The Hospital

Kapitel 55 - Puzzlestücke

Keira

Es zereißt mir fast das Herz. Wie kann eine Familie so abgrundtief böse sein? Und das auch noch zu ihrem eigenen Sohn? Durch meine tränenden Augen kann ich sehen, dass jemand aus dem Schatten der Bäume tritt. Da ich aber schon unbewusst gespürt habe, dass es Sebastian ist, erschrecke ich nicht. Er zischt Brutus etwas zu, das ich nicht verstehe. Dieser erschrickt an meiner statt. „Was ist los?“, frage ich noch immer mit tränenerstickter Stimme. „Nichts, ist schon gut. Brutus hat nur etwas vergessen.“, knurrt er. Der angesprochene wendet sich mir zu und sagt etwas, womit ich nie in diesem Moment gerechnet hätte: „Zähle rückwärst das Alphabet auf, wobei du jeden zweiten Buchstaben auslässt.“ Da ich ja versprochen habe, nicht zu nörgeln beginne ich. Derweilen wendet sich Brutus ab und macht irgendetwas an seiner Hand. Erst als ich fertig bin mit aufzählen, fahre ich Sebastian an. „Was soll das? Das ist meine Belohnung für meine Ackerei. Bist du uns etwa gefolgt um zu kontrollieren, dass er mir auch etwas beibringt?“ Sebastians Augen funkeln, als er mir antworten will. Er wird aber von Brutus unterbrochen. „Nicht. Ist schon gut. Es war meine Schuld. Sebastian hat nur versucht das Schlimmste zu verhindern.“ „Und das wäre?“, frage ich mit scharfer Stimme. „Ich habe mir selbst Schmerzen zufügen müssen, um nicht zu sehr in meinen Erinnerungen zu versinken. Gott sei Dank warst du zu emotional in die Geschichte verstrickt. Deshalb hast du es nicht bemerkt.“ Als ich verständnislos schaue, erklärt Brutus noch einmal: „Ich habe mich auf einen Stein gesetzt. Es hat geblutet. Sebastian hat mich ermahnt die Wunde zu schließen, damit du nicht in den Blutrausch fällst. Da du aber in Gedanken noch bei der Geschichte gewesen bist, hast du es nicht wahrgenommen.“ Sebastian nickt mir zu. Ich ziehe den Kopf ein vor Scham. „Wenigstens mal eine gute Eigenschaften bei den Sitiens. Einmal gut abgelenkt, kann das einem das Leben retten.“, sage ich und lächle Sebastian entschuldigend an. „Tut mir Leid. Ich bin wohl heute nicht ganz ich selbst.“ Er erwidert nichts, sondern sieht mich nur an. Ich kann dabei nichts von seiner Mine ablesen. Ist er sauer auf mich?

Um es herauzufinden tue ich etwas, was ich sonst immer vermieden habe. Ich nutze das Band das zwischen uns verläuft um es heraus zu finden. Ich schließe die Augen, um mich besser konzentrieren zu können. Es gelingt mir schneller, als ich gedacht habe herauszufinden, dass sich Sebastian Sorgen um mich macht. „Mir geht es gut. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen.“, sage ich zu ihm. Etwas blitzt in seinen Augen auf, verschwindet aber so schnell wieder, dass ich mich frage, ob es überhaupt da gewesen war.

„Also sagen wir mal, es würde mir besser gehen, wenn ich nicht gerade deine Lebensgeschichte gehört hätte, Brutus! Wie können Menschen nur so grausam sein?“, lenke ich ab. „Ganz einfach, weil es keine Menschen waren.“, sagt Brutus. „Wie bitte?“, frage ich verblüfft. Brutus seufzt. „Es waren keine Menschen. Ich kann nicht genau sagen was sie waren, aber menschlich waren sie nicht.“ „Woher willst du das wissen?“, frage ich neugierig nach. „Weil das Blut das sie vergossen hatten, nicht so aussah, wie es eigentlich bei einem Menschen aussehen sollte.“ „Wie sah es aus?“, fragt Sebastian nach. Brutus runzelte die Stirn, als müsse er kurz darüber nachdenken. „Es war hellrot mit schwarzen Punkten darin.“ Sebastian nickt bestätigend. „Du hast Recht mit deiner Vermutung. So sieht das Blut von Anguana-Dämonen aus. Sah das Blut von deiner Mutter und deinem Vater so aus?“ „Ja, von beiden.“, bestätigt Brutus. Sebastian kneift überlegend die Augenbrauen zusammen. „Das kann aber nicht sein. Denn wenn es so war wie du beschreibst, dann wärst du auch ein Anguana-Dämon.“ Erklärend wendet sich Sebastian mir zu: „Bei den Dämonen ist es ganz anders als bei den Vampiren, oder Gestaltwandlern. Der Nachwuchs ist immer ein Dämon und nicht wie bei uns menschllich.“ Erschrocken schaue ich zu Brutus. „Das würde ja heißen, dass es gar nicht seine Eltern waren!“