Entscheidungen am Grosvenor Square

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Sommer 1814  

Es war eine dunkle und mondlose Nacht, als die unscheinbare Mietkutsche unweit der Einfahrt zum Grosvenor Square hielt. Die Laternen waren unauffällig abgeschirmt, so dass auch dem unbeteiligten Betrachter klar sein musste, dass hier etwas Heimliches vonstatten ging. Alles lag in nächtlicher Stille. Bis auf das Rasseln des Zaumzeugs, einem gelegentlichen Scharren der Hufe und das Schnauben der Kutschpferde war nichts zu hören. Es war so spät, dass keine anderen Kutschen mehr unterwegs waren und die Fensterläden der meisten herrschaftlichen Häuser längst verschlossen waren, so dass kaum Licht auf den gepflasterten Gehsteig fiel. Nur die vereinzelt angebrachten modernen Gaslaternen spendeten Licht, tauchten die Szenerie in ein gespenstisches Licht und ließen die Schatten noch finsterer erscheinen. Die Gestalt, die lautlos aus einem Dienstboteneingang im Souterrain eines der Häuser schlüpfte, wirkte fast wie ein Geist, mit ihrem langen, schwarzen Mantel, der sich bei jedem der eiligen Schritte, die in der Dunkelheit unnatürlich laut auf dem Pflaster widerhallten, aufbauschte, und der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze. Es war jedoch kein Geist sondern eine Frau. In der einen Hand trug sie eine Hutschachtel und in der anderen ein kleines Köfferchen und sie schien an beidem schwer zu tragen, denn obwohl sie sich immer wieder lauschend umblickte und sich scheinbar vor Verfolgung fürchtete, kam sie nicht so schnell voran, wie sie dies ohne Gepäck getan hätte. Sie eilte so schnell sie konnte und ungeachtet der Schatten, die um diese Nachtzeit, zu der rechtschaffene Menschen längst schliefen, den Platz beherrschten, in Richtung der warteten Kutsche, denn sie wurde erwartet.

Neben der Kutsche wartete ein Herr mit hohem Hut und dunklem Mantel. Den Kragen hatte er hochgeschlagen, so dass sein Gesicht gänzlich im Dunkeln lag. Seine eleganten Stiefel und die goldene Taschenuhr, die er gerade zur Hand genommen hatte, um im Licht einer der Gaslaternen nach der Uhrzeit zu sehen, verrieten jedoch, dass er ein wohlhabender Gentleman war. Allein die Kutsche samt Kutscher für diese Uhrzeit zu mieten, musste ein Vermögen gekostet haben. Er ging nervös vor der Kutsche auf und ab und zuckte schreckhaft zusammen, als eines der Pferde schnaubte und mahnte den Kutscher, der beruhigend auf das Pferd einredete, flüsternd zur Ruhe.

Dann sah er die Frau im schwarzen Mantel auf sich zukommen und er ging auf sie zu. 

„Endlich!", stieß er erleichtert aus und schien dabei vor lauter Anspannung ganz zu vergessen, leise zu sein. Er nahm ihr schnell die beiden Gepäckstücke ab und reichte sie an einen der Kutscher weiter. „Wir müssen schnell aufbrechen, wenn es wirklich das ist, was du willst."

„Selbstverständlich!", gab sie zurück. „Nichts könnte mich dazu bringen, hier zu bleiben."

„Oh Lydia." Er seufzte und legte seine behandschuhte Hand in einer zärtlichen Geste an ihre kühle Wange.

„Frederick, du willst doch nicht etwa einen Rückzieher machen?"

„Nein", antwortete Frederick Whiteshaw schnell, eher um seine Auserwählte nicht zu verärgern als aus echter Überzeugung. „Dennoch halte ich das hier für keine gute Idee. Es ist ungehörig."

„Das ist mir vollkommen egal", unterbrach sie ihn bestimmt. "Hauptsache, wir sind zusammen." Lydia drängte sich näher an ihn und hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Die Tatsache, dass die beiden Kutscher ihnen zusahen, war ihr egal und auch Frederick vergaß deren Anwesenheit für einen Augenblick vollkommen, denn er zog Lydia schnell an sich und küsste sie leidenschaftlich.

„Wenn Sie London noch bei Nacht hinter sich lassen wollen, sollten wir langsam aufbrechen, Sir", bemerkte der Kutscher, der das Gepäck verstaut hatte. „Sie können die Dame ja während der Fahrt weiter küssen." 

Er kicherte, aber Frederick, der sich schnell von Lydia gelöst hatte, funkelte ihn böse an. Der Kutscher machte sich nichts darauf und stieg zu seinem Kollegen auf den Kutschbock.

In Love and War - Geheimnis um FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt