Veintiséis

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,,Wie bist du auf Shaky gekommen?", fragte er. Ich dachte einen Moment nach und nahm einen weiteren Schluck von meinem Kaffee.

"Bei mir fing es tatsächlich sogar mit dem Weihnachtslied an. Ich habe Merry Christmas Everyone schon als Kind geliebt und als ich älter wurde und mein erstes Handy hatte, hab ich auch in seine restlichen Songs reingehört und festgestellt, dass mir die Musik gefällt!", erzählte ich schließlich, da er ja heute auch so redefreudig war und um die Konversation, die ausnahmsweise von ihm ausging, nicht direkt im Keim zu ersticken.

Enzo nickte. "Also hörst du auch ältere Musik?", fragte er und sah mich aufmerksam an. Ich zuckte die Schultern. "Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich mich so gut auskenne wie du, aber den ein oder anderen Song kenne ich schon!"

"Tatsächlich hätte ich dich auch nicht für jemanden gehalten, der auf Shakin Stevens abfährt!", meinte er und mein Herz atmete auf, als er sogar wieder ein wenig lächelte. Die Spannung, die sich kurz zwischen uns aufgebaut hatte, war wieder verpufft.

Wie schwiegen wieder einen Moment. Erneut war er es, der schließlich das Wort ergriff. "Hast du eigentlich schon die Einladung bekommen?", fragte er. Ich runzelte die Stirn. "Was für eine Einladung?"

"Übernächste Woche Freitag ist der 31. August, also Sommerende! Mein Dad organisiert immer einen Firmenball, wo natürlich nicht nur Leute aus der Firma eingeladen sind, sondern auch von anderen - ", er sah aus dem Fenster "- Firmen."

"Also ich habe keine Einladung bekommen!", meinte ich. "Wahrscheinlich bekommst du sie noch. Letztes Jahr hat er sie drei Tage vorher versendet!" Enzo sah mich wieder an.

"Du kannst auf jeden Fall jemanden mitbringen, falls du willst!"

"Ich hab dir doch gestern schon gesagt, dass ich keinen Freund habe! Wen sollte ich also mitbringen?"

Er zuckte mit den Schultern. "Ich dachte vielleicht Blondie aus dem Club?"

"Nein, Liam hat eine Freundin!", sagte ich und irgendwie war ich überrascht, denn der eifersüchtige Stich, den ich jedes Mal in meinem Herzen spürte, wenn ich an ihn dachte, war heute ein wenig schwächer als sonst.

"Weiß er denn, dass du in ihn verknallt bist?", fragte Enzo neugierig und ich riss die Augen auf. "Ich bin nicht in ihn verknallt! Wie kommst du auf so eine Scheiße?"

Ich merkte selber, dass meine Stimme ein wenig zu zickig klang und konnte Enzo ansehen, dass er ein Grinsen unterdrückte. Ich gab ihm einen Klaps auf den Arm.

"Du brauchst gar nicht so selbstgefällig grinsen - cabrón!"

Jetzt lachte Enzo. "Wo hast du das denn aufgeschnappt?", fragte er sichtlich amüsiert. Ich zuckte unbeteiligt mit den Schultern. "Aus irgendeiner spanischen Serie oder so glaub ich!"

Das war gelogen. Eigentlich hatte ich gezielt nach Wörtern gesucht, mit denen ich ihn beleidigen konnte und deren Bedeutung er zu einhundert Prozent verstand.

"Ich brauchte ja ein Gegenstück zu deinem ,,cariño"!", fügte ich hinzu. "Ich wusste nicht, dass es dich triggerd, wenn ich dich cariño nenne", sagte er frech grinsend und stand mitsamt seines Tellers auf, um ihn in die Spüle zu stellen.

Ich wandte mich zu ihm auf meinem Stuhl um. Seine Rückenmuskulatur zeichnete sich deutlich unter seinem weißen Shirt ab.

Dieses verdammte weiße Shirt!

"Als hättest du es gelassen, wenn ich dir gesagt hätte, dass es mich nervt!", sagte ich augenverdrehend und bemühte mich nicht seinen Rücken anzuschmachten, während er seinen Teller abspülte.

Er sah über seine Schulter in meine Richtung. "Du hast mich offensichtlich durchschaut, cariño!" "Was für Wörter hast du denn noch so gehört in deiner ,,Serie"?", fragte er und ich hatte den Verdacht, dass er mir nicht glaubte, dass ich das Wort zufällig aufgeschnappt hatte.

"Pendejo hab ich auch gelernt!", sagte ich und stand ebenfalls auf. "Oho! Du scheinst dein Spanisch lernen ja wirklich auf Schimpfwörter zu begrenzen!", stellte er lachend fest.

"Du brauchst das nicht machen, ich kann das nachher auch machen!", sagte ich und deutete auf seine Tasse. Er winkte ab. "Ach, geht doch schnell!"

Ich schnappte mir also ein Handtuch und begann abzutrocknen.

"Gehst du denn auf diesen Firmenball?", fragte ich. "Klar!", antwortete er.

"Mit wem gehst du hin?", hakte ich betont unbeteiligt nach.

Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass er mich von der Seite musterte, doch ich fixierte konzentriert den Teller in meiner Hand, den ich gründlich abtrocknete.

"Ich gehe allein hin. Wir können von mir aus zusammen hin gehen!", sagte er und seine Stimme klang ganz eigenartig dabei. Ich hielt einen Moment inne, bevor ich den Teller zur Seite stellte.

"Ich dachte du hast Angst, dass ich mich unsterblich in dich verlieben könnte?", bemerkte ich und dieses Mal verzog ich spöttisch die Lippen und sah auf.

"Ich glaube, das haben wir ja mittlerweile geklärt!"

Ich nickte. "Na dann - von mir aus können wir zusammen hingehen!"

"Erwarte nur nicht, dass ich dich abhole oder so! Wir wollen es ja nicht übertreiben!"

Ich lachte. "Keine Sorge, davon bin ich nicht ausgegangen!"

Als wir fertig mit abwaschen waren, holte Enzo seine Jacke und machte sich dann auf den Heimweg. Ich ging erstmal ins Bad, um dieses Mal richtig duschen zu gehen. Danach checkte ich mein Handy und sah, dass Laurel mich in eine Gruppe auf Whatsapp hinzugefügt hatte, die ,,Mein 21ter Geburtstag" hieß.

Ich checkte die paar Nachrichten, die seit gestern Abend schon geschrieben worden. Die Feier würde nächsten Samstag sein, also würde dem Firmenball nichts im Weg stehen. Apropos - für diesen würde ich noch dringend ein Abendkleid brauchen.

Lo Que Quieres - Was du wirklich willstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt