Cuarenta y siete

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Ich kämmte gerade meine nassen Haare, als es an der Tür klingelte. Ich runzelte die Stirn. Es war mittlerweile bestimmt halb elf und ich erwartete keinen Besuch mehr um diese Uhrzeit. Ich kickte meinen Hosenanzug, den ich einfach achtlos auf den Badezimmerboden geworfen hatte, zur Seite und ging zur Gegensprechanlage.

,,Ja?", fragte ich in den Hörer. ,,Jess, ich bin's Enzo. Lass mich bitte rein!" Das Gefühl, dass ich die richtigen Schlüsse gezogen hatte, verstärkte sich. Weshalb sollte er mir sonst nachgefahren sein? Die Frage war nur, warum er damals bei uns gewesen war. Hatte es wirklich mit meinem Dad zu tun gehabt oder ging es um etwas anderes?

Das Einzige, was ich wusste, war, dass ich Antworten brauchte. Also betätigte ich den Türöffner. Ich öffnete meine Wohnungstür und ging zurück ins Bad um meinen Hosenanzug zu holen und in die Wäschetonne in mein Schlafzimmer zu bringen.

Ich hörte, wie die Wohnungstür zugemacht wurde und im nächsten Moment stand Enzo in meinem Schlafzimmer. ,,Was willst du?", fragte ich trocken und begann Kleidungsstücke, die ich einfach nur über meinen Schreibtischstuhl geworfen hatte, zu sortieren und gegebenenfalls in die Wäsche zu tun. Ich konnte ihm gerade einfach nicht in die Augen sehen, aus Angst, dann alles zu vergessen, was ich wissen wollte - was ich wissen musste.

,,Was hat mein Bruder zu dir gesagt?", fragte er. ,,Wie kommst du darauf, dass ich mit deinem Bruder geredet habe?", entgegnete ich. Leicht würde ich es ihm nicht machen. ,,Weil ihr kurz nacheinander vom Klo gekommen seid, er mit seinem typischen 'Ich hab was ausgefressen'-Grinsen und du, weiß, wie die Wand!", sagte er.

Nun sah ich doch auf, denn ich wollte Enzos Reaktion auf keinen Fall verpassen. ,,Ich habe eine andere Frage an dich! Wieso warst du damals wirklich bei meinem Bruder? Wieso hast du dich nicht abholen lassen oder ein Taxi genommen?"

Enzos Gesichtszüge entglitten ihm für einen Moment und ich wusste, dass ich ins Schwarze getroffen hatte. Die Freude darüber blieb jedoch aus. ,,Wie kommst du da jetzt drauf? Was hat Nate dir erzählt?" Ich war überrascht über die Schärfe in Enzos Stimme.

,,Was könnte er mir denn erzählt haben?", stellte ich erneut eine Gegenfrage. Enzo schwieg und musterte mich. ,,Du sagst nichts, weil du Angst hast mir mehr zu verraten als es dein Bruder sowieso schon getan hat, richtig?", hakte ich nach.

,,Du hast keine Ahnung, worum es hier geht, Jessica, also hör auf Spielchen zu spielen und sag mir, worüber ihr geredet habt!"

Ich spürte Wut in mir auflodern. Erst ignorierte er mich über eine Woche und bei unserem ersten richtigen Gespräch seit Heidelberg bildete er sich ein mir Befehle erteilen zu können?! ,,Ich rede mit dir, sobald du mir sagst, weshalb du in dieser Nacht in unserem Haus warst? Ich mach's dir auch leichter und stelle dir konkrete Fragen. Zum Beispiel würde mich brennend interessieren, wie ihr euch eigentlich genau kennengelernt habt, Ian und du!", fuhr ich ihn gereizt an.

Enzo vergrub seine Hände in den Hosentaschen und taxierte mich immer noch mit seinem Blick. Dann sagte er: ,,Ich habe Stoff bei ihm gekauft!" ,,Du nimmst Drogen?", fragte ich.

,,Nein, aber deiner Reaktion nach zu urteilen, hast du das bereits geahnt." Ich nickte. ,,Und wieso hast du einen Vorwand gebraucht, um mit meinem Bruder in Kontakt zu treten?" Enzo zögerte. ,,Es ging ums Geld!"

Ich starrte ihn an. ,,Was für Geld?", hakte ich sicherheitshalber nach. Er hielt meinem Blick stand. ,,Das Geld, das dein Vater in seiner Firma verdient hat!" ,,Ich hatte also recht, damals? Du warst wirklich bei uns, um etwas zu stehlen. Nur waren es nicht irgendwelche Gegenstände, sondern -"

,,- Akten, die mir sagen, um wie viel Geld es geht", beendete er meinen Satz. Auch, wenn ich irgendwie geahnt hatte, dass es etwas damit zu tun gehabt hatte, traf mich sein Geständnis mitten ins Herz. Er hatte mich angelogen und dann ausgenutzt. Wir waren ein konkretes Ziel gewesen und er hatte mich glauben lassen, dass unsere Begegnung Zufall war. Er hatte mit mir gespielt, hatte sich wahrscheinlich sogar über mich lustig gemacht und ich hatte nicht die geringste Ahnung gehabt.

