Treinta y tres

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Ich schob den Schlüssel ins Schloss der Haustür meines Arbeitgebers und hatte stärkeres Herzrasen als in jener Nacht in der ich dieses Haus das erste Mal mit Enzo betreten hatte und auch im Gegensatz zu meinem ersten Arbeitstag.

Immerhin waren meine Kopfschmerzen, die ich gestern Nachmittag und Abend hatte, nachdem ich gegen fünfzehn Uhr aufgewacht war, verschwunden.

Ich begrüßte Dorothe, die mit einem Wäschekorb unter dem Arm gerade durch die Eingangshalle lief. Sie lächelte und grüßte mich ebenfalls. Alles gut. Es war alles, wie immer. Niemand wusste, dass ich wesentlich mehr Familiengeheimnisse als es noch letzte Woche der Fall war, kannte. Niemand wusste, dass ich nun hier war, um Informationen zu beschaffen.

Ich ging schnellen Schrittes die Treppe hoch, auch wenn ich normalerweise sowieso niemandem begegnete. Dafür war es noch zu früh.

Als ich in meinem Büro angekommen war, konnte ich mich ein wenig entspannen. Die erste Hürde für heute hatte ich überwunden.

Ich versank für die nächsten Stunden in meiner Arbeit. Gegen Mittag klopfte es. ,,Ja?", fragte ich. Die Tür öffnete sich und Celine steckte den Kopf herein.

,,Hey", sagte ich überrascht, da sie noch nie einfach in meinem Büro aufgetaucht war. ,,Hey! Dash ist heute nicht da und Dorothe hat das essen schon fertig. Ich wollte fragen, ob wir zusammen essen wollen. Es sei denn, du kannst noch nicht Pause machen oder so. Dann will ich dich gar nicht weiter stören!"

,,Gerne! Warte, ich schalte den Laptop kurz in den Ruhemodus!" Sie nickte und sagte: ,,Ich geh schonmal runter und nehme unsere Teller mit raus. Es ist heute so schönes Wetter. Da könnten wir im Garten essen!" Ich nickte und sie verließ das Büro wieder.

Kurze Zeit später saß ich mit ihr im Garten der Álvarez. Die anderen waren heute alle unterwegs oder schliefen noch. ,,Dash hat heute ein wichtiges Spiel. Aber da sind keine Zuschauer erlaubt, deswegen bin ich hier geblieben!", erzählte sie mir, während sie sich eine Gabel des Nudelauflaufs in den Mund schob.

,,Ach mist, naja, aber dann konntest du ja ein wenig ausschlafen!", meinte ich und musterte sie dabei. Sie nickte.

Mir brannte eine Frage auf der Zunge, doch ich wusste nicht, wie sie so drauf war und theoretisch ging es mich gar nichts an. Sie grinste: ,,Du siehst aus als würdest du gleich vor Neugierde platzen und ich glaube ich weiß sogar, was du wissen willst. Und ja, wir sind seit letzter Woche offiziell zusammen!" Ihr Gesicht leuchtete bei diesen Worten auf.

,,Herzlichen Glückwunsch! Ich habe mich schon gewundert, weil ihr schon die ganze Zeit so vertraut miteinander scheint und jetzt bist du sogar ohne ihn hier bei ihm zu Hause", versuchte ich meine Neugierde zu erklären. ,,Schon gut! Ich hätte mich wahrscheinlich dasselbe gefragt! Letzten Freitag, als wir uns in der Bar gesehen haben, haben wir ein kleines Familientreffen veranstaltet, bei welchem ich das erste Mal als seine offizielle Freundin anwesend war. Ich weiß, ein bisschen albern, weil ich die Jungs ja eigentlich schon ewig kenne, aber irgendwie wars ganz witzig. Aber mit wem warst du eigentlich dort? Und wer war der süße Typ neben dir?", fragte sie zwinkernd.

,,Meine beste Freundin hatte Geburtstag. Wir haben dort mit ein paar Freunden gefeiert und der Typ neben mir, war Liam, der Bruder einer anderen Freundin", erklärte ich und ihr Blick ließ mich darauf schließen, dass sie schon ahnte, dass ich ihr etwas vorenthielt.

,,Und ja - ich habe eine Weile für ihn geschwärmt!", gestand ich lachend. ,,Hast? Oder tust du immer noch?", hakte sie nach.

Ich zuckte die Achseln. Tatsächlich wusste ich es nicht mehr. Ich hatte mich super mit ihm verstanden und war auch ziemlich aufgeregt, als wir zu reden begonnen hatte. Aber das war im Laufe des Abends immer weiter abgeflaut. Es war als hätte ich die rosa rote Brille abgenommen, obwohl das der Zeitpunkt hätte sein sollen, wo ich sie überhaupt erst hätte aufsetzen sollen.

,,Es ist kompliziert", sagte ich und sie nickte. ,,Und Dash und du - wie lang kennt ihr euch denn schon?", fragte ich, um die Aufmerksamkeit von mir wegzulenken.

,,Wir kennen uns eigentlich schon seit der Grundschule und sind seit der weiterführenden Schule befreundet. Im letzten Jahr hatte ich mich von meinem Freund getrennt und er war wie immer für mich da - und da hab ich mich dann irgendwie in ihn verliebt. Er schwört, dass er schon ewig für mich schwärmen würde, aber es mir wegen meiner Beziehung nie gesagt hätte, aber das glaube ich ihm nicht! Ich glaube, dass wir gleichzeitig angefangen haben uns mit anderen Augen zu sehen", erzählte sie und ich nickte.

,,Seit der Grundschule ist eine lange Zeit!", meinte ich anerkennend. Sie grinste: ,,Ich denke das haben wir unseren Eltern zu verdanken. Mein Dad arbeitet auch bei A&P - Pablo und er sind befreundet!"

Alles in mir zog sich zusammen und ich richtete schnell meinen Blick auf meinen Teller, um mir nichts anmerken zu lassen. Gehörte ihre Familie also auch zu dieser Mafiasache dazu? Oder waren sie tatsächlich einfach so Freunde? Ich konnte sie schlecht danach fragen.

,,Sag mal - ich weiß, das ist jetzt ein komischer Themenwechsel, aber ich frag mich das seit dem einen Mittagessen hier. Meine Vorgängerin - diese Malina - wieso arbeitet sie eigentlich nicht mehr hier?", beschloss ich mich langsam an Informationen heranzutasten, die für den BND nützlich sein könnten. Vielleicht wusste sie ja etwas.

Ich sah Celine in die Augen. Sie wirkte gefasst, doch für eine Millisekunde war da etwas in ihren Augen aufgeblitzt. Sie räusperte sich: ,,Ich glaube sie ist in den Ruhestand gegangen oder so!"

,,Kam sie mit den Álvarez aus Spanien her?", wagte ich mich weiter vor. Sie zuckte mit den Schultern und die Art, wie sie plötzlich meinem Blick auswich, ließ in mir den Verdacht aufkommen, dass sie mehr wusste als sie zugab.

,,Ich glaube nicht. Sie wurde hier eingestellt. Woher weißt du denn, dass die Álvarez aus Spanien hergekommen sind?"

,,Hat Enzo mir erzählt", antwortete ich.

,,Ihr hattet was miteinander, oder? Dash hat da sowas angedeutet als ich ihn gefragt hab, wie du an die Stelle gekommen bist."

Ich nickte: ,,Ja, aber das ist vorbei!"

,,Weil Enzo keine Beziehung will?", hakte sie nach und die Atmosphäre begann sich wieder ein wenig zu entspannen. Ich zuckte die Schultern: ,,Ich glaube selbst wenn, wäre er nicht der Richtige für mich!"

Sie runzelte die Stirn: ,,Wieso?"

Mit der Frage hatte ich nicht gerechnet. ,,Ich - ähm - keine Ahnung. Ich glaub wir sind zu verschieden!"

,,Kennst du ihn denn überhaupt richtig? Er kann echt nett sein", sagte sie und nun war ich es, die die Stirn runzelte. Warum versuchte sie ihn zu verteidigen? Sie wusste definitiv mehr als ich!

,,Ach, ist doch egal! Er will sowieso keine Beziehung, also mache ich mir das Leben leicht und zerbreche mir darüber nicht den Kopf", versuchte ich so locker wie möglich zu sagen.

,,Du hast recht! Wahrscheinlich ist das die beste Idee", meinte sie wieder lächelnd, obwohl ich das Gefühl hatte, dass es dieses Mal nicht ihre Augen erreichte.

,,Bist du eigentlich auch auf dem Ball am Freitag?", wechselte ich das Thema. ,,Ich weiß noch nicht. Die Kinder der Mitarbeiter sind eigentlich nicht so gern dort gesehen, wenn sie nicht auch dort arbeiten. Mal schauen, ob Dash uns trotzdem reinschmuggeln kann! Wir waren einmal als wir noch kleiner waren, auf einem dieser Bälle und ich sag dir - das Essen ist das Paradies auf Erden! Ich hoffe also er bekommt das hin!"

Ich lachte: ,,Das klingt gut! Wäre auf jeden Fall cool, wenn wir uns dort sehen!"Sie nickte und wir unterhielten uns noch ein bisschen, bis ich wieder in mein Büro verschwand, um weiterzuarbeiten.

Lo Que Quieres - Was du wirklich willstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt