Cincuenta y dos

117 11 0
                                    

Wir saßen im 'The Rock' in dem ich damals mit Nate gegessen hatte und Enzo mit den seltsamen Typen. Enzo meinte, dass man dort am besten geschäftliche Gespräche führen konnte, da jeder der dort war, entweder selber Dreck am Stecken hatte oder es einfach nicht besser wusste.

Gerade als Claire, die heute zufällig wieder arbeitete, uns einen Platz zugewiesen hatte und wir die Karten bekommen hatten, kam eine mir bekannte Person durch die Tür. Ich hob überrascht die Hand als Jon, mein Selbstverteidigungslehrer an uns vorbei ging. Er schenkte mir ein kurzes Lächeln und winkte einmal im Vorbeigehen. Ich fragte mich, zu welcher Sorte Menschen er gehörte, dass er hier aß. Ich hoffte für Laurel, dass er zu denen gehörte, die es einfach nicht besser wussten.

Ich wandte mich wieder Enzo zu. ,,Also, was denkst du sollen wir jetzt tun?", fragte ich leise. ,,Erstmal bestellen wir und dann überlegen wir uns was!", sagte er und ich sah, dass er angespannt war. Nachdem wir heute Morgen mein Bett verlassen hatten, ging es uns beiden so, denn die Realität war jetzt nicht weiter zu verleugnen.

Wenig später kam Claire zurück und wir bestellten ein Frühstück, auch wenn es dafür eigentlich schon ein bisschen spät war. Nachdem sie wieder gegangen war, sahen Enzo und ich uns an.

,,Soll ich weiter für deinen Vater arbeiten oder denkst du, dass ich dann nur noch schneller tot bin?", fragte ich direkt, ohne um den heißen Brei herumzureden. Diesen Punkt hatten wir hinter uns, denn dafür war das ganze zu ernst.

Enzo seufzte: ,,Was genau hat Nate denn zu dir gesagt als wir im Restaurant waren? Glaubst du er wollte, dass du die richtigen Schlüsse ziehst?" ,,Ich weiß nicht. Er konnte doch eigentlich nicht wissen, dass ich über die Camorra Bescheid weiß. Wenn er das wüsste, dann hätte ich mit seinen Worten dahinter kommen sollen und er wollte mich testen. Wenn er genau wie du dachte, dass ich nichts weiß, dann wollte er mich wahrscheinlich einfach ärgern und mir eins auswischen!", teilte ich ihm meinen Verdacht mit.

,,Ich würde behaupten, dass er nichts weiß, jedenfalls hat er mir nichts gesagt und mein Dad auch nicht. Andererseits weihen sie mich nicht in alles ein. Wenn sie den Verdacht hätten, dass du Bescheid weißt, weil ich geplaudert habe, dann würden sie mir garantiert nichts sagen. Ich glaube also, dass es zu riskant ist, wenn du einfach aus dem nichts kündigst. Aber du musst deine Zusammenarbeit mit - du weißt schon wem - beenden!", murmelte er eindringlich.

,,Wenn ich das tue, dann landet mein Bruder im Gefängnis!", entgegnete ich. ,,Für etwas, woran er ja auch Schuld hat!", entgegnete Enzo und ich verschränkte meine Arme vor der Brust. ,,Im Gegensatz zu euch oder was? Ich denke eure Taten sind schlimmer als ein paar Drogen zu verkaufen!"

,,Ich habe nichts anderes behauptest, aber wie soll ich meiner Familie jeden Tag in die Augen sehen in dem Wissen, was du parallel treibst?", fragte er und ich erkannte, dass er in derselben Zwickmühle steckte wie ich. Die Loyalität zur Familie oder das Richtige tun.

Claire kam mit unserem Essen wieder. Als sie wieder gegangen war, sah ich Enzo nachdenklich an und fragte vorsichtig: ,,Du würdest nicht gegen sie aussagen oder?"

Er zögerte. ,,Keine Ahnung. Wenn ich es tue, bin ich tot. Ich würde es wahrscheinlich nicht mal bis zur Gerichtsverhandlung überleben, weil ich, wenn ich auspacke mich selber belasten muss und im Knast ist es für meinen Vater ein leichtes jemanden umzubringen. Was glaubst du, weshalb es so selten Verräter in unseren Reihen gibt? Jeder, der etwas weiß, wird mit ins Geschäft eingebunden, damit das Risiko sinkt, jemanden an die Bullen zu verpfeifen, weil man selber auch nicht mehr sauber aus der Sache rauskommt! Geht man das Risiko trotzdem ein, dann wird man spätestens im Gefängnis umgelegt!"

Ich schob mir eine Gabel Rührei in den Mund, auch wenn mir der Appetit eigentlich vergangen war. Es musste doch einen Weg aus diesem Schlamassel herausgeben. ,,Und wenn wir versuchen so einen Straffreiheitsdeal für dich auszuhandeln? Und Zeugenschutz?", fragte ich. ,,Und was dann? Dann verschwinde ich in den Zeugenschutz und soll mir allein ein neues Leben in irgendeinem Kaff aufbauen. Wofür dann das Ganze?"

Ich zögerte. Eine Idee hatte sich in meinen Kopf geschlichen, doch ich wusste nicht, ob ich dazu bereit war. Wir kannten uns schließlich erst ein paar Monate. ,,Und wenn ich mit dir zusammen in den Zeugenschutz gehen würde?", fragte ich trotzdem und sah ihn aufmerksam an. ,,Dir ist schon klar, was Zeugenschutz bedeutet oder? Im Gegensatz zu mir hast du Menschen in deinem Leben, die dir was bedeuten. Du kannst dann weder deine Familie noch deine Freunde wiedersehen. Ist glaube nicht, dass du mir das jemals verzeihen könntest."

,,Ich weiß, was das bedeutet. Aber so oder so schwebe ich doch in Gefahr, du hast es gestern doch selbst festgestellt - egal wie man es dreht und wendet, am Ende werde ich mit hoher Wahrscheinlichkeit sterben, außer ich tauche unter! Und wer weiß, vielleicht haben sie ja irgendwann alle festgenommen und wir könnten zurück kommen. Sowas kommt doch vor!"

Enzo schwieg einen Moment und wir konzentrierten uns aufs Essen. Ich sah, dass es in seinem Kopf arbeitete. ,,Ich kann nichts beweisen. Mein Vater bewahrt die Dokumente alle an einem sicheren Ort auf. Selbst wenn ich aussagen würde, dann könnte es nicht für einen Straffreiheitsdeal reichen. Und wenn ich den nicht bekomme, müsstest du allein ins Exil", meinte er zweifelnd.

,,Aber was haben wir für eine andere Wahl? Ein Versuch ist es wert oder?" ,,Ich weiß nicht. Was ist mit Dash?", fragte er zweifelnd.

,,Was soll mit ihm sein?", hakte ich nach. ,,Er weiß zwar noch über keine großen Geheimnisse Bescheid, aber seine Unterschrift ist bereits auf einigen Dokumenten, wie Kaufverträgen von irgendwelchen Gebäuden, die mit dem Schwarzgeld bezahlt wurden. Er wäre auch dran und ich glaube, er ist genauso wenig begeistert von dem Familiengeschäft, wie ich!", erklärte Enzo mir und nahm einen Schluck seines Kaffees.

,,Und wenn wir ihn mit ins Boot holen?" Enzo schüttelte den Kopf. ,,Er wird nicht aussagen. Dafür hat er zu viel zu verlieren. Nicht nur Celine, sondern auch sein Leben. Er ist der Einzige von uns, der neben dem Ganzen noch ein richtiges Privatleben hat!"

,,Und wenn er auch einen Strafffreiheitsdeal bekommen würde?", fragte ich. ,,Du scheinst ja sehr überzeugt davon, dass solche Deals verteilt werden, wie Freigetränke auf einer Party. Ich glaube das wird schwerer, als du dir vorstellst!"

Wir grübelten noch ein wenig weiter, während wir aßen. Dann zahlten wir und machten uns in seinem Wagen auf den Weg zurück zu meiner Wohnung. Mitten auf der Fahrt schnappte ich nach Luft, denn mir kam eine neue Idee.

,,Und was, wenn wir den BND einen akuten Anlass liefern einzugreifen?", fragte ich aufgeregt. ,,Die werden nicht wegen irgendeinen kleinen Delikts ihre Tarnung auffliegen lassen. Dann wüsste mein Vater, dass sie ihm aktiv an den Fersen hängen und wenn sie dann nichts handfestes haben, würden sie wieder bei null stehen!", entgegnete Enzo.

,,Und wenn wir sie zwingen einzugreifen, weil es um etwas größeres geht?"

,,Du willst meinen Dad und den Geheimdienst austricksen?", fragte er skeptisch und sah kurz zu mir rüber, scheinbar um zu überprüfen, ob ich tatsächlich den Verstand verloren hatte. Ich wusste, dass es eine irrwitzige Idee war, die sich da in meinem Kopf zusammenreimte, aber ich war verzweifelt. Also griff ich nach jedem Strohhalm.

,,Ja! Ich hätte da vielleicht eine Idee. Dafür musst du mir aber sagen, was es mit dem Club auf sich hat, den du heute oder morgen kaufen wirst!"

,,Woher zur Hölle weißt du vom Club?", fragte er überrascht und ich erzählte ihm, wie ich ihn verfolgt hatte, damit er mir erklären konnte, was der Kauf bezweckten sollte. Als er mich zu Hause abgesetzt hatte, hatten wir einen Plan gefasst, der zwar ziemlich riskant war, aber wenn alles gut lief, ein Ausweg sein könnte.

Lo Que Quieres - Was du wirklich willstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt