Kapitel 44 - Der Deal

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„Was machst du denn hier?“, frage ich Brutus. „Dasselbe wie du. Wir sind für einen längeren Zeitraum an diesen Mann gekettet.“, sagt mein Zellengenosse und nickt finster in Sebastians Richtung. Zellengenosse… oh je, das klingt irgendwie ziemlich brutal. Bald wirst du Leute gegen ihren Willen das Blut aus den Adern saugen, bis sie tot umfallen! Wenn das nicht brutal ist… grummelt eine böse Stimme in meinem Kopf.

„Wie das? Hast du ihm etwa das Leben gerettet?“, frage ich neugierig. Zur Antwort lachen beide laut auf. Nur liegt in dem Laut keinerlei Belustigung. „Sicher nicht.“, brummt Brutus, während Sebastian: „Ganz sicher nicht.“, ergänzt. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaue ich zwischen den beiden hin und her. Doch die starren sich nur gegenseitig finster an. „Ähm, hallo? Bekomme ich noch eine Antwort?“ „Dein Schatzilein hat…“ „Lass mich es ihr sagen!“, knurrt Sebastian Brutus an. Dieser hebt abwehrend die Hände hoch und verzieht spöttisch seinen Mund. „Ich habe dir ja schon erzählt, dass ich bei den Asperitas war.“ „Ja, und weiter?“, sage ich, während ich versuche den kalten Schauer, der mir nur beim Hören des Namens über die Arme gelaufen ist, weg zu reiben. Als hätte er es gespürt, was dieses simple Wort bei mir ausgelöst hat, tritt er näher an mich heran, um seine Hand auf meine Arme zu legen. Das Unbehagen verschwindet fast sofort gänzlich. „Ich habe mit den… also ich meine mit ihnen… einen Deal geschlossen.“, sagt Sebastian und formuliert seinen Satz komplett für mich um, damit er den Namen der Folterknechte nicht aussprechen muss. Dafür bin ich ihm unendlich dankbar und würde mich am liebsten gleich in seine Arme werfen.

Sebastian zuckt sofort zurück und bringt drei Schritte Sicherheitsabstand zwischen uns. Sein Verhalten könnte nicht deutlicher sein. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Dazu verhärtet sein Gesicht wie unter der Dusche zu dieser steinernen Maske. Ich fühle mich tatsächlich wie geschlagen und schlinge wie zum Schutz die Arme um meinen Oberkörper. „Hups, Ärger im Paradies?“, fragt Brutus spöttisch. Zischend fahre ich herum. Brutus grinst nur lässig zurück. „Ich würde euch ja zu gern euren Ehestreit allein ausfechten lassen. Nur leider interessiert mich dieser Deal, den du da abgeschlossen hast, brennend. Einiges weiß ich ja schon. Nur werde ich das Gefühl nicht los, dass du mir etwas verschweigst, Schwertmeister.“, spukt er beinahe feindselig aus. „Ich bin nicht der Schwertmeister. Das ist mein Vater. Und hättest du uns nicht unterbrochen, dann wüsstest du schon längst von allen Einzelheiten der Vereinbarung.“ Brutus bedeutet Sebastian weiter zu sprechen und biegt spöttisch seine Ohren nach vorne, als würde er so besser hören können.

„Ich habe mit ihnen ausgehandelt, dass du bei mir bleiben kannst, während du deine Eingewöhnungsphase hast.“, sagt er zu mir. „Eingewöhnungsphase?“, frage ich Sebastian. „Na ja, die Zeit, bist du dich Verwandelst.“ „Oh.“ Verdammt. Wie viel Zeit habe ich wohl noch?  „Es ist nicht mehr allzu viel Zeit.“ Dann wirst du ein Vampir sein., sagte seine Stimme in meinem Kopf. Aber wie lang genau?, frage ich zurück. „Noch 8 Tage.“ „Dann habe ich die erste Hälfte fast geschafft.“, sage ich und kann nicht verhindern, dass meine Stimme dabei triumphierend klingt. Sebastian nickt langsam. „Ja, die erste Hälfte ist fast geschafft. Was aber gleichzeitig der leichtere Teil war. Weil in der ersten Hälfte der vierzehntägigen Frist verfällst du nur in einen Blutrausch, wenn du Blut unmittelbar vor deiner Nase hast.“ Oder wenn wir…, denke ich und werde augenblicklich rot. Ja., kommt sofort die Antwort.

„Und was passiert in der zweiten Hälfte?“, frage ich vorsichtig und will die Antwort eigentlich gar nicht hören. „Du wirst den Blutdurst häufiger verspüren. Es steigert sich jeden Tag.“ „Jeden Tag wirst du eine ausgetrocknetere  Kehle habe, jede Sekunde die vergeht wünschst du dir, dass du tot wärst, weil du dann nicht solche Schmerzen haben würdest. Dein Inneres trocknet aus. Du wirst dich fühlen, als wären deine Gedärme Papier. Du wirst nur noch einen Gedanken haben: Blut. Um jeden Preis der Welt würdest du es trinken wollen. Auch wenn meilenweit kein Tropfen Blut zu finden ist. Und wenn doch, wirst du Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um es zu bekommen. Es wird das ganze noch einmal um einmal gefühlt Millionen mal schlimmer machen, wenn du Blut riechst. Du würdest dir selbst die Arme und Beine abbeißen, um deinen Fesseln zu entkommen.“ „Danke, Brutus. Das reicht. Du hast ihr genug Angst gemacht.“, faucht Sebastian ihn an. Ich schlucke heftig. Werden das meine nächsten Tage werden? Oh Gott. Mich trennen nur noch ein paar Tage, bis ich mich in ein Blutgesteuertes Wesen verwandele. Tolle Aussichten. „Aber ich bin noch nicht fertig.“, sagt Brutus. Er stellt sich genau vor mich hin und schaut mir unbarmherzig in die Augen. „Und wenn du dann denkst, du hältst den Schmerz nicht mehr aus, weil du sonst sterben würdest, dann wirst du dich Verwandeln. Und das wird noch tausendfach schmerzhafter sein als das, was du vorher empfunden hast.“ Nach dieser Aussage kann ich beinahe fühlen, wie mir das Blut in die Füße rutscht. Sebastian stellt sich beruhigend neben mich und sagt. „Aber bis es dazu kommt, werden wir dich vorbereiten. Wir haben noch heute und morgen Zeit.“

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