Keira
Kaum habe ich den Raum betreten und sehe all das Blut, muss ich mit allem was ich habe darum kämpfen, nicht den verführerischen Duft einzuatmen. Der Vampirinstinkt in mir schreit mir zu, tief und kräftig einzuatmen, um den Geruch des Blutes analysieren zu können. Interessant, schaltet sich meine innere Ärztin ein. Vampire riechen vorher instinktiv das Blut ihrer Spender, um zu ermitteln, ob es genießbar ist oder nicht.
Erst Sebastians mahnender Blick und das Zucken seiner Finger hält mich von diesem Reiz ab. Kurz schließe ich die Augen und denke an das Ekelhafteste, das ich kenne: Götterspeise. Praktischerweise ist diese ebenso rot wie das Blut, dass in dicken Bahnen über den Boden rinnt. Widerlich.
Kaum habe ich meine Kontrolle wieder, bekomme ich einen Schlag auf meine rechte Schulter. „Was machst du hier! Du sollst doch auf Aurora aufpassen!“, schreit mich Eric geradezu an. Eine dicke Vene an seiner Stirn pocht so heftig, dass ich schon glaube, dass sie gleich explodiert. Das soll er mal schön lassen, noch mehr Götterspeise kann ich jetzt nicht ertragen. Sebastian schnaubt belustigt. Im Ernst, Götterspeise? Und ich dachte du bist ein wenig kreativer. Als Ärztin hast du doch sicher schon viel ekligere Sachen gesehen, höre ich Sebastian in meinem Kopf lachen. Ich grinse ihm zu und zucke mit den Achseln. Vielleicht genau deswegen!
Warum ausgerechnet Götterspeise?, fragt er mich. Ich kann es mir selbst nicht erklären, warum ich keine Götterspeise mag. Es war einfach schon immer das ekelhafteste Dessert, das es überhaupt gibt. Da dreht sich mir der Magen um.
Wie auch immer. So lange es wirkt, soll es mir recht sein. Bis jetzt machst du das sehr gut. Ich bin stolz auf dich und immer gleich hinter dir, wenn du mich brauchst. Übertreibe bitte nicht. Wenn du merkst, dass es nicht mehr geht..., sagt Sebastian, doch ich unterbreche ihn: Dann bin ich ganz schnell weg.Erleichterung strömt durch das Band. Er weiß ganz genau, dass ich selbst riesige Angst vor einem erneuten Blutrausch habe. Ich werde alles darum geben, diesen nicht auszulösen. Ich will leben. Egal in welches Monster ich mich auch verwandle. Mit diesem Mann an meiner Seite kann ich alles schaffen. Das alles schicke ich ihn mit Hilfe von Gefühlen und Bildern durch das Band. Der gedankliche Austauch hat kaum eine Sekunde gedauert. Die Schnelligkeit der Vampire wird mich wohl mein Leben lang verblüffen.
Schnell wende ich mich den beiden Körpern auf dem Boden zu und Sebastian dem vor Wut tobenden Eric. Während ich routiniert beginne, die Verwundungen zu checken, herrscht bei den beiden Vampiren dicke Luft. „Was macht sie hier? Kannst du mir das erklären? Sie sollte doch auf Aurora aufpassen!“ „Lass gut sein, Eric. Aurora ist nur für ein paar Minuten allein. Vielleicht wird sie es sogar mal genießen ein wenig Ruhe vor dir zu haben!“, grinst Sebastian schmelmig den großen Vampir an. Dieser findet es gar nicht lustig. „Ich weiß nicht, wie du das riskieren kannst. Nicht nur ihr Leben hängt gerade am seidenen Faden! Sondern all jener, die eben in diesem Raum sind! Einschließlich Aurora! So lange ich dich kenne, wärst du nie solch ein Risiko eingegangen! Was hat sie nur mit dir gemacht? Ist sie eine Hexe?“ Sebastian antwortet irgendetwas, auf dass ich nicht mehr achte, da mein gesamter Verstand darauf ausgerichtet ist, die Wunden von Apurva und Schwester Glanz zu schließen. Den Verbandskasten hat mir Sebastian kurz nach Beginn des Streitgespräches zwischen Eric und ihm wortlos her gereicht.
Sie sehen schlimm aus. Beide sind übersäht mit Hämatomen und Wunden in allen Stadien der Heilung. Einige sehen ziemlich frisch aus, während andere schon halb verheilt sind. Wie lang sind die beiden wohl schon der Folter ausgesetzt?, frage ich mich entsetzt. Da ich den Heilungsprozess der Vampire noch nicht einschätzen kann, halte ich mich mit Vermutung über den Zeitraum zurück. Währen die beiden Verletzten Menschen, so würde ich die Dauer ihrer Gefangenschaft auf zwei bis drei Wochen festlegen. Da ich aber Schwester Glanz vor ein paar Tagen erst im Krankenhaus der Kreaturen getroffen hatte, ist diese Einschätzung vollkommen unmöglich. Allerdings weiß ich ja schon von Sebastian, dass Wunden bei Vampiren schnell heilen. Ich habe es mit eigenen Augen bei ihm beobachten können.
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The Hospital
FantasyKaum hat Keira ihre Arbeitsstelle angetreten, passen merkwürdige Dinge. Dinge, die sie schon einmal erlebt und verdrängt hat. Dinge, die sie nie wieder zu erleben gehofft hat. Dazu kommt, dass ihr erster Patient sie wie magisch anzieht und sie nich...