Lo Que Quieres - Was du wirklich willst

Veintidos

Etwa eine Woche nach dem Vorfall im Club saß ich wieder in meinem Büro. Heute schaffte ich es das erste Mal, nachdem ich eine Mahnung an einen Kunden geschrieben hatte, der mit der Ratenzahlung im Rückstand war, mich um die privaten Konten von Mr Álvarez zu kümmern. Die Konten von denen er mir am Anfang gesagt hatte, dass er nichts darüber hören wollte.

Es kribbelte mir in den Fingerspitzen so nervös und neugierig war ich zugleich, als ich die Kontoauszüge einsah. Ich musste mit dem vorletzten Monat beginnen, da dies dem letzten Prüfungsstand entsprach. Mr Álvarez hatte mir zuvor noch gesagt, dass ich seine Konten mit in meine Arbeit einbeziehen musste, da nicht er allein, sondern auch seine Familie Zugriff darauf hatte.

Mir fiel nichts besonderes auf, weshalb ich mich entspannte. Generell waren die Beträge die auf die Konten ein- bzw. ausgingen oft ziemlich hoch. Doch das meiste stand tatsächlich im Zusammenhang mit der Firma. Ich nahm aber auch einige seltsame Ausgaben wahr. Eine Kreditkarte zeigte mehrere ziemlich hohe Abbuchungen aus einem Geschäft, welches als 'Uranus' auf den Auszügen vermerkt war.

Ich zögerte, doch meine Neugierde war geweckt. Ich öffnete schließlich einen weiteren Tab und tippte das Wort ins Suchfeld ein. Zahlreiche Ergebnisse zu Planeten wurde mir angezeigt. Ich konkretesierte die Suche. 'Uranus Hamburg', tippte ich. Ganz oben erschien irgendein Verlag, gefolgt von einem Kalender. Erst nachdem ich weiter runtergescrolled hatte, entdeckte ich etwas, was die Ausgabesummen erklären würden.

Ein Stripclub.

Jede Woche gab es irgendwelche Abbuchungen aus dem Laden. Worum genau es sich dabei handelte stand nicht dabei.

Ich fragte mich, wer dort regelmäßiger Besucher war. Nate? Ihm würde ich es am ehesten zutrauen. Doch ich würde auch nie vergessen, wie Nate anfangs dachte, dass ich die Geliebte seines Dads war. Vielleicht war es also auch Mr Álvarez. Oder womöglich auch Enzo. Dem Einzigen, dem ich es tatsächlich nicht zutraute war Dash.

Plötzlich hörte ich ein lautes Platschen. Erschrocken fuhr mein Kopf in Richtung Fenster und ich schloss aus Reflex schnell die Seite des Stripclubs. Dash hatte Celine offensichtlich in den Pool geschmissen. Sie tauchte gerade mit einem ziemlich empörten Gesichtsausdruck auf. Ich hörte sie bis hier oben kreischen als sie versuchte Dash ebenfalls ins Wasser zu ziehen.

Jetzt stießen noch zwei weitere Personen zu ihnen. Ich schluckte. Das war das erste Mal, dass ich Nash wiedersah. Momentan sah ich ihn jedoch nur von hinten. Enzo hingegen stand leicht in meine Richtung gedreht. Ich kniff die Augen zusammen. Sein Auge sah von hier oben aus, als wäre es blau.

Nate schmiss sein Handtuch auf eine der Liegen und drehte sich dabei zu mir um. Ich duckte mich instinktiv ein wenig, da ich auf keinen Fall seine Aufmerksamkeit auf mich ziehen wollte. Dennoch entging mir nicht, dass er übel zugerichtet war.

Er hatte nicht nur ein blaues Auge, sondern eine Wunde quer über die ganze Stirn, die von hier oben erahnen ließ, dass sie genäht wurde. Sein Kinn war ebenfalls von einer Wunde geziert und an seiner Lippe leuchtete etwas rot auf. Ich war mir sicher, dass er eine aufgeplatzte Lippe gehabt hatte und wenn ich näher ran gehen würde, würde ich wahrscheinlich auch eine Schwellung erkennen.

Auch wenn ich über meine eigenen Gefühle erschrak und mich dafür schämte, überkam mich ein leises Gefühl der Genugtuung. Ich war kein rachsüchtiger Mensch und ich wünschte niemandem etwas schlechtes, doch es tat mir für ihn auch nicht leid.

Gleichzeitig fragte ich mich, ob Enzo etwas damit zu tun hatte. War das die Art und Weise, auf die er sich um seinen Bruder kümmern wollte?

Ich wurde in meinem Gedankengang unterbrochen als Enzo sein Shirt über den Kopf zog und sein durchtrainierte Oberkörper zum Vorschein kam. Verdammt, ich hatte ganz vergessen, wie fantastisch er auch ohne Kleidung aussah.