Kapitel 59 - Gelöste Blockaden

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Sebastian rauft sich erneut die Haare und stöhnt gequält. „Jetzt bringe es endlich hinter dich. Was ist schon so schwer daran zu sagen: Keira, ich mag dich nicht! Oder willst du noch immer den Schein aufrecht erhalten? Nun ich glaube, diese Bombe ist geplatzt. Du kannst also jetzt vollkommen ehrlich sein.“, sage ich mit monotoner Stimme. Erschöpft lehne ich mich an den Baum und starre in die Krone. Ich kann dem Mann neben mir im Moment einfach nicht in die Augen sehen. Der Schmerz lodert heftig weiter, während ich auf seine Antwort warte.

Stattdessen höre ich ein freudloses Schnauben. „Keira, das kann doch nicht dein Ernst sein! Das...was denkst du dir nur immer wieder aus? Hey...“, flüstert er leiser, als er meine Tränen sieht, die mir die Wange herunter rollen. Ich drehe mich noch ein Stück von ihm weg, doch er lässt es nicht zu. Mit seinen starken Armen dreht er mich zu sich, doch noch immer weiche ich seinem Blick aus.

Ich kann seinen heißen Atem auf meinem Gesicht fühlen. Das Gefühl seiner unmittelbaren Nähe lässt mich innerlich noch weiter zerreißen. „Sag es.“, flüstere ich heiser. Ich will, dass er es endlich zugibt. Keine Lügerei mehr.

„Erst wenn du mich dazu auch ansiehst. Es ist nichts, was ich nicht sagen könnte, wenn du mich nicht anschaust. Es ist kein Detail, das man einfach mal so ausplaudert.“ „Ich höre dir zu. Du brauchst meinen Blick nicht.“ Du hast schon mein Herz, füge ich im Stillen hinzu.

„Bevor ich dir die Sache mit Aurora erkläre, will ich dass du mich anschaust. Es gibt noch etwas anderes Wichtiges, dass du vorher wissen solltest.“ Vor Schmerz schließe ich erneut die Augen. Durch diese Bewegung lösen sich abermals Tränen, die nun schnell über mein Gesicht fließen. „Keira...“, raunt er wieder-so nah! Sein heißer Atem verbrennt mir schier die Haut. Ich versuche meinen Kopf wieder von ihm weg zu drehen, doch auch diese Entfernung duldet er nicht. Sanft und dennoch bestimmt nimmt er mein Kinn in seine Hände und dreht mein Gesicht zu sich. „Öffne deine Augen.“, haucht er. Vor Verzweiflung schüttele ich den Kopf. „Vor was hast du Angst?“, fragt er leise. „Vor dir.“, antworte ich gleich darauf.

Das sitzt. Ich spüre, wie Sebastian sich leicht zurück lehnt und mir so mehr Platz zum Atmen gibt. „Das glaube ich nicht, Keira. Bitte schau mich an und sag mir, dass das nicht wahr ist.“, bittet er mich, fleht mich geradezu an. Ich kann nicht glauben, dass er die Scharade noch immer aufrecht erhalten will. „Lässt du mich endlich gehen, wenn ich dir etwas verspreche?“ „Was willst du mir versprechen?“, seine Finger streichen sanft über meine Wange und meinen Hals. „Ich werde mich brav in den Glaskasten setzen, bis es vorbei ist. Dann werde ich meiner Wege gehen und dich frei geben. Du wirst mich nie wieder sehen müssen. Nur hör auf, mich unablässig anzulügen.“ Eine Pause entsteht, in der er mir nicht antwortet. Ich bin fast versucht, meine Augen zu öffnen um zu sehen, welches Gefühl sich auf seinem Gesicht spiegelt. Aber nur fast.

„Und was ist, wenn ich das gar nicht will?“, fragt er mich nach der elend langen Stille zwischen uns. Ich atme zitternd aus, als sein Daume meine Unterlippe entlang fährt.

Nun ratlos zucke ich mit den Schultern. „Was willst du dann?“ „Ich will, dass du bei mir bleibst. Ich will, dass du jeden Tag meines unsterblichen Daseins bei mir bist. Heirate mich, Keira.“

Die Ungeheuerlichkeit seiner Worte bringen mich nun doch dazu, meine Augen zu öffnen. „Was hast du gesagt?“, flüstere ich fassungslos. „Heirate mich.“, wiederholt er mit einer Sicherheit in der Stimme, die man nicht spielen kann. „Über so etwas macht man doch keine Scherze.“, stottere ich. „So etwas sollte man nur sagen, wenn man sich absolut sicher ist.“ „Das bin ich.“, antwortet er resolut und legt seine rechte Hand auf meine nasse Wange. „Was ist mit dem Band? Wie kannst du dir sicher sein, dass es deine Gefühle nicht so beeinflusst, dass du nicht klar denken kannst? Wenn das Band weg ist...“, spreche ich meine ersten Gedanken aus, die mir in den Sinn kommen. Doch dann schüttele ich den Kopf. Schon wieder bin ich auf einen seiner Tricks herein gefallen. Warum will er mich um jeden Preis glauben lassen, er liebe mich?

The HospitalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt