Der letzte Ball

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14.-15. Juni 1815

Samantha saß vor dem Frisiertisch in dem engen Schlafzimmer und bürstete sich mit bedachten Strichen im Schein einer Kerze ihr Haar. Es war, obwohl schon spät am Abend, heiß draußen und sie trug bloß ein dünnes Nachthemd. Durch das offene Fenster drang kaum ein Lufthauch. Die einfachen Vorhänge rührte kein Lüftchen. Richard war den ganzen Tag fort gewesen. Sein Bataillon befand sich ein gutes Stück außerhalb der Stadt, in der Nähe von Braine-le-Comte und als er vor einer halben Stunde, sie hatten längst zu Abend gegessen, heimgekommen war, hatte er von einem Scharmützel berichtet, das sich zwischen einigen Riflemen vom 95sten und einer französischen Kavallerie-Patrouille abgespielt hatte. Richards Einheit war nicht beteiligt gewesen, aber er hielt dieses Ereignis es für ein sicheres Zeichen dafür, dass Napoleon nicht mehr fern war, sonst hätte er die Gegend nicht auskundschaften lassen. Der Krieg rückte unausweichlich näher und auch in Brüssel wurden die Vorbereitungen spürbarer. Bei Eisenhändlern und Messerschleifern liefen Schleifsteine heiß, weil Schwerter, Säbel und Bajonette geschliffen wurden und Leinenhändler machten ein gutes Geschäft mit Stoffen für Verbandsmaterial. Auch Hetta hatte einen ganzen Ballen Stoff erstanden. Dann hatten Hetta, Samantha, Becky und Maria den ganzen Nachmittag damit verbracht, diesen Stoff in Streifen zu reißen und aufzuwickeln. Samantha taten noch immer die Fingerkuppen davon weh. Außerdem hatte Hetta Laudanum bereitgestellt und Parkin war geschickt worden, ein Fässchen Brandy zu kaufen. Das waren die Schmerzmittel der Zeit. Samantha war froh, dass sie einen Vorrat an modernen Medikamenten und sterilem Verbandszeug mitgebracht hatte. Diese Dinge befanden sich in dem hübschen Holzkästchen, das vor ihr auf dem Frisiertisch stand. Samantha legte die Bürste zur Seite und hob den Deckel des Kästchens mit seinem filigranen Blättermuster an. Die Medikamente waren unauffällige Fläschchen und Tiegel umgefüllt, oder unter dem doppelten Boden versteckt. Nachdenklich betrachtete sie ihren kleinen Schatz aus der Zukunft, und sie hoffte, dass sie genügend mitgebracht hatte. 

Als sich jetzt die Tür öffnete wandte sie den Kopf und klappte gleichzeitig den Deckel des Kästchens wieder zu. Richard kam herein. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, streifte er den roten Uniformrock und die helle Weste ab und lockerte die schwarze Halsbilde. Beides warf er achtlos auf einen Hocker neben der Tür. Dann knöpfte er die seidene Offiziersschärpe auf und zog sich das Hemd über den Kopf. Samantha sah ihm von ihrem Platz aus dabei zu. Das Kerzenlicht warf interessante Schatten auf seinen nackten Oberkörper und sie konnte den Blick nicht von ihm wenden.

„Bist du fertig?", fragte er.

„Ja", sagte sie und stand auf, um ihm ihren Platz am Waschtisch zu überlassen. Er goss kaltes Wasser aus dem geblümten Krug in die Schüssel und tauchte den Kopf hinein. Als er prustend wieder zu Vorschein kam hatte er tropfnasses Haar. Dann wusch er sich den Schweiß von der Haut. „Das tut gut. Himmel, war das heiß heute."

„Es ist noch immer heiß", antwortete sie und reichte ihm ein Handtuch.

„Stimmt", sagte er, während er sich abtrocknete. Dann legte er den Kopf ein wenig schief und ließ den Blick über ihre Gestalt in dem dünnen Leinenhemd gleiten. Der Ausschnitt war ein wenig verrutscht, so dass ihre Schulter hervorlugte. Leise lächelnd beugte er sich vor und berührte die exponierte Stelle mit seinen Lippen. Kalte Wassertropfen fielen dabei von seinem nassen Haar auf ihre Haut und Samantha gab ein quietschendes Geräusch von sich. Das genügte, um ihn zum Weitermachen anzustacheln. Sein Lächeln vertiefte sich, in seinen Augen lag ein mutwilliger Glanz, als er kurz aufsah und sich ihre Blicke im Halbdunkel kreuzten. Dann umfasste er ihre Taille mit vom Wasser kühlen Händen und zog sie näher an sich. Sie verharrten kurz und er hielt ihren Blick fest, seine Augen wirkten sehr dunkel und trafen auf smaragdgrüne Tiefen. Allein der Blick genügte, ihren Atem zu beschleunigen und ihr Herz zum Rasen zu bringen. Seine kühlen Hände schienen plötzlich Hitze auszustrahlen. Dann neigte er wieder den Kopf und berührte ihre zarte Haut mit seinen weichen Lippen. Er küsste sich über ihre Schulter zu ihrem Schlüsselbein und ließ dabei die Hände über ihre weichen Rundungen wandern. Trotz der Hitze überkam Samantha eine Gänsehaut, die sich verstärkte, als er zärtlich an ihrem Ohrläppchen knabberte und sie noch enger an sich zog. Dann fanden seine Lippen die ihren, und die Gänsehaut machte versengender Hitze Platz, die sich rasend schnell auf ihren ganzen Körper ausbreitete. Samantha drängte ihm entgegen und murmelte seinen Namen in den Kuss hinein. Er antwortete mit einem kehligen Laut, dann ließ er sich, ohne den Kuss zu unterbrechen, mit ihr auf das Bett sinken, das direkt hinter ihnen stand. Samantha fuhr ihm durch das feuchte Haar und ließ ihre Hände über seinen muskulösen Oberkörper wandern. Er hielt ihren Blick fest, während er sich zum Saum ihres Nachthemdes vortastete und seine Hand darunter gleiten ließ. Mit kundigen Fingern schob er das lange Hemd quälend langsam zentimeterweise nach oben, strich sinnlich über ihre Fesseln, verweilte in der Kniekehle und streichelte ihren Schenkel, ihren Bauch, ihre Mitte. Seine Lippen wanderten zu den Spitzen ihrer Brüste, die sich unter dem Batist abzeichneten, und als er begann, daran zu knabbern, gab Samantha ein wohliges Geräusch von sich, dass ihn selbstzufrieden lächeln ließ. Er half ihr sich des lästigen Kleidungsstücks zu entledigen und das Nachthemd landete achtlos auf dem Fußboden. Er hatte seine Liebkosungen dafür unterbrochen und jetzt zog er sich ein wenig von ihr zurück und betrachtete sie im schwachen Schein der einzelnen Kerze. Ihre Blicke trafen sich erneut und sie sah in seinen dunklen Tiefen Zärtlichkeit und vor allem leuchtendes Verlangen. Sein Blick genügte um ihren Atem weiter zu beschleunigen. Aber es störte sie, dass er noch immer seine Hose trug, während sie vollkommen nackt war. Sie machte daher Anstalten, sich ebenfalls aufzurichten, um dem Umstand abzuhelfen.

In Love and War - Geheimnis um FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt