Kapitel 28 - Schuld

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Brutus seufzt theatralisch. „Du bist für eine Ärztin wirklich ganz schön schwer von Begriff, weißt du das?“ „Nein.“, antworte ich schlicht. „Wäre vielleicht mal eine Option an deiner Selbsteinschätzung zu arbeiten. Aber ich will dir jetzt nicht alle deine Fehler ans Bein binden.“ „Danke, du bist zu gütig zu mir.“, antworte ich sarkastisch. „Das Gesetz des Gleichgewichtes ist von zwei Faktoren abhängig. Ich gebe zu, es ist ein bisschen schwer zu erklären. Ich habe dir ja schon erzählt, dass nur manche Vampire andere verwandeln können.“ „Ja daran kann ich mich noch erinnern.“ „Sehr gut. Die Vampire, die andere verwandeln können, werden Custos genannt. Was übersetzt die Hüter bedeutet. Sie sind für das Gleichgewicht auf der Welt zuständig.

 Sie können selbst aktiv in das Geschehen eingreifen. Was aber auch schwere Folgen nach sich ziehen kann. Stellen wir uns also vor, ein Mensch ist durch was auch immer kurz davor zu sterben. Eine Hüterin heilt ihn und rettet ihm somit das Leben. Das Gleichgewicht wird somit verschoben. Daraufhin verfällt sie in einer Art Gleichgewichtsmodus. Das ist ein tolles Wort oder? Habe ich mir gerade selbst ausgedacht!“ Ja, wirklich toll Brutus! „Mmh, ganz Klasse. Und weiter?“, frage ich. „Daraufhin ist es der Custo eine Art Zwang etwas zu tun, dass das Gleichgewicht wieder hergestellt wird.“ „Moment! Habe ich das jetzt richtig verstanden? Wenn ich jetzt dein Beispiel weiter führe, heißt das ja, sie rettet jemandem das Leben, jemand anderes muss dafür sterben?“ „Na ja… kann sein, muss aber nicht. Wie gesagt es ist kompliziert. Es muss eine Art Gleichwertigkeit besitzen. Das Retten eines Lebens hat zum Beispiel den gleichen Wert wie eine Verwandlung in einen Vampir. Oder wie du schon sagtest, könnte ein Leben für ein anderes eingetauscht werden.“ „Oh mein Gott, das ist wirklich kompliziert!“ „Ja klar, aber was ist schon nicht kompliziert. Wenn du mir jetzt die verschiedenen Hormone die in einem menschlichen Körper herum schwirren erklären würdest und wie sie sich gegenseitig bedingen und was sie damit auslösen- das ist auch kompliziert. Das ist die Natur.“

„Aber ich denke die Gesetzte wurden von Hexen erschaffen?“ „Ja das ist richtig. Ich bin schon ein bisschen beeindruckt. Du hast gut aufgepasst. Also zumindest dafür, dass du sagtest, du glaubst mir nicht.“ „Kannst du mal sehen!“ „Es ist so, dass die Hexen sehr Naturgebunden sind. Das ist eine ihrer Eigenschaften. Das soll damit nicht ausrücken, dass es solche Ökoleute sind. Es hat in diesem Zusammenhang einfach zu sagen, dass sie einen besonderen Draht zur Natur haben und auch ihr Leben daraus ausrichten. Ich nehme an, das hat sie auch dazu bewegt dass ganze so kompliziert zu machen. Hexen sind wie ich zugeben muss, sehr intelligent. Sie erschufen also ein System das empfindlich vom Gleichgewicht abhängt. Meiner Meinung nach reicht ja schon das eine vollkommen aus aber na ja, mich fragt ja keiner.“ „Kann mir kaum vorstellen warum…“, nuschel ich. „Was hast du gesagt?“, fragt Brutus darauf Misstrauisch. „Ach nichts.“  „Bis hier in alles verstanden?“ „Ja, ich denke schon.“ „ Gut, denn jetzt kommt ja noch der zweite Faktor dazu.“ „Oh man, das hatte ich ja schon vergessen.“ Mir schwirrt ja jetzt schon der Kopf und wir sind erst bei der Hälfte angekommen. Das Ganze ist viel komplexer als ich es je vermutet hatte. In den ganzen Vampirromanen war es ja meistens doch nur so, dass ein Mensch von einem Vampir (natürlich gutaussehend) gebissen wird. Und der dann gleich ohne viel bimborium zum Vampir verwandelt wird. Andererseits muss ich zugeben, dass das mit dem Gleichgewicht durchaus ein wenig logisch klingt.

 „Der zweite Faktor ist nicht im Entferntesten so kompliziert wie der Erste. Dieser sagt einfach aus, dass wenn du etwas Böses oder Schlechtes getan hast, dann kommst du automatisch in einen Zustand des Ungleichgewichts. Bist du dann noch zur falschen Zeit am falschen Ort, wenn die Hüterin wieder das Gleichgewicht herstellen muss, weil sie vielleicht gerade etwas Gutes getan hat, dann wärst du eine optimale Person, womit sie das Gleichgewicht wieder herstellen kann. Verstehst du das?“ „Somit hätte sie zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Mein eigenes Ungleichgewicht ist wieder korrigiert worden, sowie auch ihr eigenes.“ „Richtig.“ „Aber eines verstehe ich noch nicht.“, frage ich, nachdem ich kurz über meine Situation nachgedacht hatte. „Und was?“ „Du hast doch gesagt, dass es die Verwandlung zu einem Vampir oder ein Tod die gleiche Wertigkeit besitzt. Ich verstehe nicht, wie die Hüterinnen oder der Hüter dann entscheiden, ob ein Mensch sterben soll oder verwandelt wird?“ „Das hängt auch nicht von den Hütern ab, sondern von dir selbst. Verfällst du dem Blutdurst, dann passiert was?“, fragt er mich in seinem Lehrerton. „Ich sterbe.“ „Aha, wieder gut aufgepasst. Ist deine Frage beantwortet?“ Nach kurzem Überlegen stimme ich ihm zu.

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