stur! Sie...", ich schüttelte den Kopf. „Sie versteift sich auf den Krieg! Komplett. Sieht mich kaum an... fasst mich kaum mehr an. Natürlich nicht mit böser Absicht aber seit unserer Hochzeit krachte sie meist nur müde ins Bett, küsste mich rasch und schlief. Das tut sie ständig. Natürlich ist sie erschöpft. Aber wir reden kaum mehr. Vor dem Krieg... da waren wir noch nicht so erschöpft. Konnten die halbe Nacht wach bleiben und uns unterhalten.", erklärte ich. Auch kam sie nicht mehr einfach so herein, packte mich bei der Hüfte und drückte mich an die Wand um mich leidenschaftlich zu küssen... Nein. Seit unserer Hochzeit... hatte sie nur drei Mal mit mir geschlafen. Vier, rechnete ich die Hochzeitsnacht mit ein. Doch spürte ich, wie viel ihr das mit abverlangte. Sie tat es für mich, denn sie war viel zu müde und schlief danach meist sofort ein, noch bevor sie mich in ihre Arme ziehen konnte. So kuschelte ich mich an ihren völlig erschöpften Körper. Doch ich war es nicht, die ihr die Kräfte raubte. Der Krieg war es. So war es eben auch meist so, dass sie einschlief, kam dass sie das Bett berührte. Aber auch mich brannte es aus und trotzdem sehnte ich mich so sehr nach ihrer Nähe. Was eigentlich lächerlich war, denn ich hatte so viele Jahre ohne sie auskommen müssen und nun war ich ihre Ehefrau. Da hatte ich doch glücklich zu sein. „Die Biefe?", kam ich auf Rakuras Briefe zurück. Theo nickte und griff in ein Schächtelchen, ehe er mir einen Stapel von Briefen reichte. Alle von Rakura.

Das süße Gift: Dämonisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt