Kapitel 25 - Hörner oder Tentakeln?

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Stöhnend wache ich auf. Mein Kopf und meine Hals fühlen sich an, als würden sie gleich in tausend Stücke zerspringen. Als ich mit meiner Hand an meinen Hals greifen will, bleibe ich auf halber Strecke hängen. Verwirrt öffne ich die Augen und schaue mich um. Die Fesseln an meinen Handgelenken und an meinen Füßen sind nicht länger aus einfachem Material, sondern aus schwerem Eisen. Ich bewege meine Arme und Beine um meine Reichweite zu testen. Bei jeder Bewegung klirren die Ketten leise. Es ist nicht wirklich viel Spielraum um den zu entkommen, was mich aller Wahrscheinlichkeit nach erwartet… kalte Hände und bohrende Eiszapfen in meinem Kopf.

„Und, warum sitzt du hier?“ Eine raue Stimme lässt mich hoch fahren. Am liebsten wäre ich an die Ecke gesprungen, um mich besser verteidigen zu können. Aber die Fesseln hindern mich daran. Klirrend setzen sie mir meine Grenzen. Erschrocken einatmend schaue ich mich um. Ich sitze in einer dunklen und etwas muffigen Zelle. Ja wirklich, in einer Zelle. Mit armdicken Metallstäben. Ich stoße einen zermürbenden Seufzer aus. So weit ist es also schon mit dir gekommen. Sitzt hinter schwedischen Gardinen. Dieses Krankenhaus hat dir nichts Gutes gebracht. Na ja bis auf…

Kopfschüttelnd versuche ich den Gedanken zu vertreiben, weil mir ein Gefühl der Kälte in der Brust aufsteigt. Ach ja, das habe ich ja ganz vergessen- ich bin ja… tja was bin ich eigentlich für ihn? Man könnte meinen, ich bin für ihn gestorben. Aber warum?

„Diese Stangen wirst du nicht auseinander bringen. Glaube mir, ich habe es mehrere Male versucht und ich bin sehr geschickt darin irgendwo auszubrechen.“, die raue Stimme erklingt erneut und ein raues Lachen begleitet seine Worte. „Bitte?“, frage ich und schaue mich nach dem Mann um, der meint ich starre die Gitter an, weil ich ausbrechen will.

Auf der anderen Seite des Raumes sitzt er locker und lässig auf seinem Bett. Empört bemerke ich, dass er nur eine Kette an seinem linken Fuß besitzt. Ich folge der Kette und sehe, dass sie an die Wand verläuft, aber ohne, dass da ein Haken, eine Öse oder sonst etwas zu sehen wäre. Es sieht so aus, als würde sie einfach in der Wand verschwinden. „Die da, kannst du vergessen, die ist noch weniger zu knacken.“ „Wer fragt dich denn?“, fauche ich ihn wieder an. Die Schmerzen in meinem Hals und meinem Kopf werden mit jeder Sekunde größer. Komischerweise tut mir auf mein Kiefer weh. „Wow, wow mal ganz ruhig mit den jungen Pferden… Ich tue dir nichts, selbst wenn ich wollte, ich könnte es nicht.“ Wie zum Beweis setzte er sich blitzschnell auf und rennt mit so hoher Geschwindigkeit auf mich zu, dass ich wieder versuche an die Wand zurück zu weichen. Was natürlich nicht wirklich geht. Schmerzhaft werde ich an Ort und Stelle gehalten. Aus meinem Mund kommt dabei ein fauchender Laut. Überrascht halte ich inne und räuspere mich.

Wieder klingt ein amüsiertes Lachen. 50 cm vor mir bleibt ein junger Kerl mit auffallend langer Nase und zotteligen schwarzen Haaren stehen. „Du bist wohl noch nicht lange einer von uns was?“, fragt er mich und mustert mich dabei interessiert. Überrascht mustere ich ihn ebenfalls. Was meinte er, mit: einer von uns? „Ach guck nicht so! Du wirst doch wohl wissen was du bist!?“

Ich schnaube abfällig und antworte ihm dann: „Natürlich weiß ich wer ich bin! Ich bin Keira Emmrich, Unfallchirurgin, arbeite im Krankenha…“ Wieder erfüllt ein raues Lachen den winzigen Raum. Pff, was heißt Raum! Gefängniszelle! „Ich sagte nicht, wer du bist, sondern was du bist!“ „Was soll ich schon sein? Eine Frau, ein Mensch, was sonst.“ Kurz herrschte Stille und dann brüllte er noch lauter los. Langsam machte mich der Kerl echt wütend. Was fällt ihm ein, mich ständig auszulachen! Ich knurre ihn laut an und lehne mich so weit zu ihm nach vorn, kann ihn aber aufgrund der begrenzten Reichweite ebenfalls nicht berühren. „Okay, alles klar…“, japst er und wischte sich imaginär die Tränen aus dem Auge. „Das war ein gutes Witz!“, gluckste er noch immer. Er scheint überhaupt nicht zu bemerken, dass ich immer wütender wurde. Ich versuche mich immer weiter nach vorn zu lehnen, die Handschellen um meinen Gelenken versenken sich dabei in meinem Fleisch, aber es ist mir egal. Eine alles verzehrende Wut brennt in mir. Am liebsten wäre ich zu ihm rüber marschiert und ihm für so eine Frechheit den Kopf abreißen.

The HospitalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt