Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, bis wir uns voneinander lösten. Ich wischte mir nochmal über die Augen und war froh, dass ich heute morgen keine Schminke aufgetragen hatte.
"Danke!", sagte ich leise, denn ich war ihm wirklich dankbar. "Keine Ursache", sagte er leise. Er stand immer noch so nah vor mir, dass sein Atem mein Gesicht streifte.
"Sagst du mir, was passiert ist?", fragte er und unsere Blicke verfingen sich wieder ineinader. Seine Augen waren einfach unglaublich. Auch, wenn sie dunkel waren, schienen sie von innen heraus zu leuchten.
Ich schüttelte den Kopf. "Ich möchte ehrlich gesagt nicht darüber reden! Jedenfalls nicht mit dir. Versteh mich nicht falsch, aber wir kennen uns kaum und die meiste Zeit verhälst du dich wie ein Arsch! Es reicht mir schon, dass du mich jetzt - so erlebt hast!"
"Lo entiendo", murmelte er. "Ich wollte mich... naja, ich wollte mich dafür auch nochmal entschuldigen!", fügte er schließlich hinzu und schien jetzt fast verlegen. "Wofür?", fragte ich.
Er trat einen Schritt von mir zurück und brachte so ein wenig mehr Abstand zwischen uns. "Dass ich mich dir gegenüber so aufgeführt habe! Ich dachte, dass - ach, vergiss es! Unwichtig, was ich dachte. Ich lag falsch!", gestand er.
"Danke für die Entschuldigung. Also muss ich jetzt nicht mehr damit rechnen, dass du mich irgendwann mit deinem Blick umbringst?", fragte ich und ich war selbst verwundert, als ich spürte, wie sich ein kleines Lächeln auf meinem Gesicht breit machte.
Seine Mundwinkel hoben sich ebenfalls und verdammt - dieses schiefe Grinsen erwärmte mich von innen heraus. Es war neben seiner sonst so arroganten, aber auch selbstbewussten Ausstrahlung, das, was mich im Club dazu bewegt hatte, mit ihm nach Hause zu gehen.
Doch er wurde wieder ernst. "Hast du vor meinem Vater davon zu erzählen?"
Ich schluckte. Soweit hatte ich noch nicht gedacht. "Ich weiß nicht. Glaubst du denn, das würde etwas bringen?", fragte ich und sah ihn aufmerksam an.
Enzo fuhr sich durch das dichte Haar und biss sich nachdenklich auf die Untelippe. "Ich würde es nicht tun. Er würde meinen Bruder auf jeden Fall bestrafen - aber so, wie ich meinen Bruder kenne, stachelt ihn das nur noch mehr auf. Und wenn er wütend ist, kann das wirklich ziemlich - hässlich werden!", sagte er und sein Blick verdüsterte sich von der einen auf die andere Sekunde so sehr, dass ich eine Gänsehaut bekam.
"Was bedeutet, dass es hässlich werden kann?", hake ich nach, denn ich musste wissen, wie Nate tickte und was ich von ihm in Zukunft zu befürchten hatte. Enzo winkte ab. "Das willst du gar nicht wissen!", sagte er und in seinen Augen flackerte es, ehe er wieder sein Poker Face, was diese Familie scheinbar perfektioniert hatte, aufsetzte.
"Ich kann doch aber nicht jeden Tag voller Angst hier sitzen, dass er reinkommt und beendet, was er angefangen hat! Sollte ich ihn stattdessen lieber anzeigen?", fragte ich und Enzos Züge spannten sich unmerklich an. "Nein! Die Polizei würde ich da raushalten!"
Ich verschränkte skeptisch die Arme vor der Brust. "Ich soll ihn also ungestraft davon kommen lassen?", blaffte ich.
Da kam wieder die altbekannte Sturheit in den Augen meines Gegenübers zum Vorschein. "Das habe ich nicht gesagt. Die Polizei wird dir jedoch nicht weiterhelfen. Die Anwälte meines Vaters werden dich in Grund und Boden stampfen!", sagte er.
"Achja, und wenn nicht? Stell dir vor, aber wir haben auch ziemlich gute Anwälte, die in denselben Preisklassen agieren, wie die deinen Vaters!", rutschte es mir heraus. Für einen Moment sah Enzo überrascht aus, dann wurde er misstrauisch.
"Wieso zur Hölle arbeitest du dann hier, wenn es euch an Geld scheinbar nicht mangelt?", fragte er.
"Das habe ich nicht gesagt! Der Anwalt, von dem ich spreche, ist ein Freund!", log ich, schließlich war das Vermögen, das mein Vater mit seiner Firma gemacht hatte, ein Geheimnis, was um keinen Preis nach außen dringen sollte.
Enzo machte einen Schritt auf mich zu. "Du bist eine schlechte Lügnerin, Jessica!"
Ich hielt seinem Blick stand. "Ich lüge aber nicht, Enzo! Können wir bitte bei der Sache bleiben? Was soll ich wegen deines Bruders tun?"
"Wenn du scheinbar doch nicht so sehr auf den Job angewiesen bist, wie du behauptet hast, könntest du auch einfach kündigen. Dann hättest du das Problem nicht mehr!"
Die weiß glühende Wut durchzuckte mich wie ein Stromschlag und ehe ich wusste, was ich tat, hatte ich ihm mit voller Kraft gegen die Brust geschlagen, sodass er zwei Schritte zurück taumelte. Ich sah vermutlich genauso überrascht aus, wie er, denn normalweise griff ich nie, außer im absoluten Notfall, zu Gewalt. Doch, dass wir uns wieder im Kreis zu drehen begannen, weil er so stur war, machte mich rasend.
Überraschenderweise machte mein kleiner Gewaltausbruch Enzo nicht wütender, sondern er lachte leise. "Manchmal könnte man bei deinem Temperament wirklich denken, dass da spanisches Blut durch deine Adern fließt, cariño!"
Ehe ich etwas dazu sagen konnte, hatte er sich abgewandt und ging auf die Tür zu. Er drehte sich nochmal um. "Wenn du nicht kündigen willst, werde ich mich um meinen Bruder kümmern und versuchen ein Auge auf ihn zu haben. Ich kann dir aber nicht versprechen, dass ich ihn ausnahmslos von dir fernhalten kann!", sagte er ernst bevor er die Tür hinter sich schloss.
Ich atmete hörbar aus und ließ mich auf meinen Schreibtischstuhl sinken.
A.N.:
Hey ihr Lieben,
ich melde mich auch mal wieder :)
Ich hoffe bis hierhin gefällt euch die Story weiterhin. Was haltet ihr von Enzos Verhalten? Glaubt ihr man kann ihm trauen oder wärt ihr an Jessicas Stelle vorsichtig? Teilt mir gerne eure Gedanken mit.
Bis zum nächsten Kapitel :)
Eure Catching011Alice
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Lo Que Quieres - Was du wirklich willst
Romance"Ach, ich hatte vergessen, dass du schlechte Erfahrungen mit One Night Stands gemacht hast. Tut mir natürlich leid, dich jetzt in so eine Situation gebracht zu haben!" Enzo lehnte sich nun mit hinterm Kopf verschränkten Armen auf dem Sofa der Sitzec...