,,Was hattest du mit dem Geld vor? Oder besser gesagt, was hatte die Firma deines Vaters damit vor?", fragte ich bitter und versuchte meine Gefühle zu verdrängen. ,,Das wäre davon abhängig gewesen, wie kooperativ dein Dad gewesen wäre. Ob er investiert hätte oder nicht", antwortete Enzo.

,,Und wenn nicht?" ,,Darum geht es doch jetzt gar nicht!", warf Enzo ein. ,,Doch genau darum geht es, verdammt nochmal. Als du nicht die Chance bekamst zu suchen, hast du da gedacht, dass du es auf einem anderen Weg probierst? Zum Beispiel indem du mit mir ins Bett gehst?", fragte ich und meine Stimme wurde dabei lauter. Die Worte schmeckten bitter auf meiner Zunge.

,,Nein." Ich verengte die Augen zu Schlitzen. ,,Du lügst! Ich sehe es dir an, Enzo. Du hast mich ausgenutzt. Aber wieso dann plötzlich die Ablehnung am nächsten Morgen?"

Enzo senkte den Blick und fuhr sich aufgebracht durch die Haare. Meine Gedanken rasten und dann traf mich eine neue Erkenntnis. ,,Sollte dann Nate versuchen Informationen über das Geld von mir zu bekommen? War das der Grund, weshalb er sich bei mir eingeschleimt hat?", sprudelten die Worte aus mir heraus und mir wurde heiß und kalt zugleich.

Die ganze Zeit dachte ich, dass ich die Fäden in der Hand hielt, da ich über die Mafia Sache Bescheid wusste, dabei hatte mich die ganze Familie manipuliert und benutzt. Und ich hatte diesem Arschloch auch noch gestanden, dass ich in ihn verliebt war. Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. Nicht vor Trauer, sondern vor Wut und Scham.

Enzo nickte langsam. ,,Mir tut das alles echt leid, cariño, aber ich hatte dich gewarnt!", sagte er und obwohl der Inhalt seiner Worte besserwisserisch klangen, bildete ich mir ein, Bedauern in seiner Stimme zu hören. ,,Ich-", setzte ich an, doch in dem Moment begann etwas zu klingeln.

Ich erstarrte. Enzos Augen glitten über mein Bett, auf dem mein Handy lag und weiter zu meinem Nachtschrank aus dem das Klingeln kam. Scheiße!

,,Hast du ein zweites Handy?", fragte er mit gerunzelter Stirn. ,,Äh nein, das ist - ein Wecker!", stotterte ich. Mein Atem ging mit einem Mal viel zu schnell und ich wusste, dass ich mir mit meiner schlechten Lüge selbst ins Bein geschossen hatte, denn mein Wecker stand auf dem Nachtschrank. Langsam ging er rückwärts ohne mich aus den Augen zu lassen in Richtung des Klingelns.

,,Der geht gleich von allein aus!", versuchte ich es nochmal, doch Enzo ging weiter auf die Schublade zu. Da ich nicht mehr denken konnte, handelte ich intuitiv. Ich stürzte über mein Bett und wollte nach der Schublade greifen, doch Enzo war schneller als ich erwartet hatte. Er hatte sie aufgezogen und das Handy herausgenommen.

Ich wollte es ihm abnehmen, doch er hielt es hoch und ich kam nicht mehr ran. Im nächsten Moment drehte er mich in einer fließenden Bewegung um, sodass ich mit dem Rücken an seine Brust gedrängt stand. Er presste seine Hand fest auf meinen Mund und nahm den Anruf entgegen. Ich hörte wie Frau Flemming sagte: ,,Frau Parker, sie hatten mir nach unserem letzten Telefonat versichert mir noch heute nach dem Essen Bericht zu erstatten!"

Er legte wortlos auf und wie der Blitz traf mich die Erkenntnis, dass ich aufgeflogen war. Ich brauchte nicht darüber nachdenken, was das für mich bedeutete. Frau Flemming hatte mir oft genug und sehr eindringlich klar gemacht, dass ich vorsichtig sein sollte, denn mit der Camorra war nicht zu scherzen. Und jetzt wussten sie Bescheid.

A.N.:

Hello, hello :)

da ich gerade die letzten Kapitel dieses Buches geschrieben habe, gibt es heute noch ein weiteres Kapitel und ab jetzt daily Updates, also viel Spaß beim Weiterlesen.🎉

Eure Catching011Alice

Lo Que Quieres - Was du wirklich willstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt